Angels - Meine Rache waehrt ewig
Barkeeper stellte ein eiskaltes Glas vor sie, und sie legte ein paar Scheine auf den Tresen.
»Das ist das Trinkgeld«, sagte Jay zu ihm. »Setzen Sie das Bier auf meine Rechnung.« An Kristi gewandt, fügte er hinzu: »Komm, lass uns im Dart-Raum reden, da ist es ein bisschen ruhiger. Dann kannst du mir erklären, was das Ganze soll.«
»Und dich bei einem Spielchen schlagen.«
»Träum weiter, Schätzchen«, sagte er, und ihr albernes Herz machte einen Sprung. Sie würde seinem Charme nicht erliegen – niemals. Schließlich hatte es einen Grund dafür gegeben, dass sie ihn damals verließ, und daran hatte sich nichts geändert.
Kristi nahm ihr Bier und schlängelte sich wieder durch die überfüllten Tische zum Dart-Raum. In einer freien Nische war ein Hilfskellner damit beschäftigt, die Gläser und Teller mit Resten von Zwiebelringen, Pommes frites und Ketchup-Klecksen einzusammeln. Als er nickte, glitt Kristi auf die Bank. Jay nahm ihr gegenüber Platz.
Sobald sie allein waren, beschloss Kristi, den Smalltalk beiseitezulassen. »Ich brauche deine Hilfe, weil du zum Lehrpersonal zählst und Zugang zu Akten hast, die ich nicht einsehen kann.«
»Aha«, erwiderte er skeptisch.
»Ich stelle Nachforschungen an über den Verbleib der vier verschwundenen jungen Frauen«, sagte sie, und noch bevor er protestieren konnte, fing sie an, ihm ihre Befürchtungen, Lucretias Sorge, den offensichtlichen Mangel an Interesse seitens der Angehörigen, der Freunde und sogar der Polizei zu erläutern und ihre Furcht, alle vier könnten einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sein.
Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte Jay an der hölzernen Rückenlehne und starrte sie aus seinen goldfarbenen Augen an.
»Denkst du nicht, das ist ein Fall für die Polizei?«
»Du bist doch die Polizei.«
»Ich arbeite im kriminaltechnischen Labor.«
»Und du hast Zugang zu sämtlichen Akten.«
Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Da wäre bloß noch die kleine, unbedeutende Frage der Zuständigkeit, Kristi, ganz zu schweigen von den Vorschriften und der Tatsache, dass niemand außer dir und vielleicht einer Handvoll oberschlauer Reporter an ein Gewaltverbrechen glauben.«
»Aber vielleicht liegen wir falsch? Was soll’s. Dann haben wir es zumindest versucht. Im Augenblick sitzen wir doch nur rum und tun gar nichts, weil es niemanden auch nur im Geringsten kümmert, was mit diesen Mädchen passiert ist.«
»Es gibt kein ›wir‹. Das ist allein deine Meinung.«
Trotzdem hatte er bislang weder Nein gesagt noch auf eine andere Art und Weise zu verstehen gegeben, dass er ihr nicht helfen würde. Er nahm einen großen Schluck von seinem Bier und blickte sie an. Die Rädchen in seinem Gehirn liefen auf Hochtouren, Kristi konnte sie beinahe sehen. Und es gab noch eine andere Sache, die sie an Jay sowohl bewundert als auch gehasst hatte: Er war ein echter Gutmensch, ein Weltverbesserer. Dazu ein regelrechter Paragraphenreiter, was das Gesetz betraf.
»Vielleicht solltest du dich an die örtliche Polizeidienststelle wenden.«
»Das habe ich versucht. Hat zu nichts geführt.«
»Das sollte dir zu denken geben.«
»Natürlich! Es zeigt mir, dass sich niemand einen Deut darum schert!« Sie sprang halb von der Bank auf. Jay konnte einen wahrhaftig in den Wahnsinn treiben!
»Wenn die hiesige Polizei an dem Fall nicht interessiert ist, solltest du vielleicht mal mit deinem Dad reden«, schlug er vor.
»Daran habe ich schon gedacht, aber er flippt ja schon aus, weil ich hier bin. Er weiß von den vermissten Studentinnen und ist felsenfest davon überzeugt, dass ich die Nächste sein werde.«
»Da könnte er recht haben, so wie du hier rumschnüffelst.«
»Nur wenn tatsächlich ein Psycho unterwegs ist. Wenn nicht, bin ich auch nicht in Gefahr. Aber für den Fall dass, sollten wir auf jeden Fall etwas unternehmen.«
»Und dich zur Zielscheibe machen?«
»Wenn es sein muss …«
»Um Himmels willen, Kristi, hast du deine Lektion beim letzten Mal denn nicht gelernt? Oder beim vorletzten Mal?«, fragte er mit zusammengepressten Lippen. Als sie nicht antwortete, schnaubte er und sagte: »Offensichtlich nicht.«
»Hilfst du mir jetzt, oder muss ich die Sache allein durchziehen?«
»Du wirst mir keine Schuldgefühle machen.« Er zog eine Augenbraue hoch und leerte sein Glas.
»Wie ist das da eigentlich passiert?«, fragte sie und deutete auf die kleine Narbe.
»Ich habe eine Frau auf die Palme
Weitere Kostenlose Bücher