Angels of the Dark: Verruchte Nächte
Doch als sie ihn bemerkte, richtete sie sich auf und wich nach rechts aus, um eine Berührung zu vermeiden.
„Stopp! Ich mein’s ernst.“ Wild strich ihr Blick über seinen Körper, suchte wahrscheinlich nach seiner verwundbarsten Stelle, und keuchte auf. „Du hast tatsächlich ein schwarzes Herz.“
Wie befohlen blieb er stehen und blickte an sich hinab. Seine Brust war nackt, der schwarze Fleck über seinem Herzen deutlich zu sehen. Und er war größer geworden, so viel größer – er ragte jetzt schon über sein Schlüsselbein und bis über seine Rippen hinaus.
Noch mehr von seinem Geist war abgestorben.
Kein Wunder, dass Annabelle nur noch fortwollte aus meiner Umarmung .
Seit er begriffen hatte, was der Fleck bedeutete – dass endlich auch für ihn die Uhr tickte, dass er sterben würde, Stück für Stück –, hatte er sich mit dem Endergebnis abgefunden. Hatte es sogar als eine Art Versicherung gesehen. Doch jetzt war es für ihn nicht mehr in Ordnung. Wenn das Unmögliche geschah und er vor Annabelle starb, hätte sie niemanden mehr, der für ihre Sicherheit sorgen könnte.
Hastig zog er sein Gewand zurecht und der Stoff fügte sich wieder zusammen, verbarg seinen selbst zugefügten Makel. Er hob die Hände, die Handflächen nach vorn, und betete, dass diese Haltung auf Annabelle beruhigend wirkte. Ihr deutlich machte, dass in diesem Augenblick von ihm keinerlei Bedrohung ausging. „Es tut mir leid, dass ich dir wehgetan habe. Das war nicht meine Absicht.“ Schritt für Schritt, ganz behutsam, näherte er sich ihr wieder.
Heftig schüttelte sie den Kopf, und das Haar, das er eben noch in seinen Fingern gespürt hatte, flog ihr um die Wangen. Und immer noch rieb sie sich die Brust. „Ich habe gesagt, du sollst nicht näher kommen. Bleib weg von mir!“
In diesem Moment hätte er alles für sie getan – nur nicht das. Wenn er jetzt zurückwich, würde sie ihm nie wieder vertrauen, und auf irgendeiner tief verschütteten Ebene wusste er, dass er ihr Vertrauen brauchte. Sonst würde sie Mauern zwischen ihnen errichten, die er niemals überwinden könnte, denn ihre Stärke würde sich nähren aus dem Entsetzen, das sie jetzt verspürte,und einer immer größeren Wut. Das spürte er auf derselben tiefen Ebene, auf der sein Instinkt und sein urtümliches Bedürfnis, sie zu beschützen, zu Hause waren. Er ging schneller, wollte das hier keine Minute länger zulassen.
Doch in der Sekunde, als er sie erreichte, schien sie förmlich zu explodieren und kämpfte mit all ihrer Kraft gegen ihn an. Wenigstens hatte sie sich nicht entschlossen, auch noch ihre restlichen Messer zu benutzen.
Er brauchte länger als gedacht, doch schließlich schaffte er es, ihre Hände zu packen und sie herumzudrehen. Und auch wenn er die Notwendigkeit seiner nächsten Handlungen verabscheute, zog er ihr das zerrissene T-Shirt aus. Mit einer Hand hielt er ihr die Arme über dem Kopf fest und griff in eine Luftfalte, um das Oberteil hervorzuholen, das er für sie zurückgelegt hatte. Jenes, das er aus einer der Taschen genommen hatte, weil es das war, was ihm am besten gefiel. Ein schimmerndes blaues T-Shirt in derselben Schattierung wie ihre Augen.
Schreiend und weinend bäumte sie sich gegen ihn auf, sodass ihr die Tränen vom Gesicht flogen. Unter Schwierigkeiten zog er ihr den Stoff über die Arme, über den Kopf.
Die ganze Zeit über flüsterte er Annabelle ins Ohr. „Ich werde dir nicht wehtun. Bei mir bist du in Sicherheit. Du hast nichts von mir zu befürchten.“
Doch sie war viel zu gefesselt von ihrem Entsetzen, um ihn zu hören.
Auch auf diese Weise würde er sie nicht erreichen können, begriff er. In Ermangelung einer besseren Idee breitete Zacharel die Flügel aus und flog Annabelle zum Eingang der Höhle. Zweimal hätte er sie fast fallenlassen, so heftig zappelte sie, doch schließlich gelang es ihm, sie sicher am Boden abzusetzen. Kaum hatte er sie losgelassen, hechtete sie auf den Tunnel zu und rannte davon, fort von ihm.
Erst nachdem er sich unsichtbar gemacht hatte, folgte er ihr, knapp über ihr fliegend. Immer wieder blickte sie panisch über die Schulter, suchte nach ihm. Obwohl sie ihn nicht sah, nicht wahrnehmen konnte, wurde sie nicht langsamer. Sie rannte undrannte und rannte, keuchend und weinend. Als sie die hellen Sonnenstrahlen erblickte, die durch den Tunneleingang ins Innere fielen, wurde sie noch schneller.
Schließlich schoss sie ins Tageslicht – und stolperte über einen großen
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