Angst im Paradies
aufsprang. Fatou schob den Riegel beiseite und vorsichtig öffneten wir die Tür.
Im Inneren war es dämmrig, da es nur drei winzige Fenster gab, durch die man nicht einmal den Kopf stecken konnte. Es roch muffig und nach menschlichen Exkrementen. Nachdem sich meine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, sah ich, dass in einer Ecke ein Loch im Boden war, das als Toilette diente. Daher kam der Geruch. Zwei Waschbottiche standen in einer anderen Ecke und mehrere Eimer mit Wasser. Ein mit einem Vorhang verdeckter Schrank, ein Hocker, ein winziges Tischchen mit einer Öllampe und eine Matratze rundeten die karge Einrichtung der Hütte ab. Binta lag auf der Matratze, den Kopf auf den rechten Arm gelegt und die Beine angewinkelt, wie ein Baby im Mutterleib. Sie schreckte hoch, als wir eintraten.
„Fatou!“, rief sie erstaunt aus und sie erhob sich mühsam von der Matratze.
Fatou war zu ihr geeilt und umarmte die dünne und stark gealterte Freundin. Beide schluchzten heftig und ich kam mir etwas verloren vor, wie das berühmte fünfte Rad am Wagen.
Nach einer Weile, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, löste Fatou sich von Binta und stellte mich vor.
„Binta, das ist Julia. Sie ist Modous neue Frau.“
Binta schaute mich lange an und ich fühlte mich unbehaglich. Was hatte ich erwartet? Dass die Frau froh wäre, die neue Frau ihres Mannes kennenzulernen? Doch dann streckte Binta die Arme aus und ergriff mein Gesicht zwischen ihren Händen.
„Er hat dich noch nicht geschlagen?“
„Doch. – Ein Mal!&ldh orhang vquo;
„Er hat sie einfach hier abgeladen, als sie schwanger war, und ist seitdem nur ein paar Mal kurz aufgetaucht“, informierte Fatou.
Binta nickte.
„Gut! Das ist das Beste! Wenn er nicht da ist. Glaube mir, er kann dir mehr wehtun, als du dir vorstellen kannst und es bereitet ihm Vergnügen.“
„Warum hat er dich hier eingesperrt?“, wollte ich wissen.
Binta lachte freudlos.
„Weil ich etwas weiß, was ich nicht wissen dürfte.“ Binta deutete auf den einzigen Hocker, der in dem Raum war. „Setz dich!“
Ich setzte mich und Binta und Fatou machten es sich auf der schmutzigen Matratze bequem.
„Modou hat mit Filijee geschlafen und ihr ein Kind gemacht. Kebba ist sein Sohn!“
Ich erbleichte.
„Aber Filijee ist seine Schwester!“
„Eben deswegen ist es ja so schlimm. Niemand außer Modou, Filijee, Modous Vater und mir wissen davon und Modou hat dafür gesorgt, dass es so bleibt.“
„Aber warum hat er dich nicht einfach ...“, ich unterbrach den Satz, unsicher, ob ich die Frage zu Ende formulieren sollte.
„Mich umgebracht? – Nun, keine Ahnung. Vielleicht schreckt er aus Angst vor der Strafe vor Mord zurück. Seine Frau einzusperren ist nicht wirklich ein Verbrechen, eher ein kleines Vergehen. Dafür wird er nicht ins Gefängnis müssen.“
„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll“, meinte Fatou, die von der ganzen Sache auch nichts gewusst hatte. „Wir müssen dich hier irgendwie raus holen.“
Binta schüttelte den Kopf.
„Nein, das ist viel zu gefährlich für euch. Ich komme klar. Wenn ihr mir ab und zu einen kleinen Besuch abstattet, würde ich mich schon sehr freuen. Und vielleicht könntet ihr mir mal ein paar Pencha mitbringen. Sona bringt mir nie etwas Süßes.“
„Wir bringen dir so viel Süßes, dass es dir zu den Ohren wieder rauskommt“, sagte ich und Binta lächelte.
Wenn sie lächelte, konnte man sehen, dass sie einmal sehr schön gewesen sein musste, doch nun war sie vorzeitig gealtert und sah abgemagert und ungepflegt aus. Ihre Haut war mit Ausschlag übersät und ihre Brust war flach, wie bei einem Knaben.
„Geht jetzt lieber, bevor auffällt, dass ihr hier wart. Manchmal kommt Modous Vater hier her, wenn er euch sieht, gibt das eine Menge Ärger.“
„Was macht Modous Vater hier?“
„Er tut, was er schon immer gern getan hätte, aber erst jetzt unbemerkt tun kann“, sagte Binta bitter.
„Du meinst, er vergewaltigt dich?“, fragte ich entsetzt darüber, wie viel Binta erdulden musste.
Binta nickte und spuckte auf die Erde.
„Dieser Sohn einer Hure ist fast genauso pervers, wie sein Sohn.“
Ich war von dem, was ich gehört hatte so geschockt, dass ich gar nicht wusste, was ich darauf erwidern sollte. Fatou nahm Binta in den Arm und wiegte sie wie ein kleines Kind.
„Wir müssen uns etwas überlegen. Es muss einen Weg geben, diesen Wahnsinn zu stoppen!“, sagte Fatou wütend.
Ich nickte. Genau so empfand ich auch. Es
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