Angst
Kopfwunde ist so weit okay. Da es Wochenende ist, werden uns die Ergebnisse der toxikologischen Tests erst am Montag vorliegen.«
Dix stellte Dr. Crocker noch ein paar weitere Fragen, dann machte er sich auf die Suche nach Zimmer 214. Es war ein Zweibettzimmer, doch die Frau war allein darin untergebracht, saß aufrecht im Bett und sah sich im Fernsehen Zeichentrickfilme an, den Ton fast ganz heruntergedreht. Lediglich ein großes Pflaster, das über ihrer Schläfe klebte, zeugte von ihrer Verletzung. Sie saß völlig reglos da.
Als sie Dix sah, fragte sie: »Klinge ich wie eine Europäerin? Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich eine ganze Menge über europäische Geschichte weiß. Könnte ich aus Europa kommen?«
»Nein, Sie sind eine waschechte Amerikanerin. Ich würde sagen, Sie stammen aus Washington, Maryland, oder irgendwo dort aus der Gegend.«
»Vielleicht bin ich Geschichtslehrerin.«
»Könnte sein. Mir kommt es so vor, als würden Ihre Erinnerungen nicht mehr lange auf sich warten lassen. Sie sollten es jedoch langsam angehen, okay? Ruhen Sie sich aus. Wie geht es Ihrem Kopf?«
»Tut weh, aber ich komme damit klar.«
Es war seltsam, aber er hatte den Eindruck, als käme sie mit so ziemlich allem klar. Er holte eine kleine schwarze Plastikbox aus seiner Jackentasche, öffnete sie und brei-tete die darin enthaltenen Utensilien auf dem Nachttisch aus.
Nachdem sie ihm einen Moment zugesehen hatte, wollte sie wissen: »Sie werden also jetzt meine Fingerabdrücke abnehmen?«
»Ja. Das hier ist mein tragbares Set. Sie sind noch nicht in der Lage, zum Revier zu kommen, um es dort machen zu lassen. Es könnte sein, dass Sie einen Job haben, bei dem man Ihre Fingerabdrücke abgenommen hat.«
»Könnte ich im NCIC gespeichert sein?« Bei diesen Worten erstarrte sie augenblicklich.
»NCIC ... Sie wissen, was das ist?«
Er sah, dass sie sich wirklich anstrengte, und hob die Hand. »Nein, lassen Sie’s. Ich sende Ihre Fingerabdrücke zum IAFIS. Das ist das Integrated Automated Fingerprint Identification System. Wenn Sie eine der vierzig Millionen Personen in dieser Datenbank sind, werden wir das innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden wissen.«
»Ich habe Ihren Namen vergessen.«
»Dixon Noble. Ich bin der Sheriff von Maestro.«
»Maestro. Welch seltsamer Name, hübsch, aber seltsam.«
»Immer noch besser als Tulip in Montana.«
Sie lächelte, doch es war ein besonderes Lächeln - in ihren Augen war so etwas wie Qual zu lesen. Er kannte diesen Blick, kannte ihn so gut wie seinen eigenen Namen. Und er konnte deutlich spüren, wie sie die aufkommende Panik zu unterdrücken versuchte. »Möchten Sie eine Schmerztablette?«
»Nein, es tut nicht weh. Ich habe vorhin zufällig mitangehört, wie die Krankenschwestern über mich sprachen. Sie fragen sich, was die Ärzte wohl mit mir Vorha ben.«
»Das ist kein Problem«, erwiderte Dix. »Ich nehme Sie mit zu mir nach Hause.«
Das Krankenhaus bestand darauf, dass sie in einem Rollstuhl zur Eingangstür geschoben wurde. Sobald sie angeschnallt in Dix’ Range Rover saß, wandte sie den Kopf und beobachtete den Sheriff, während er vom Parkplatz auf die Schnellstraße fuhr. Dann schaute sie aus dem Fenster und betrachtete den glitzernden Schnee, der von der strahlenden Morgensonne beschienen wurde. »Es ist wunderschön, und es kommt mir unglaublich bekannt vor. Also stamme ich wahrscheinlich nicht aus Arizona.«
»Das ist interessant. Etwas tief in Ihnen fühlt sich diesem scheußlichen Wetter verbunden.«
»Ja, das klingt tatsächlich irgendwie traurig.«
»Meine Jungs sind zu der Stelle im Wald gegangen, wo ich Sie gefunden habe. Dort war allerdings nichts. Für diesen Nachmittag ist Neuschnee angekündigt, aber es sieht so aus, als lägen die Typen vom Wetter mal wieder falsch. Emory wird später zu uns kommen, um ein paar Fotos von Ihnen zu machen. Wir werden sie dann überall in der Gegend herumzeigen. Jemand muss Sie doch gesehen haben und wird sich an Sie erinnern.«
»Ich wohne nicht hier in der Nähe, das weiß ich mit Bestimmtheit. Das bedeutet, dass ich mir irgendwo ein Zimmer genommen haben muss. Ich mag Ihren Range Rover«, fügte sie hinzu, was ihn überraschte. »Sie sind wirklich gut für Geländefahrten. Allerdings wird mir übel, wenn ich als Beifahrerin darin sitze und die Strecke zu holperig wird.«
»Was für ein Auto fahren Sie?«
»Einen BMW - oh, das war clever von Ihnen -, aber ich bin mir leider nicht wirklich sicher.
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