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Angst in deinen Augen

Angst in deinen Augen

Titel: Angst in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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geht als mir.“ Er schaute auf die Straße. „Ich kann warten.“
    Victor Spectre stand im schützenden Dunkel auf der anderen Straßenseite und fluchte lautlos in sich hinein. Sowohl Richter Stanley Dalton wie auch Norm Liddell waren noch am Leben. Spectre sah den jungen Staatsanwalt an den Laternenpfosten gelehnt dasitzen und sich den Kopf halten. Die blonde Frau neben ihm musste seine Frau sein. Sie waren von Dutzenden anderen verletzten Theaterbesuchern umringt. Spectre konnte nicht einfach über die Straße gehen, um ihn unschädlich zu machen. Sam Navarro stand nur ein paar Meter von Liddell entfernt, und er war mit Sicherheit bewaffnet.
    Noch eine Demütigung. Das würde seinen Ruf ruinieren, ganz zu schweigen von seinem Bankkonto. Der Schneemann hatte ihm vierhunderttausend Dollar für den Tod von Liddell und Dalton versprochen. Spectre hatte eine elegante Lösung vorgeschwebt: sie beide auf einen Schlag auszuschalten. Bei so vielen anderen Opfern wäre nie klar gewesen, wer oder was das eigentliche Ziel des Anschlags war.
    Aber diejenigen, um die es ging, waren noch am Leben, und das bedeutete, dass die Bezahlung ausbleiben würde.
    Er fing an, bei diesem Job Kopf und Kragen zu riskieren, vor allem mit Navarro dicht auf den Fersen. Dank Navarro würde Spectre den Job sausen lassen und sich von dem Gedanken an vierhunderttausend Dollar verabschieden müssen.
    Sein Blick erfasste eine andere Gestalt in der Menge. Es war diese Krankenschwester, Nina Cormier, die gerade einen der Verletzten verarztete. Dieses Fiasko war auch ihre Schuld; daran konnte es keinen Zweifel geben. Die Türsteheruniform war zweifellos der entscheidende Hinweis gewesen.
    Sie war ein anderes Detail, um das er sich nicht ausreichend gekümmert hatte, und dies hier war jetzt das Ergebnis. Kein Treffer, kein Geld. Erschwerend hinzu kam noch, dass sie ihn identifizieren konnte. Obwohl dieses Phantombild hoffnungslos ungenau war, hatte Spectre den unangenehmen Verdacht, dass sie ihn wiedererkennen würde. Das machte sie zu einer Gefahr, die er nicht länger ignorieren konnte. Er würde sich etwas einfallen lassen müssen. Und zwar schnell.
    „Klare Sache“, erklärte Gillis. „Dynamit.“
    „Scheint so, als hätte der Anschlag den Leuten in der dritten Reihe gegolten“, sagte Sam. „Ich frage mich nur, wer hier wohl saß und das Opfer werden sollte.“
    „Wir werden es herausfinden.“
    „Der Suchtrupp kann jetzt reinkommen.“ Sam, der vor dem Loch, das die Bombe in den Boden gerissen hatte, gekniet hatte, stand auf, und plötzlich wurde ihm schwummrig. Die Nachwirkungen der Explosion. Er musste dringend an die frische Luft.
    „Bist du okay?“, fragte Gillis.
    „Ja. Ich muss nur kurz mal hier raus.“ Er stolperte den Gang hinauf durch die Eingangstüren nach draußen. Dort lehnte er sich gegen einen Laternenpfosten und sog gierig die frische klare Nachtluft in die Lungen. Sein Schwindel legte sich, und er schaute auf die Straße. Er sah, dass die Menschenmenge kleiner geworden war und dass die Verletzten alle abtransportiert waren. Auf der Straße parkte nur noch ein Rettungswagen.
    Wo war Nina?
    Dieser Gedanke bewirkte, dass sein Kopf schlagartig klar wurde. Er suchte die Straße mit Blicken ab, aber er konnte sie nirgends entdecken. Wo steckte sie?
    Ein junger Polizist, der die Absperrung bewachte, schaute auf, als Sam herankam. „Ja, Sir?“
    „Da war eine Frau – eine Krankenschwester in Straßenkleidung –, die hier Erste Hilfe geleistet hat. Wohin ist sie gegangen?“
    „Sie meinen diese dunkelhaarige Lady? Die hübsche?“
    „Ja, genau die.“
    „Sie ist vor ungefähr zwanzig Minuten mit einem der Rettungswagen weggefahren.“
    „Danke.“ Sam wählte auf seinem Handy die Nummer des Krankenhauses. Er durfte kein Risiko eingehen; er musste sich davon überzeugen, dass sie in Sicherheit war.
    Die Leitung war besetzt.
    Frustriert sprang er in sein Auto und brüllte Gillis, der eben herankam, zu: „Ich fahre ins Krankenhaus. Bin gleich zurück.“
    Eine Viertelstunde später rannte er durch die Notaufnahme und steckte den Kopf in jede der Behandlungskabinen, die den Flur rechts und links säumten. Er sah entsetzte Gesichter, blutbefleckte Kleidung. Aber keine Nina.
    Auf dem Rückweg blieb er vor einer geschlossenen Tür stehen, die er auf dem Hinweg bewusst ausgelassen hatte. Es war der Raum, in dem Schwerverletzte versorgt wurden. Hinter der Tür hörte man Stimmen, das Klappern von Schranktüren. Er wusste, dass

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