Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid

Titel: Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kilborn
Vom Netzwerk:
heraus.
    »Wie gesagt: beherzte Burschen.«
    Streng ballte eine Faust und rückte näher an seinen Bruder heran. Wiley wich keinen Millimeter zurück.
    »Ganz locker, Ace. Ich weiß, dass zwischen uns das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Aber bringen wir uns doch erst mal aus der Schusslinie.«
    Streng nickte mühsam.
    »Tritt einfach in meine Fußstapfen«, meinte Wiley. »Ich habe das ganze Gelände mit Überraschungen versehen.«
    Streng lief hinter Wiley her durch den Wald und achtete penibel darauf, exakt der Spur seines Bruders zu folgen. Nach ungefähr zwanzig Metern hielt sein Bruder vor dem Kadaver
eines Hirsches an. Er drehte einen Huf, und eine Falltür öffnete sich im Boden.
    »Es ist sehr steil hier. Warte fünf Sekunden, bis ich unten bin.«
    Wiley setzte sich auf den Hosenboden und rutschte eine dunkle Rampe hinunter. Streng zählte bis fünf und tat es ihm dann nach. Er war schon einmal hier unten gewesen, und er bereitete sich bereits oben auf den plötzlichen Stopp vor. Aber es half nicht. Er knallte nichtsdestotrotz gegen eine Mauer, seine Knie schlugen gegen seine Brust, und seine Schienbeine taten auf der Stelle höllisch weh.
    Über ihnen ertönte ein mechanisches Geräusch, gefolgt von einem Klicken. Die Luke hatte sich wieder geschlossen. Schwarzlichter gingen über ihren Köpfen an und erhellten einen Raum mit Betonboden in der Größe einer Garage. An der hinteren Wand standen vor einer Stecktafel, an der Hunderte von Werkzeugen hingen, zwei Motorräder und ein Motorschlitten. In der Ecke befand sich eine Tanksäule, ihr gegenüber ein Generator mit einem Auspuff, der sich in die Decke schlängelte. Wiley trat zum Generator und schaltete ihn an. Er lief überraschend leise.
    »Der Hirsch ist neu«, meinte Streng.
    »Etwa zehn Jahre alt. Ich konnte nie den Eingang finden. So ist es viel einfacher.«
    Wiley entledigte sich seines Ghillie-Anzugs und hängte ihn an einen Haken. Unter dem Anzug trug er Jeans und ein schwarzes Flanellhemd.
    »Was passiert, wenn jemand des Öfteren vorbeikommt, es bemerkt und sich wundert, warum der Hirsch nicht verwest?«
    »Ich tausche das Tier monatlich aus. Bär, Dachs, Hund, Kojote. Es gibt einen Tierpräparator in Montreal, der sich an mir dumm und dusselig verdient.«

    Wiley trat zu der einzigen Tür im Raum, öffnete sie und ging hindurch. Streng folgte ihm. Hier gab es kein Schwarzlicht, sondern Neonröhren. Die Wände waren matt weiß gestrichen und der Boden mit weißem Laminat ausgelegt, aber dessen Farbton passte nicht so ganz zu den Wänden. Vom Gang gingen vier Türen ab, und Streng erinnerte sich an eine Küche, eine Vorratskammer, ein Badezimmer und ein Lager. Die letzte Tür führte zum Großen Saal, wie Wiley ihn nannte.
    Es war ein passender Name. Kreisrund und groß genug für drei nebeneinander parkende Busse. Flutlichter säumten die vier Meter fünfzig hohe Decke. Eine zugestellte Ledercouch und zwei Sessel standen vor einem riesigen Plasmafernseher, während sich an den Wänden Regale voller Bücher, Platten, Kassetten, CDs, VHS- und Beta-Videokassetten sowie DVDs befanden. Ein gewaltiger Schreibtisch mit einem großen Flachbildschirm stand genau in der Mitte des Raums.
    Wiley hatte sich zahlreiche neue Spielzeuge zugelegt, seitdem Streng ihn das letzte Mal besucht hatte. Aber das war auch bereits gute dreißig Jahre her. Er hatte ihn aufgesucht, als er von einem der Arbeiter, die dieses Versteck hier bauten, erfahren hatte, dass sein Bruder zurück in die Gegend gezogen war. Wiley hatte ihn hereingelassen. Streng konnte sich noch gut an ihre kurze Unterhaltung erinnern.
    »Mom geht es schlecht. Du solltest sie besuchen.«
    »Geht nicht.«
    »Geht nicht, oder willst du nicht?«
    »Macht das einen Unterschied? Ich gehe nicht.«
    »Das alles ist doch Vergangenheit. Unsere Eltern wollen uns sehen.«
    »Ich gehe nicht. Und du wirst ihnen nicht erzählen, dass ich wieder hier bin.«
    »Sonst?«

    Dann gerieten sie sich in die Haare. Streng verließ seinen Bruder mit einer gebrochenen Nase und schwor sich, nie wieder zurückzukehren.
    »Ich habe das Internet angezapft. Warte … Das war sechsundneunzig.« Wiley sah, wie sein Bruder auf den Plasmafernseher starrte. »Kurz, nachdem ich mir Kabelfernsehen besorgt hatte.«
    Streng betrachtete Wiley genauer und war von seinem Gesicht geradezu geschockt. Das letzte Mal hatte er braune Koteletten, einen Pferdeschwanz und Schultern wie ein Schrank gehabt. Jetzt hatte er eine Glatze, die von

Weitere Kostenlose Bücher