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Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman)

Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman)

Titel: Angor - Schatten der Vergangenheit (Kriminalroman) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Graser
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schaltete ihn an, damit er seine Notizen ablesen konnte.
    »Ich musste sehr tief graben und einen Freund beim BKA in Wiesbaden involvieren.
    Fangen wir mal mit Otto Rüter an. Er wurde in Hamburg am 23.  05. 1921 geboren und ist drei Tage vor seinem Geburtstag letztes Jahr hier in seiner Heimatstadt verstorben. Otto erreichte also ein schönes erhabenes Alter. Er starb nicht verarmt, aber in einem Hospiz qualvoll, einsam und allein. Er war nie verheiratet und hatte keine Kinder. Aber einen Bruder in Karlsruhe, der dort auch verstarb. Der hat einen Sohn, jener erbte Ottos Vermögen. Den Namen des Enkels und seines Rechtsanwaltes kennst du ja. Otto und sein Enkel Dirk hatten zu Lebzeiten nie Kontakt. Ein Rechtspfleger aus Hamburg hat ihn als einzigen Erbberechtigten ausfindig gemacht, dazu gleich mehr. Otto wollte wie sein Vater Postbote bei der Reichspost werden, das wurde erst mal nichts. 1939 wurde er als Achtzehnjähriger von der Wehrmacht eingezogen. Er landete beim Heer und wurde sogar 1. Adjutant bei einem Oberst namens Hans-Joachim Decker, dem er bis Mai 1945 in seinem Stab diente. Somit war er ein Stabsgefreiter, wenn die mir vorliegenden Informationen so stimmen. Sie gerieten in Gefangenschaft der Alliierten in der Nähe von Rouen, das ist eine Stadt im Norden Frankreichs. Wie Otto das in seinem Alter hinbekommen hat, die rechte Hand eines hohen Offiziers zu werden, ist mir ein Rätsel. Bei Kriegsende war er ja auch erst vierundzwanzig. Interessant ist Folgendes: Oberst Decker war einer „der“ Strategen und Logistiker des Heeres in Frankreich. Seine unrühmlichste Tat war die Planung des ersten Zuges im Frühjahr 1942 mit Deportierten von Royallieu in Richtung Auschwitz.
    Es folgten noch weitere bis 1944, mit etwa fünfundsiebzigtausend verzweifelten Menschen!
     
     
    Weitere Informationen über den Oberst und sein Tun sind extrem löchern.
    Ich denke, daran wurde schon vor Kriegsende und auch danach kräftig manipuliert.
    Otto Rüter kam schon im August 1945 zurück nach Hamburg. Seine Geschichte ist recht schnell erzählt. Er fing im Öffentlichen Dienst im Rathaus als Postverteiler an und blieb dort als Hans Dampf in allen Gassen, bis er 1980 in den Ruhestand ging.
    Sein nachvollziehbares Leben scheint unspektakulär, unauffällig, und er wurde auch nicht straffällig. Hier erst einmal stopp, kommen wir zu Decker.
    Den Oberst zog es nach Berlin, seine Heimatstadt war Dresden. Dort hat er für sich wohl zu wenige Möglichkeiten zur Entfaltung gesehen. Jetzt kommt aber die Ironie des Schicksals angeschlichen.
    Er erwarb bis 1949 mit(?) oder für(?) einen russischen Offizier reihenweise zerbombte Mehrfamilienhäuser, Gewerbegrundstücke und andere Liegenschaften. Von zweifelsfreien Besitzern, zumindest wenn man den alten Grundbucheinträgen Glauben schenken darf. Allesamt in den östlichen Bezirken von Berlin bis nach Potsdam gelegen und dort für sich auch eine nette Villa. Wahrscheinlich nur aus dem Grund, weil sie in der sowjetischen Besatzungszone lagen. Decker baute wohl sehr auf den Schutz seines neuen „Freundes“, dem einflussreichen russischen General Amatov.
    Eine rätselhafte Liaison - ein Ex-NSDAP-Mitglied und Offizier und ein kommunistischer General. Wie die zusammengefunden haben, ist für mich ein unbegreifliches Mysterium. Dazu muss man noch wissen, dass die Alliierten, insbesondere die Amis und Tommys, schon sehr früh Hilfsmaßnahmen für überlebende Juden und andere rassistisch, politisch und religiös Verfolgte einleiteten. 1947 folgte das Militärregierungsgesetz Nr. 59. Worin unter anderem genau die Restitutionsansprüche in den Besatzungszonen geregelt wurden. Nur die Sowjets haben diese Vorgaben wohl nicht sonderlich interessiert, sie handhabten vieles gänzlich anders.«
    Henry hob seine Hand und ermahnte schmunzelnd:
     
     
    »Danke Hans-Jürgen, ich störe deinen kleinen Geschichtsunterricht nur ungern, aber um Mitternacht schließen sie dieses Lokal. Also bleibe bitte bei Otto Rüter und dem Oberst.« »Sorry, du hast ja recht. Bleiben wir bei der Ironie des Schicksals oder dem langen Arm der Gerechtigkeit. Ich denke, er hat sich seine Zukunft etwas anders - glamouröser ausgemalt.
    Dazu kam es schon aus dem Grund nicht, weil im Oktober 1949 die „Deutsche Demokratische Republik“ entstand.
    Die Teilung Deutschlands war vollzogen, der Sozialismus setzte ihm meines Erachtens zu. Er trat auch die Jahre danach nicht in die SED ein. Seine alten Ideologien verboten wohl

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