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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
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dann nahm sie die Nadel von neuem auf und stieß sie zornig in den vor ihr liegenden Stickrahmen. Schallendes Gelächter neben ihr ließ sie zusammenfahren. Die junge Nonne, die lautlos neben sie getreten war, schien ihre Beschäftigung äußerst heiter zu finden.
»Marie-Agnès!« rief Angélique überrascht aus.
»O meine gute Angélique! Wenn du wüsstest, wie komisch du bei dieser Beschäftigung aussiehst!«
»Ich mache sehr gern Stickarbeiten. Unter anderen Umständen, natürlich... Aber wie kommt es, dass du hier bist? Wieso hat man dich hereingelassen?«
»Ich brauchte nicht hereingelassen zu werden. Ich bin hier zu Hause. Du befindest dich seit vier Wochen in meinem Kloster.«
»Bei den Karmeliterinnen der Montagne Sainte-Geneviève.«
Marie-Agnès nickte.
»Aber wirf mir nicht vor, dass ich dich nicht schon längst aufgesucht habe. Erst heute früh erfuhr ich den Namen des räudigen Schafes, das in unseren stillen Mauern der großen Herde ferngehalten werden soll.«
»Was für eine prächtige Formulierung!«
»Man hat sie gebraucht, um dich bei uns makellosen Lämmern einzuführen.«
Die grünen Augen, die denen Angéliques so ähnlich waren, funkelten in ihrem bleichen, von Kasteiungen ausgehöhlten Gesicht.
»Du bist hier, um deine schweren und mannigfaltigen Verstöße gegen die Moral zu büßen.«
»Welche Heuchelei! Wäre ich wegen unmoralischer Handlungen hier, müssten sich alle Frauen des Hofs längst hinter Schloss und Riegel befinden.«
»Jedenfalls bist du vom Orden des Heiligen Sakraments angezeigt worden.«
Angélique fuhr auf, aber Marie-Agnès ließ sie nicht zu Worte kommen.
»Du weißt ja«, fuhr sie fort, »dass der wohllöbliche Orden es sich angelegen sein lässt, allerorten die Unzucht zu verfolgen. Durch seine Mitglieder wird der König genauestens über das Privatleben seiner Untertanen informiert. Überall haben sie Späher, die ihre Opfer – nun, wie soll ich’s ausdrücken – nicht einmal in Ruhe schlafen lassen.«
»Willst du damit sagen, dass ich in meinem Hause Bediente habe, die vom Orden des Heiligen Sakraments bezahlt werden, um ihn über mein Privatleben zu unterrichten?«
»Genau das. Und du bist in dieser Hinsicht eine Leidensgefährtin aller hohen Persönlichkeiten des Hofs und der Stadt.«
Nachdenklich legte Angélique den Stickrahmen beiseite.
»Solltest du auch wissen«, fragte sie argwöhnisch, »wer mich beim König denunziert hat?«
Die beiden Schwestern sahen sich an, und plötzlich war wieder ein Hauch der alten Vertrautheit da, die während ihrer Kindertage in Monteloup zwischen ihnen bestanden hatte. Marie-Agnès hob leicht die Schultern.
»Wenn du mich nicht verrätst…«, sagte sie. »Aller Wahrscheinlichkeit nach verdankst du es der trefflichen Dame de Choisy, dass du so schnell den Klauen des Teufels entrissen wurdest.«
»Madame de Choisy?«
»Ja. Überleg dir genau, ob sie nie versucht hat, dir eine Magd, einen Lakaien aufzuschwatzen?«
»Großer Gott!« seufzte Angélique bitter. »Hätte es sich nur um einen einzigen Bedienten gehandelt! Drei, vier, ein halbes Dutzend sogar... Kurz gesagt, das ganze Personal meiner Söhne besteht aus ihren Schützlingen.«
Marie-Agnès schüttete sich aus vor Lachen.
»Wie einfältig du bist, meine gute Angélique! Ich habe ja immer gesagt: du bist viel zu naiv, um bei Hofe zu leben. Der Hof ist der Schmelztiegel der menschlichen Leidenschaften. Gott braucht harte Streiter in dieser Hölle, und die Stärke des frommen Ordens liegt in der Verschwiegenheit seiner Glieder beschlossen. Um die Seelen zu retten, schrecken sie vor keinem Mittel zurück.«
Angélique erhob sich und trat, von den spöttisch-mitleidigen Blicken ihrer Schwester gefolgt, zu dem schmalen, vergitterten Fenster. Einen Augenblick sah sie in den kahlen, winterlich verwahrlosten Garten hinaus, dann wandte sie sich um. »Du hast recht«, sagte sie. »Madame de Choisy hat mir schon früher Fallstricke zu legen versucht. Ich erinnere mich, dass sie mir in Fontainebleau einen Befehl des Königs überbrachte, unverzüglich das Schloss zu verlassen. Später kam ich dahinter, dass dieser Befehl nie ergangen war und mein Verschwinden ein Fehler, der mir hätte verhängnisvoll werden können. Ich begreife nur nicht, warum Menschen, denen ich nichts getan habe, so darauf aus sind, mir zu schaden…«
»Du hast etwas in deinem Wesen, was den Hass der Tugendsamen weckt«, sagte Marie-Agnès nachdenklich.
»Vielleicht hat es aber auch etwas damit zu tun, dass mein

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