Angels - Meine Rache waehrt ewig
dass es zur Realität wird. Du weißt, was ich meine. Sich etwas in seinem Leben so dringend zu wünschen, dass man es tatsächlich spürt. Etwas so zu wollen, dass man alles tun würde, um es zu bekommen.« Ihre dunklen Augen hefteten sich auf Kristi. Sie griff nach ihrer Hand und hielt sie so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. Im nächsten Augenblick ließ sie Kristis Hand wieder los. Kristi stellte fest, dass sich ihr Herzschlag beschleunigt hatte. »Aber diese ganz spezielle Fantasie … warum sollte jemand glauben wollen, dass es Vampire gibt?«, fragte sie aufrichtig verwirrt.
»Es ist heiß. Sexy.«
»Wirklich? Blut zu trinken? Im Dunkeln zu leben? Jahrhundertelang ein Untoter zu sein? Das ist heiß? Welcher Mensch, der seine Sinne noch halbwegs beieinander hat, würde wollen –«
»Niemand behauptet, dass sie ihre Sinne beieinander haben.« Wieder starrte Lucretia sie an, dann griff sie endlich nach ihrem Kaffeebecher und nahm einen Schluck. »Diese – Anhänger – führen meist ein inhaltsloses, langweiliges oder so grottenschlechtes Leben, dass ihnen jede Art von Magie, Zauberei oder Daseinsalternativen wie gerufen kommt.«
»Das ist ja verrückt. Du behauptest also, es gibt eine ganze Sekte von diesen Leuten, die an eine solche Ausgeburt der Hölle glauben.«
»Für dich klingt das verrückt, aber nicht für sie. Oh, es sind bestimmt welche darunter, die nur wegen des Nervenkitzels mitmachen. Der Vampirismus übt natürlich eine große Anziehungskraft aus. Er ist finster, sexuell. In mancherlei Hinsicht ist er sehr romantisch und emotional. Aber für manche Menschen ist er nicht nur Fantasie – sie glauben aus tiefstem Herzen daran.«
»Sie brauchen Hilfe«, stellte Kristi fest.
Lucretias Augen verdunkelten sich. Vor Sorge? Wie schräg war das eigentlich? Kristi und Lucretia waren nie Freundinnen gewesen, warum also hatte ihre frühere Zimmergenossin ausgerechnet sie für diese Vertraulichkeiten ausgewählt? Warum führten sie diese Diskussion? An einem der Nachbartische zogen zwei sportlich aussehende Typen die Stühle vom Tisch zurück und stellten ein mit Hotdogs und Pommes beladenes Tablett ab. Sie unterhielten sich scherzend und griffen nach ihren Senf- und Ketchup-Tütchen. Alles ganz normal.
Sprach sie tatsächlich mit Lucretia über Vampire?
»Was ist nun mit Dr. Grotto?«, fragte Kristi und rief sich den hochgewachsenen Mann mit dem dunklen Haar und dem intensiven Blick vor Augen. »Denkst du, er unterstützt das Ganze mit seinen Seminaren über Vampyrismus? Ist er der Anführer der Sekte?«
»Wie bitte? Gott, nein!« Lucretia stellte ihren Becher so fest auf den Tisch, dass Kaffee und Milchschaum über den Rand schwappten. Sie griff nach einer Serviette.
»Aber er unterrichtet doch –«
»Doch nicht, ein Vampir
zu sein,
um Himmels willen, er hält Seminare über den Einfluss der Vampir-, Werwolf-, Gestaltwandler- und Monstermythen auf unsere Gesellschaft. Damals und heute. Er ist ein Intellektueller!«
»Das bedeutet doch nicht zwangsläufig, dass er nichts damit zu tun hat –«
»Du erfasst nicht den Kern der Sache. Es geht nicht um Dominic …« Lucretia schüttelte vehement den Kopf und wurde blass bei dem Gedanken daran. »Er ist ein wundervoller Mann. Gebildet. Lebendig. Hör mal, das war ein Fehler.« Sie stand abrupt auf, das Gesicht aschfahl. Als sie ihre Sachen zusammensuchte, zitterte sie. »Ich dachte, weil du so viel durchgemacht hast, weil dein Dad ein so hervorragender Detective ist, könntest du vielleicht helfen, könntest du deinen Vater vielleicht überreden, herauszufinden, was mit Dionne, Monique, Tara und Rylee passiert ist, aber vergiss es.«
»Deine Freundinnen sind noch immer verschwunden«, stellte Kristi fest und stand ebenfalls vom Tisch auf.
»Sie sind nicht ›meine Freundinnen‹, okay? Nur ein paar Mädchen von der Uni, die ich kannte.«
»Haben sie sich auch untereinander gekannt?«
»Flüchtig, vermute ich. Ich bin mir nicht sicher. Sie hatten Englisch im Hauptfach, und alle waren einsam und in irgendwelche Scherereien verstrickt. Aber ich hätte wissen müssen, dass du alles ins Gegenteil verkehrst.« Sie verdrehte die Augen und warf die kaffeedurchtränkte Serviette in einen Mülleimer.
»Hast du das Ganze auch der Polizei mitgeteilt?«
»Nein – ich – ich arbeite hier als Assistentin, aber ich bin keine ordentliche Professorin, und solange ich das nicht bin, habe ich keinen vollen Zugang zu den Akten, und …
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