Angst ist dein Tod - Ephron, H: Angst ist dein Tod - Come and Find Me
roter Cowboystiefel gestolpert, das in der Diele stand, als sie in das perfekt gestylte Wohnzimmer stürmte, vorbei an dem prall gepolsterten Sofa mit dem pink-grünen Chintzbezug, den Stühlen und einem Glastisch mit dem Stapel Post darauf, dem Essbereich mit seinem Tellerregal mit feinstem Wedgwood- und Royal-Doulton-Porzellan, bis zu der Kochnische, von der Diana wusste, dass Ashley sie außer zum Aufwärmen von Resten nur selten nutzte.
Sie beendete ihren Rundgang in der Diele und bückte sich nach den Cowboystiefeln. Auf einem befanden sich weißliche Flecken. Möglicherweise Überreste von dem Drink, mit dem Ashley sich in der Bar bekleckert hatte.
»Ashley hatte diese Stiefel an, als sie am Freitag zum Copley Square ging.« Sie stellte sie auf dem Couchtisch ab und durchsuchte den Poststapel. Bankauszüge, eine Kreditkartenabrechnung. Ein großer Umschlag von Staywell Bodyscan mit der Aufschrift »Vielen Dank für Ihr Interesse«. Und Flyer einer örtlichen Pizzeria und eines Chinarestaurants.
»Wie es scheint, ist sie wieder zurück«, sagte Diana. »Aber ich verstehe nicht …« Sie musste schlucken, ihre Stimme stockte. Wie rücksichtslos, es war so typisch rücksichtslos von ihrer Schwester. Sie war zurückgekommen, hatte Zeit genug, sich andere Schuhe anzuziehen und ihre Post zu holen. Aber wo war sie jetzt?
»Wollen Sie nicht sicherheitshalber in der ganzen Wohnung nachsehen?« Gruder deutete mit dem Kopf zum Flur, von dem die Türen zum Schlafzimmer und zum Bad abgingen, die beide geschlossen waren. »Oder soll ich das machen?«
Diana richtete sich auf. Sie ging an Gruder vorbei auf die geschlossene Badezimmertür zu und klopfte an. »Ashley! Bist du da drin?« Sie erwartete keine Antwort. Sie bekam auch keine. Sie klopfte noch einmal und stieß dann die Tür einen Spalt weit auf.
Im Bad war kaum Platz, um sich umzudrehen, und die kleinste Badewanne der Welt. Aus einem Spiegel über dem Waschbecken sah sie in ihr eigenes Gesicht.
Seit Monaten hatte sie ihr Spiegelbild nicht mehr gesehen. Die Haut war blass, und das Haar – du lieber Himmel, ihr Haar –, sie fasste es an. Formlose Locken reichten ihr fast bis zur Schulter und umgaben ihr Gesicht wie ein Wischmopp. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. Sie hatte schon immer dunkle Schatten um die Augen gehabt, aber jetzt waren da nur noch schwarze Höhlen.
Diana ließ warmes Wasser ins Becken laufen und benetzte ihr Gesicht. An der Wand im Bad über dem Handtuch hing der Hypochonder-Kalender – ein Weihnachtsgeschenk, das sie ihrer Schwester gemacht hatte. Für den heutigen Tag empfahl er »Halsschmerzen« und für morgen »O-Beine«.
Diana öffnete den Medikamentenschrank. Eine ganze Phalanx an Vitaminpräparaten, Mineralien und pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln stand darin aufgereiht, alles alphabetisch sortiert. Vitamine A bis E, Biloba-Tabletten, Folsäure, Ginkgo- und Eisenpräparate …
»Irgendetwas Auffälliges?«, fragte Gruder.
»Ohne ihre Tabletten und Nahrungsergänzungsmittel hätte sie niemals länger die Wohnung verlassen«, sagte Diana und schloss den Medikamentenschrank.
Dann sah sie sich im Schlafzimmer um, das sie betreten hatte, ohne zu klopfen. Ashleys französisches Bett mit der weißen Daunendecke und einem Stapel spitzenbesetzter Kissen war sorgfältig gemacht. Eine Wand wurde ausgefüllt von einem offenen Kleiderschrank mit durchsichtigen Schubladen aus Acrylglas, in denen sich, ordentlich gefaltet, die Wäsche befand. Die Tür zu dem kleinen Ankleidezimmer stand offen. Diana ging hinein.
Auf dem Boden lag ein kleiner Haufen mit ein paar Kleidern. Diana hob ein zerknautschtes T-Shirt auf und schüttelte es aus. Auf der Brust prangte der zersplitterte Schriftzug HACKER . Diana vergrub den Kopf in dem Stoff und atmete tief ein. Es roch nach einer Mischung aus ladenneuer Ware und einem Hauch von Ashleys Lakritz.
Als sie aufsah, bemerkte sie Gruder, der in der Tür stand und sie beobachtete. Ihre Blicke trafen sich. »Das und die roten Cowboystiefel hatte sie an. Sie hatte sich die Sachen von mir am Freitag geborgt.«
Gruder ließ den Blick über die Stangen an den drei Innenwänden des Ankleideraums schweifen, in dem Ashleys Kleider säuberlich nach Farbe und Jahreszeit sortiert hingen.
»Meine Sachen wirft sie achtlos auf den Boden«, sagte Diana. »Ihre eigenen werden säuberlich aufgehängt.«
»Sie ist also zu Hause gewesen, hat sich umgezogen und ist wieder gegangen?«
»Sieht so aus.«
Diana trug
Weitere Kostenlose Bücher