ANGRIFF - Fantastischer Thriller (German Edition)
dann bewegte er ihn auf und ab wie eine nickende Marionette. Loms Augen bewegten sich nicht im Kopf, sie blickten weiter starr geradeaus, egal, wohin der Kopf gerade zeigte.
»Wir nennen das das Puppenaugenphänomen. Es bedeutet, dass das Gehirn tief in der Bredouille steckt. Es gibt da keine höheren Hirnfunktionen mehr – wahrscheinlich ist auch das Stammhirn geschädigt. Geistig ist er ein Totalausfall.«
Renny kannte die Antwort bereits, aber er musste das fragen: »Und das lässt sich nicht simulieren?«
»Keine Chance.«
»Was ist mit Drogen? Was zeigen die Blutuntersuchungen?«
Stein blickte zur Seite. »Wir haben keine gemacht.«
»Soll das heißen, Sie wollen mir erzählen, dass Sie hier einen Kerl haben, den Sie als hirntot bezeichnen und Sie haben noch nicht einmal überprüft, ob er nicht voller H oder Koks oder Meth steckt?«
»Wir haben kein Blut aus ihm herausholen können«, sagte Stein und vermied immer noch seinen Blick.
Eine Hand mit eisigen Fingern strich langsam über Rennys Rückgrat.
»Ach du Scheiße. Nicht noch einer.«
»Sie wissen von dem Jungen?« Stein sah ihn jetzt an. »Ich schätze, jeder im Krankenhaus hat mittlerweile von ihm gehört. Was zum Teufel geht hier vor, Sergeant? Jemand bringt hier einen blutleeren verstümmelten Jungen herein, der nicht anästhesiert werden kann, und ihr Bullen schleppt diesen … diesen Zombie an, ohne Puls, ohne Blutdruck, ohne Herzschlag, und trotzdem sitzt er, steht er, und geht er. Ich konnte kein Blut irgendwo in ihm finden – ich habe es sogar mit seiner Oberschenkelarterie versucht, oder zumindest mit der Stelle, wo die Oberschenkelarterie sein sollte. Wir haben einen Katheter an seine Blase angelegt, aber auch da nur Wüste. Das ist einfach gruselig!«
»Vielleicht hat er einen Hirnschaden«, sagte Renny und schüttelte das unangenehme Gefühl ab. Er hatte für diese Nacht genug von diesem Stoff aus der Twilight Zone . »Können Sie seinen Kopf nicht röntgen oder so was?«
Steins Laune hob sich.
»Wir können sogar noch mehr. Wir können ein Kernspin machen – und zwar sofort.«
Renny blieb bei dem leblosen, starren Lom zurück, während Stein loslief, um das Kernspin oder wie das hieß vorzubereiten.
»Du legst mich nicht rein, Kumpel«, flüsterte er und beugte sich über ihn. »Ich werde dir dein Spielchen versalzen und dafür sorgen, dass du für das bezahlst, was du dem Jungen angetan hast.«
Renny sprang beinahe zurück, als Loms Mund sich zu einem zähnebleckenden Grinsen verzerrte.
8.
Renny war immer noch aufgewühlt, während er jetzt vor dem MRT-Labor saß. Loms Grinsen hatte nur einen Augenblick angehalten, bevor seine Gesichtsmuskeln wieder so schlaff wurden, wie sie es schon den ganzen Abend waren, aber das hatte ausgereicht, um Renny davon zu überzeugen, dass er es hier mit einem genialen Verstellungskünstler zu tun hatte.
Was einfach toll war. Als wäre der Fall nicht so schon verwirrend genug, jetzt hatte er auch noch so eine Art Houdini-Trance- Künstler als Hauptverdächtigen.
Stein kam den Korridor entlang und ließ sich auf den Stuhl neben ihn fallen. Er hatte einige Röntgenaufnahmen bei sich. Er wirkte, als wäre ihm nicht gut, aber er zwang sich zu einem Lächeln.
»Halten Sie Wache?«
»Kann man so sagen.«
Renny hatte hier Stellung bezogen, als Lom in den Raum geschoben wurde, und er würde hier sitzen, bis er wieder herausgeschoben wurde. Es gab nur einen Weg in die Magnetresonanzabteilung hinein oder hinaus und der führte hier vorbei. Er war hier, um persönlich darauf zu achten, dass Lom nicht irgendeinen Trick abzog – so wie ein plötzliches Verschwinden. Renny wäre auch mit hineingegangen und hätte sich direkt neben das MRT gesetzt, aber die hatten von ihm verlangt, dass er vorher alles ablegte, was Eisen enthielt. Das hatte irgendwas mit einem Magnetfeld zu tun, das davon abgelenkt wurde oder so. Damit hätte er seine Pistole und die Dienstmarke vor der Tür lassen müssen. Die hatten ihm sogar gesagt, er müsse seine Brieftasche draußen lassen, weil das MRT die Magnetstreifen der Kreditkarten beschädigen würde.
Für Renny klang das nach Star Trek, aber er würde sich ganz bestimmt nicht in Loms Nähe aufhalten, wenn er nicht voll bewaffnet war. Also hatte er vor der Tür Stellung bezogen.
»Ich garantiere Ihnen, Sergeant, Mr. Lom wird ganz bestimmt keinen Spaziergang unternehmen. Nirgendwohin.«
»Und ich garantiere Ihnen, dass er mich angegrinst hat. Er hält Sie zum Narren,
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