Angels - Meine Rache waehrt ewig
hatte. Doch wenn tatsächlich jemand eingebrochen war, bestand immerhin die Möglichkeit, dass er einen Finger- oder Schuhabdruck, ein Haar oder sonst etwas hinterlassen hatte.
»Wir werden sehen, was wir finden«, sagte er zu Bruno. Die Wolken wurden immer düsterer. Jay hielt an einer Ampel und wartete, bis eine Joggerin mit einem Kinderwagen die Straße überquert hatte. Als die Ampel auf Grün sprang, überholte er einen Minivan voller Teenager, wechselte die Spur und verspürte eine Unruhe, die er nicht abschütteln konnte.
Er wollte ein neues Türschloss einbauen, eins, zu dem weder Irene Calloway noch ihr Enkel noch sonst jemand einen Schlüssel haben würde. Außerdem überlegte er, eine Kamera zu installieren, die die vordere Veranda überwachte. Danach würde er das Lehrpersonal des All Saints College überprüfen, allen voran Dr. Dominic Grotto. Jay hatte bereits einige Informationen zusammengetragen, aber das Material war nur bruchstückhaft, und er wollte die Dozenten der verschwundenen Studentinnen genauer unter die Lupe nehmen. Außerdem plante Jay, an einer Führung durch Wagner House teilzunehmen. Irgendetwas musste vergangene Nacht dort vorgefallen sein, lange nachdem die Türen des Museums offiziell geschlossen worden waren, etwas, das Kristi zu Tode erschreckt hatte.
Er bog um die Ecke, gerade als ein Beagle-Welpe auf die Straße stürmte. Jay trat auf die Bremse, und Bruno prallte gegen das Armaturenbrett. Auf der Gegenfahrbahn kam eine Limousine zum Stehen.
Ein großer, dünner Mann Mitte zwanzig jagte mit einer Leine in der Hand dem Ausreißer hinterher.
»Alles in Ordnung, Kumpel?«, wandte sich Jay an Bruno. Sein Herz raste.
Bruno kletterte wieder auf den Beifahrersitz und bellte dem davonrennenden Welpen hinterher, während Jay wieder anfuhr. Vor dem Cottage drückte Bruno seine Nase an die Scheibe und wedelte mit dem Schwanz.
»Denkst du, das ist unser neues Zuhause?«, fragte Jay und stellte den Wagen vor dem heruntergekommenen Bungalow mit der brüchigen Veranda und dem überwucherten Grundstück ab. »Auf keinen Fall!«
Aber was war dann sein Zuhause? Seine sterile Wohnung in New Orleans?
Auch nicht besser.
Um die Wahrheit zu sagen: Seit Katrina hatte sich Jay rastlos gefühlt, als würde er nirgendwo richtig hingehören. Sein renoviertes Apartment war ihm plötzlich klein und beengt vorgekommen, und wenn er bei Gayle geblieben war, hatte er stets das Gefühl gehabt, auch dort am falschen Ort zu sein. Ihr Haus war für ihn einfach zu ordentlich gewesen. Jay war das einzige Element in Gayles Leben, das weder zu ihrem Haus noch zu ihrem Leben passte.
In Kristis Dachwohnung hingegen konnte er sich ein Bier aufmachen, am Sonntagmorgen eine kalte Pizza essen oder seine Jeans zusammengeknüllt auf dem Fußboden liegen lassen.
Er kletterte aus dem Pick-up. Die Richtung, die seine Gedanken nahmen, gefiel ihm nicht. Bruno sprang heraus, bereit, sein Bein zu heben und jeden Strauch auf dem Weg zur Haustür zu markieren. Jay räumte die Ladefläche leer, wuchtete Zementsäcke und eimerweise Grundierung und Farbe herunter. Er brachte alles hinein, fütterte den Hund und ging dann ins Bad.
Seine Gedanken kehrten zu Kristi und zu der vergangenen Nacht zurück. Als er ihr wieder in die Falle gegangen und in ihrem Bett gelandet war. Er hatte gehofft, auf wundersame Weise von ihr geheilt zu werden.
Natürlich hatte er sich geirrt.
Und zwar auf ganzer Linie.
Mit Kristi verband ihn mehr als nur sexuelle Befriedigung. Das war immer schon so gewesen, und wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er jetzt nur noch mehr von ihr fasziniert war. Jay zog seine Sachen aus und trat in dem neongrünen Badezimmer unter die Dusche. Er wünschte sich, sie wäre bei ihm, wünschte sich, er könnte sie einseifen, fühlen, wie seine Hände über ihre Haut glitten, unter dem warmen Wasserstrahl ihre Brüste küssen und sie hochheben und ihre Beine um seine Hüften legen …
Verdammt. Er wurde schon steif, wenn er nur daran dachte. Er wusch sich schnell, stellte das Wasser auf kalt und schlang die Arme um den Körper. Seine Erektion erschlaffte. Binnen Minuten trocknete er sich ab und zog eine saubere Jeans und ein Langarm-Shirt an. Es folgten Socken und Schuhe, dann schnappte er sich das Notebook und war schon wieder zur Tür hinaus. Er rief Bruno, der neben einer Lebenseiche lag und ein Eichhörnchen bewachte.
»Gib’s auf«, riet Jay dem Hund, als das Eichhörnchen mit zuckendem Schwanz laut
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