Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Golon
Vom Netzwerk:
gähnte und streckte sich Madame de Montespan. Sie hatte unausgesetzt über dies und jenes mit Angélique geschwatzt, da der enge Raum es ihnen nicht erlaubte, sich auszustrecken, um ein wenig zu ruhen. Der Küchenjunge schnarchte an den Kamin gelehnt. Madame d’Orignys und Madame de Roure waren verschwunden. Hinter den Vorhängen des großen Bettes rührte es sich ebenfalls. Zwei schlaftrunkene Körper dehnten sich in den Kissen, auch hier wurde gegähnt, dann war zärtliches Geflüster zu vernehmen.
»Ich glaube, ich muss hinuntergehen«, sagte Athénaïs.
»Die Königin wird nach ihren Hofdamen rufen. Ich möchte als eine der ersten da sein, um sie zur Messe zu begleiten. Stellt Euch am Wege dorthin auf. Aber ich muss Euch zuvor die günstigen Stellen zeigen, damit Ihr unter allen Umständen Ihre Majestäten seht und womöglich von ihnen gesehen werdet. Es ist nicht leicht, die richtige Stelle zu finden. Kommt mit mir hinunter. Ich werde Euch auch ein kleines, an die Gemächer der Königin anstoßendes Waschkabinett zeigen, das die Hofdamen benutzen dürfen, um sich das Haar zu ordnen. Habt Ihr außer Eurem Jagdkostüm noch andere Kleider dabei?«
»Ja, in einer Lade. Aber ich muss sie erst durch meinen kleinen Lakaien bei meinem Manne abholen lassen.«
»Zieht etwas Einfaches für den Vormittag an. Der König empfängt nach der Messe die Bittsteller, danach arbeitet er mit seinen Ministern. Aber heute abend gibt es, soviel ich weiß, eine Komödie und ein kleines Ballett. Ihr könnt Eure schönsten Juwelen auspacken. Kommt jetzt.«
    Außerhalb des Zimmers war es eisig kalt und feucht, doch unbekümmert um die Zugluft, die über ihre schönen bloßen Schultern strich, stieg Madame de Montespan die Treppe hinunter.
»Friert Ihr nicht?« fragte Angélique fröstelnd. Die Marquise machte eine wegwerfende Geste. Sie besaß den Gleichmut der Höflinge, die es gewohnt sind, die schlimmsten Unbequemlichkeiten zu ertragen, Kälte wie Hitze, in Sälen, die allen Winden offenstehen oder in denen sie in der Glut Tausender von Kerzen ersticken, das endlose Herumstehen, die durchwachten Nächte, das Gewicht der mit Goldstickereien und Juwelen überladenen Kleider.
Angélique hatte aus den Jahren der Not die Kälteempfindlichkeit der Unterernährten zurückbehalten. Sie kam kaum je ohne Mantel aus und hatte sich mit einer Fülle von ihnen versehen. Der, den sie trug, bestand aus blaugrünen, zu ihren Augen passenden Samt- und Atlasstreifen, die einander abwechselten. Die Kapuze, die sie über ihr Gesicht ziehen konnte, wenn sie nicht erkannt sein wollte, war mit venezianischer Spitze geziert.
    Am Eingang zum Bankettsaal blieb Madame de Montespan stehen. Außer den Türwächtern, die mit ihren Hellebarden und gestärkten Halskrausen regungslos wie Statuen dastanden, schien in dem weitläufigen Palast noch niemand wach zu sein. Das aufsteigende Tageslicht begann kaum erst mit dem Dunkel der Salons zu verschmelzen. Galerie und Flure wirkten in der Finsternis wie riesige, traumhafte Grotten, in denen man das Blinken des Goldes und der Spiegel ahnte. Die meisten Leuchter waren erloschen.
»Ich verlasse Euch«, flüsterte die Hofdame der Königin in Anpassung an die ungewöhnliche Stille des Ortes. »Dort drüben ist das kleine Boudoir, in das Ihr Euch unterdessen setzen könnt. Die Höflinge, die dem Lever des Königs beiwohnen müssen, werden binnen kurzem hier erscheinen. Seine Majestät ist ein Frühaufsteher. Wir sehen uns bald.«
Sie entfernte sich, und Angélique öffnete die unter einem Wandteppich verborgene Tür, die ihr gezeigt worden war.
»Oh, Verzeihung!« murmelte sie und schloss die Tür sofort wieder. Sie hatte sich sagen müssen, dass ein Schlupfwinkel, und sei er noch so klein, nur auf galante Weise besetzt sein konnte, wenn er ein Ruhebett enthielt.
»Sieh einer an«, sagte sie zu sich, »ich hätte nicht gedacht, dass Madame de Soubise einen so schönen Busen hat. Sie verbirgt ihr Liebesleben und ihre Reize.«
Ihr Partner war natürlich nicht Monsieur de Soubise gewesen. Auch das hätte sie sich denken können. In Versailles war man in solchen Dingen großzügig; nur eheliche Verlustierungen hätte man als spießbürgerlich und geradezu schockierend empfunden. Angélique blieb nichts anders übrig, als durch die verödeten Säle zu irren. Sie hielt im ersten inne. Es war der Ionische Saal, nach den zwölf Säulen benannt, die das Gesims stützten. Es war nun hell genug geworden, dass sie die anmutigen weißen

Weitere Kostenlose Bücher