Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
Vom Netzwerk:
kommen.
»Roger«, sagte sie, »der Mann, den ich eben aufgenommen habe, ist unser Gast. Ich kann Euch seinen Namen nicht sagen, aber Ihr sollt wissen, dass wir ihm sicheres Obdach schulden.«
»Die Frau Marquise kann sich auf meine Verschwiegenheit verlassen.«
»Auf die Eure schon, aber ich denke an das Hausgesinde. Schärft also allen meinen Leuten ein, dass sie von diesem Manne nicht mehr Aufhebens machen dürfen, als wenn er unsichtbar wäre. Sie haben ihn nicht gesehen. Er existiert nicht für sie.«
»Ich habe verstanden, Frau Marquise.«
»Sagt Ihnen außerdem, dass ich sie alle belohnen werde, wenn er gesund und mit heiler Haut mein Haus verlässt. Sollte ihm aber unter meinem Dach etwas zustoßen –«, Angélique ballte die Fäuste, und ihre Augen funkelten, »– so schwöre ich, dass ich euch alle hinauswerfen werde... alle, vom ersten bis zum letzten! Ist das klar?«
Maître Roger verneigte sich. Er verbürge sich für aller Verschwiegenheit, sagte er, keiner von ihnen werde so töricht sein, sich durch leichtfertiges Gerede den Vorzug zu verscherzen, im Dienste der Frau Marquise zu stehen. So konnte sie sich in dieser Hinsicht beruhigt fühlen.
    Aber Rakoski Obdach zu gewähren und ihm dazu zu verhelfen, unbehelligt über die Grenze zu entkommen, war nicht ein und dasselbe. Sie wusste nicht, was für Anweisungen Ludwig XIV zur Verfolgung des Rebellen gegeben hatte. Wollte er Rakoski wirklich hängen lassen, oder war seine Drohung nur ein diplomatisches Zugeständnis an den moskowitischen Botschafter gewesen? Auf alle Falle war es sicherer, das Schlimmste anzunehmen und danach zu handeln. Sie entwarf verschiedene Pläne und überlegte, wieviel Geld und wie viele Freunde ihr zur Verfügung standen, um das heikle Unternehmen zu einem glücklichen Ende zu führen. Während sie noch in ihre Gedanken versunken war, schlug die kleine Stutzuhr in ihrem Zimmer elf.
Als sie sich erhob, um sich für die Nacht vorzubereiten, entfuhr ihr ein leiser Schrei. Rakoski stand auf der Schwelle ihres Zimmers.
»Wie fühlt Ihr Euch, Monsieur?« fragte Angélique, schnell gefasst.
»Wundervoll.«
Der Ungar näherte sich ihr und dehnte vor Wohlbehagen seinen langen, abgemagerten Körper, der in die von dem seinerseits nicht eben fülligen Haushofmeister zur Verfügung gestellten Kleidungsstücke zweimal hineingepasst hätte.
»Mir ist wohler, seitdem ich mich meines Bartes entledigt habe. Ich hatte das Gefühl, ganz sacht in die Haut eines Moskowiters zu schlüpfen.«
»Pst!« sagte sie lachend. »In der Familie eines Gehängten spricht man nicht vom Galgen.«
Und plötzlich durchschauerte es sie. Sie musste an den Schmutzpoeten denken, den sie gleichfalls zu retten versucht hatte. Es war ihr nicht gelungen. Des Königs Polizei hatte sich als stärker erwiesen. Der Schmutzpoet war auf der Place de Grève gehenkt worden. Jetzt aber besaß sie andere Möglichkeiten. Sie war vermögend, einflussreich. Sie würde es schaffen.
»Habt Ihr noch Hunger?«
»Wie ein Wolf«, knurrte er und streichelte seine Magengrube. »Mir scheint, ich werde bis zu meinem letzten Seufzer Hunger haben.«
Sie führte ihn in den anstoßenden Salon, wo sie eigens für ihn einen Tisch hatte decken lassen. Die Kerzen an beiden Enden beleuchteten eine mit Kastanien gefüllte, knusprig braun gebratene Pute. Schüsseln mit warmen und kalten Gemüsen, einem Aalgericht, Salaten und Früchten umgaben sie aufs appetitlichste. Zu Ehren des armen Mannes aus den Wäldern hatte Angélique besonders schönes Tafelgeschirr herausgegeben.
Rakoski stieß einen wilden Schrei der Bewunderung aus. Dann stürzte er zum Tisch und begann, wie ein Wolf einzuhauen. Erst nachdem er die beiden Flügel und ein Bein verschlungen hatte, deutete er mit einem abgenagten Knochen auf den Platz ihm gegenüber.
»Esst auch Ihr«, sagte er mit vollem Mund. Sie lachte, sah ihn wohlgefällig an und schenkte ihm Burgunderwein ein. Danach füllte sie ihren eigenen Humpen und setzte sich, wie er sie geheißen hatte. Rakoski wischte sich die Hände ab, trank, hob die Deckel auf, füllte seinen Teller, trank abermals und machte sich mit beiden Händen an die Vertilgung des Vogelrumpfs. Seine schwarzen, leidenschaftlich glühenden Augen waren auf Angélique gerichtet, deren Gesicht das sanfte Licht der Kerzen aus dem warmen Dunkel heraushob.
»Ihr seid schön!« sagte er zwischen zwei Bissen.
»Ich habe Euch vor mir gesehen, während ich durch den Wald irrte. Eine tröstliche Vision... Die

Weitere Kostenlose Bücher