Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Angst auf der Autobahn

Angst auf der Autobahn

Titel: Angst auf der Autobahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
entschieden,
das Päckchen im Glocknerschen Keller zu öffnen: dort konnte eine eventuelle
Höllenmaschine nicht viel Schaden anrichten.
    Der Kellerraum hatte dicke
Wände und eine Tür aus schweren Bohlen. Hier standen Koffer, ein alter
Kleiderschrank voller ausrangierter Textilien, die demnächst in eine
Kleidersammlung gegeben werden sollten, mehrere Regale mit
Heimwerker-Instrumenten, Konserven und Weinflaschen.
    Außerdem waren hier die beiden
Tourenräder von Emil und Margot Glockner und die Wintersport-Ausrüstung für die
ganze Familie: für Abfahrts- und Langlauf.
    „Liegt dir etwas besonders am
Herzen?“ fragte Tim seine Freundin. „Dann räumen wir’s auf den Gang.“
    Gaby zögerte, hob dann die
Schultern, pustete gegen ihren Pony, fröstelte und legte für zwei Sekunden den
Kopf an seine Schulter.
    „Eigentlich alles“, sagte sie
in sein Sweatshirt. „Aber nicht sehr. Den alten Teddy dort hinten, den nehmen
wir raus. Den habe ich bekommen, als ich zwei war. Er brummt noch.“
    Sie nahm ihn an sich. Dem
Kinderzimmer-Grizzly fehlte ein halbes Ohr, aber er war eine liebgewordene
Erinnerung.
    Tim legte das Päckchen auf
einen kleinen Tisch und rückte ihn in die Nähe der Tür.
    Zwei Langlaufstöcke mußten als
Werkzeug dienen.
    Alle versammelten sich draußen:
TKKG und der Teddy, den Gaby im Arm hielt.
    Tim schloß die Tür bis auf
einen Spalt. Durch den Spalt hantierte er mit den Stöcken, deren Stahlspitzen
sich als nützlich erwiesen.
    Für seine Freunde, die hinter
ihm standen, erklärte er sein Tun.
    „Es geht... geht besser, als
ich dachte. Mit einem drücke ich das Päckchen auf die Tischplatte... mit dem
andern schlitze ich das Papier auf... aha! ein flacher Karton. Mit ‘nem bunten
Band drumherum... mit Schleife... geschenkmäßig... teuflisch! teuflisch!... So
eine Tücke kann sich nur dieser Psycho ausdenken.“
    „Vielleicht ist es gar nichts
Schlimmes“, sagte Klößchen.
    „Sondern?“
    Tim fummelte mit den
Stockspitzen am Karton herum.
    „Ein echtes Geschenk.“
    „Und von wem?“ fragte Gaby.
    Klößchen grinste. „Du hast doch
mehr Verehrer als Oskar Flöhe.“
    „Oskar hat keine Flöhe“,
zischte Gaby.
    „Aber du hast massenhaft
Verehrer. Wenn die nicht so Schiß hätten vor Tim, könntest du dich nicht
retten.“
    „Was macht dein Bauch?“ fragte
Gaby. „Ist dir denn gar nicht mehr übel?“
    „Himmel, das habe ich ganz
vergessen. War die Schokocreme also doch super.“
    Tim hatte das bunte Zierband
zerfetzt und hob jetzt den Deckel ab.
    „Ich hebe den Deckel ab“,
erklärte er und zog den Kopf hinter die Tür zurück.
    Nichts passierte.
    Er äugte abermals.
    Der Deckel lag neben dem
Karton.
    „Nun?“ fragte Klößchen.
„Krabbelt wenigstens eine Giftspinne raus? Eine Tarantella — oder wie das
heißt? Eine lustige Witwe? Oder eine Odonata?“
    „Es heißt Tarantel“,
verbesserte ihn Karl. „Schwarze Witwe. Und eine Odonata ist eine Libelle.“
    „Meinetwegen“, erwiderte
Klößchen. „Hauptsache, mir ist nicht mehr übel.“
    Tim hatte den kleinen, flachen
Karton etwas näher gezogen, so daß er reinsehen konnte.
    „Ein Flakon liegt drin“,
erklärte er. „Bräunliches Glas mit eingeschliffenem Stöpsel. Sieht aus wie ein
Parfum-Flakon.“
    Der TKKG-Häuptling rüttelte
kräftig an diesem mysteriösen Geschenk. Aber auch jetzt passierte nichts.
    Er trat in den Kellerraum und
nahm den Flakon. Ein goldenes Etikett verriet, daß es sich um Eau de Parfüme
handelte — mit dem schönen Namen: Soir d’amour. Von der weltbekannten
Duftwasser- und Pflegecreme-Firma Rubichau.
    „Na, also!“ sagte Klößchen.
„Ist doch ein richtiges Geschenk. Von einem scheuen Verehrer. Er muß scheu
sein, denn er hat keinen Brief beigelegt. Und keine Visitenkarte.“
    „Teuflisch! Teuflisch!“
murmelte Tim.
    „Was?“
    „Wenn das ein Duftwässerchen
ist, Willi, dann bin ich der Anwärter auf den Zarenthron — sobald Rußland
wieder monarchisch wird und man sich dort nicht mehr gegenseitig abmurkst.“
    Er zog vorsichtig den
Glasstöpsel aus dem Flakon und schüttete von dem Inhalt — einer farblosen
Flüssigkeit — ein paar Tropfen auf den Karton.
    ...zzzzzzzzziiiiiischschschschsch...
    Weiße Schwaden stiegen auf.
Beißender Geruch wallte in die Nasen. Und die wenigen Tropfen fraßen fransige
Löcher in den Karton.
    Gaby war entsetzt
zurückgeprallt.
    Tim beeilte sich, den Flakon zu
verschließen.
    In der folgenden Stille sahen
alle sich an. Jeder war erschrocken.

Weitere Kostenlose Bücher