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Angélique - In den Gassen von Paris

Angélique - In den Gassen von Paris

Titel: Angélique - In den Gassen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Golon
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waren zahlreich. Es waren ihrer sogar zu viele!, beklagte sich das Volk, das arbeiten musste, um sein tägliches Brot zu verdienen. Zu den Sonntagen kamen noch der Vorabend der kirchlichen Feiertage, die Feiertage selbst und die Schutzpatrone – ob nun die der Innungen, die nationalen oder die universellen –, denen man zu huldigen hatte. Doch die Sonne strahlte vom Himmel, die Jahreszeit begann milder zu werden, und vom frühen Morgen an waren alle Straßen in einer Meile Umkreis von Paris von Flaneuren bevölkert, die in der Kutsche, zu Pferde oder zu Fuß unterwegs waren, um frische Luft zu schnappen und sich am blauen Himmel zu erfreuen; die einen in ihren Landhäusern und die anderen in den Dörfern der Umgebung.

    Nachdem man in einer kleinen Kirche die Messe gehört hatte, tanzte man unter der Dorfulme mit den Bauern und kostete Weißweine aus Sceaux oder Clairets aus Vanves, Issy und Suresnes.
    Der Schmutzpoet äußerte sich ausnahmsweise weniger bitter und spöttelte nur milde über das ewige Bedürfnis der Pariser, aus ihrer Stadt zu flüchten.
    Bei Feiertag und Sonnenschein
schwappt Paris über wie ein Fass,
und alle seine Menschlein
ergießen sich über das grüne Gras .
    Vater Bourjus und seine kleine Gruppe taten es den anderen nach.
    »Nach Chaillot! Nach Chaillot! Nur einen Sol pro Nase«, riefen die Flussschiffer. Das Fahrzeug passierte den Cours-de-la-Reine und das Kloster der Bonshommes 7 . Später stieg man aus, um im Bois de Boulogne einen Imbiss einzunehmen.
    Oft fuhren die Boote bis nach Saint-Cloud, wo sich die Menschen in der ländlichen Umgebung verliefen. David und Rosines Galan, ein Zuckerbäckerlehrling, den sie im Herbst heiraten wollte, trugen die Kinder, um die Frauen zu entlasten.
    Viele spazierten auch bis nach Versailles, um den König speisen zu sehen. Doch da weigerte sich Angélique. Sie hatte gelobt, dass sie erst wieder nach Versailles gehen würde, wenn sie vom König am Hof empfangen würde. Diesen Eid hatte sie sich selbst geschworen. Wahrscheinlich hieß das, dass sie nie nach Versailles kommen würde … Also blieb sie
mit ihren beiden Kleinen, die von der reinen Luft geradezu berauscht waren, am Seine-Ufer zurück.
    Es wurde Abend.
    »Nach Paris! Nach Paris! Einen Sol pro Nase!«, riefen die Flussschiffer.
    An den Stadttoren begegnete man Gruppen von Betrunkenen.
     
    Im Verlauf eines dieser Ausflüge geschah es, dass sich das Wort »Versailles« unauslöschlich in Angéliques Geist einprägte; nicht wie ein unerreichbares Ziel, sondern wie eine strahlende Sonne, die nur für sie aufging.
    Ohne dass sie es gleich begriff, stand diese Vision hinter der spontanen Weigerung, mit der sie Audigers verlockende Einladung quittierte, »nach Versailles zu fahren und den König speisen zu sehen«.
    Die kleine Familie war soeben nahe Saint-Cloud an Land gegangen, und einmal mehr war Audiger aufgetaucht; äußerst elegant, mit Federn und Spitzen herausgeputzt und außerordentlich zufrieden mit seinem Plan, den er ihnen auseinandersetzte. Er hatte eine Kutsche gemietet, die sie bis nach Schloss Versailles bringen würde. Dort feierten der König und sein Hofstaat in dem Park, der immer schöner wurde, ein Fest zu Ehren der Königinnen Anna von Österreich und Maria-Theresia sowie seiner Mätresse Mademoiselle de la Vallière.
    Dort würde er Schwerter für die Männer – Meister Bourjus und den Zuckerbäckerlehrling – und bestickte Umschlagtücher für die Damen – Angélique, Barbe und Rosine –ausleihen. Die kleinen Kinder, die noch nicht alt genug waren, ein Schwert zu tragen, brauchten nur die staunenden Äuglein aufzureißen und die Pracht und Herrlichkeit des Hofes und ihres Monarchen zu betrachten.

     
    Angélique blieb fast das Herz stehen, und sie hörte sich augenblicklich entgegnen, dass sie nichts von diesem Plan halte. Ihr bissiger Ton erstaunte sie selbst.
    »Aber«, protestierte Audiger, »ist es denn nicht interessant, zu sehen, wie die Mundschenke in einem langen Zug das Essen des Königs bringen? Zuzusehen, was man ihm aufträgt … zu schauen, was er am liebsten isst …«
    »Wie jedermann weiß«, fiel Angélique ihm ins Wort, »isst er alles gern! Und ich weiß nicht, warum ich mehrere Meilen zurücklegen sollte, um mich davon zu überzeugen.«
    Sollen die anderen doch gehen, dachte sie.
    Sie selbst würde sich erst nach Versailles begeben, wenn der König sie einlud, und zwar mit dem ganzen Staat angetan, der zu einer solchen Gelegenheit

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