Angels - Meine Rache waehrt ewig
Regen sauber gewaschenen Straßen der Stadt ging, die Geräusche des Silvesterfeuerwerks hörte und das Knallen der Champagnerkorken, was zusammen klang wie das Rattern von Schnellfeuergeschützen.
Nicht, dass er sich damit auskannte.
Zu unpersönlich.
So weit von einem Opfer entfernt zu sein, in manchen Fällen mehrere hundert Meter, raubte dem Ganzen den Kitzel, das Gefühl der Intimität, das entstand, wenn der Lebenssaft aus dem Körper wich, das Licht in den Augen des Opfers langsam erlosch und das wilde, angstvolle Rasen des Pulses nach und nach verging.
Das
war persönlich.
Das
war perfekt.
Ganz in Schwarz gekleidet, verschmolz er mit dem Schatten der Dunkelheit, als er den Campus überquerte, den süßen Geruch von Marihuana einatmete und ein Pärchen beobachtete, das einander unbeholfen begrapschte, während es Richtung Studentenwohnheim eilte. Dort würden es die zwei in einem schmalen Doppelbett vermutlich die ganze Nacht lang miteinander treiben.
Er verspürte einen Stich der Eifersucht.
Die Freuden des Fleisches …
Aber er würde warten müssen.
Das wusste er.
Trotz seiner Unruhe.
Seines
Bedürfnisses.
Tief im Innern flehte er um Erlösung und wusste, dass er sie nur finden konnte, wenn er langsam ein Leben auslöschte … und nicht irgendein Leben. Nein. Jene, die geopfert wurden, waren sorgfältig auserwählt.
Sein innerer Schmerz pochte, ließ sich nicht länger leugnen, seine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Elektrisiert. Voller Begierde.
Er roch die Lust des Pärchens. Das sehnsüchtige Verlangen der beiden. Das Blut, das in ihren Adern pulsierte.
Er ballte die Fäuste und versuchte, seine eigene Lust aus seinem Kopf zu verbannen, sein Verlangen, die Hitze, die in seinem Schädel tobte.
Nicht jetzt.
Nicht heute Nacht.
Nicht diese beiden.
Er warf dem Pärchen einen letzten ärgerlichen Blick nach, dann riss er sich zusammen und konzentrierte sich auf die elementarsten Triebe.
Das Jagen.
Das Töten.
Sie sind es nicht wert,
ermahnte er sich selbst.
Es gibt einen Plan. Du darfst nicht von deinem wahren Auftrag abweichen.
Lautlos verließ er das Campusgelände, ging im Zickzack durch verschiedene Straßen und Gassen zu dem alten Gebäude, das schon seit langem abbruchreif war, ein ehemaliges Grandhotel, inzwischen verschlossen und mit Brettern vernagelt. Die einzigen Bewohner waren nunmehr Spinnen, Ratten und anderes Ungeziefer. Er ging zur Rückseite des Gebäudes, wo einst der Angestellten- und Lieferanteneingang gewesen war. Er eilte die abbröckelnden Stufen hinunter, holte seinen Schlüssel heraus und öffnete eine Hintertür. Drinnen ignorierte er die tropfenden, verrosteten Rohre, die zerbrochenen Glasscheiben und morschen Bretter, die einstmals Teil eines Renovierungsunterfangens gewesen waren. Stattdessen schritt er durch den vertrauten Korridor zu einer weiteren verschlossenen Tür, hinter der eine Wendeltreppe nach unten führte. Am Fuß der Treppe öffnete er die dritte Tür und betrat einen Bereich, der nach Chlor roch. Er schloss die Tür hinter sich, wartete ein paar Sekunden, dann ging er einen kurzen dunklen Flur entlang, der in einen weitläufigen Raum mündete. Er drückte auf einen Lichtschalter. Trübe Glühbirnen beleuchteten einen großen Swimmingpool, dessen aquamarinfarbene Fliesen gedämpft in dem gespenstischen Licht schimmerten.
Er zog sich lautlos aus und warf seine Kleidung in eine Ecke, dann ging er nackt zum Rand des Pools und tauchte in das ungeheizte Becken. Das eisige Wasser war ein Schock und kribbelte auf seiner Haut, aber er streckte sich und begann, durch den Pool zu pflügen und dabei ruhig ein- und auszuatmen. Am anderen Ende wendete er athletisch und schwamm eine weitere Bahn. Sein Körper, gestählt von stundenlangem Training, durchschnitt das Wasser so leicht, wie ein Jagdmesser Fleisch durchschneidet. Seine Züge wurden schneller und schneller, und er spürte, wie sein Herz pumpte und seine Lungen zu schmerzen begannen. Fünf Bahnen. Zehn. Zwanzig.
Er verließ das Wasser erst, als ihn die erste Welle der Erschöpfung überkam, ihn ruhiger werden ließ, die Lust auf Blut aus seinem Herzen verbannte. Dafür war später noch genug Zeit. Kalte Luft kroch über seine nasse Haut. Seine Brustwarzen wurden hart, sein Schwanz klein, aber er begrüßte die Kälte. Er ging durch einen unbeleuchteten Flur, und als er um zwei Ecken bog und ein Zimmer betrat, in dem seine Trophäen versteckt waren, stellten seine Augen sich auf die
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