Angels - Meine Rache waehrt ewig
kommen in vielerlei Gestalt und Größen vor und verfügen über unterschiedliche Kräfte«, sagte Dr. Grotto und betrachtete das nächste Bild, das Cover eines alten Comics mit der Zeichnung eines Vampirs, der im Begriff stand, sich auf eine flüchtende, spärlich bekleidete Blondine zu stürzen, deren Figur Barbie vor Neid hätte erblassen lassen.
Kristi versuchte, mit der Masse der restlichen Studenten zu verschmelzen, aber sie hatte damit kein Glück. Dr. Grotto schien sie finster anzufunkeln, als sie ihre Kladde und ihren Laptop öffnete. Dann räusperte er sich und blickte in seine Notizen. »Wir werden mit Bram Stokers
Dracula
beginnen und erörtern, woher er die Inspiration genommen hat. Hat er sie bei dem grausamen Vlad, dem Pfähler, gefunden, wie die Leute annehmen? In Rumänien? In Ungarn oder Transsylvanien?« Er machte eine effektheischende Pause. »Oder hat er sich von anderen historischen Ungeheuern inspirieren lassen, zum Beispiel von Erzsébet Báthory, Elisabeth Bathory, der ungarischen Gräfin, die ihre Dienstmädchen mit eigener Hand zu Tode quälte und in ihrem Blut badete, um ihre verwelkende Schönheit zu bewahren? Mythos? Legende? Oder Tatsache?« Grotto fuhr fort, über das Seminar an sich zu sprechen und über die Anforderungen, die er stellte. Kristi machte sich Notizen, doch sie war mehr an dem Mann interessiert als an seinem Seminar. Er streifte wie eine Katze von einer Seite des Raumes zur anderen, fesselte beinahe hypnotisch die Aufmerksamkeit seiner Studenten. Hochgewachsen und geschmeidig, wirkte er wie das fleischgewordene Thema seines Lehrstoffs.
Die Bilder hinter ihm wechselten weiter, von geschmacklos zu grausam. Als der Vorspann von
Buffy – Im Bann der Dämonen
an der Tafel erschien, drückte Grotto auf einen Knopf an seinem Pult. Die Deckenbeleuchtung flammte auf, die Vorhänge glitten zurück.
Buffy
und ihre Freunde verblassten, und das Gruselkabinett verwandelte sich in einen normalen Seminarraum zurück. »Genug Effekthascherei«, sagte Grotto, und die Seminarteilnehmer seufzten. »Ich weiß, wir alle lieben das Theatralische, aber das hier ist eine normale College-Veranstaltung, ich gehe also davon aus, dass Sie einen Unterrichtsplan per E-Mail bekommen haben und wissen, dass Sie Bram Stokers
Dracula
bis Ende der Woche gelesen haben sollten. Wenn Sie keine Mail erhalten haben, lassen Sie mich das nach dem Seminar wissen.
Nun wollen wir anfangen. Was wissen Sie über Vampire? Gibt es sie wirklich? Handelt es sich um Menschen? Ernähren sie sich tatsächlich von menschlichem Blut? Verwandeln sich in die verschiedensten Kreaturen? Schlafen in Särgen? Wir wollen heute darüber sprechen, was Sie über Vampire wissen, oder vielmehr: was Sie über Vampire zu wissen glauben.« Er lächelte und entblößte dabei glänzende Vampirzähne, die er herausnahm und aufs Pult legte. »Hatte ich nicht gesagt, keine weitere Effekthascherei?«
Von dieser Sekunde an hatte sich Dr. Grotto die Aufmerksamkeit jedes einzelnen Seminarteilnehmers bis zum Ende der Stunde gesichert. Es entstand eine lebhafte Diskussion, und es war offensichtlich, warum dieser Kurs zu den beliebtesten am ganzen College gehörte.
Dominic Grotto konnte sich so schnell verwandeln wie die mythischen Kreaturen, die er studiert hatte. In einer Minute wirkte er finster und gedankenverloren, in der nächsten lebhaft und originell. Er hatte eine ungezwungene Art und benutzte den gesamten vorderen Bereich des Raumes wie eine Bühne, schritt von einer Seite zur anderen, schrieb etwas an die Tafel, forderte Studenten auf, ihre Meinung zu äußern.
Kristi erkannte ein paar der Teilnehmer wieder, ein paar jüngere Studenten, die schon mit ihr im Shakespeare-Seminar gewesen waren, unter ihnen auch Hiram Calloway – gab es denn keine Möglichkeit, diesem Typen aus dem Weg zu gehen? Wieder erblickte sie Lucretias Freundin Trudie mit ihrem Igelschnitt, außerdem ihre Nachbarin Mai Kwan.
Nun, bei weniger als dreitausend Studenten war es nicht überraschend, dass sie in den Seminaren auf vertraute Gesichter stieß.
Die Tür öffnete sich, und Dr. Grotto beobachtete mit finsterem Gesicht, wie Ariel hereinschlüpfte und sich auf den nächstbesten freien Platz in der Nähe der Tür setzte. Sie sah so aus, als würde sie liebend gern mit ihrem Stuhl verschmelzen, was Kristi gut nachempfinden konnte. Ariel fing Kristis Blick auf, aber sie richtete ihre Aufmerksamkeit sofort wieder auf ihre Kladde.
Eine merkwürdige junge
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