Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
meinte er: »Und die von Woof natürlich auch.«
Josh drängte die beiden sanft zum Auto. Doch Fran hielt noch einmal inne und drehte sich um.
»Sheriff, wissen Sie, was mit dem Bürgermeister passiert ist?«
Streng schüttelte den Kopf.
»Ich habe ihn im Tanklaster gesehen. Er war splitterfasernackt und gefesselt.«
»War er am Leben?«
»Ja.«
»Haben Sie gesehen, wer am Steuer saß?«
»Nein. Zuerst dachte ich, dass es Josh sein muss, aber offensichtlich …« Sie verstummte.
»Ab ins Krankenhaus mit Ihnen«, befahl Streng. »Ich werde Sie später anrufen.«
Sie haben also auch den Bürgermeister, dachte Streng. Was hatte er mit Wiley zu tun?
Er hatte keine Ahnung, wollte aber nichts unversucht lassen, es herauszufinden. Sobald dieser Bernie sicher in der Zelle saß, würde er mit seinem Bruder Warren ein ausgiebiges Gespräch führen.
Aber zuerst brauchte er seine Pistole.
Es war nie eine gute Idee, Wiley unbewaffnet zu besuchen.
Als Jessie Lee Sloan sechs Jahre alt war, gab es einen Jungen in ihrer Klasse namens Lester Parks. Lester war eine wandelnde Fallstudie für jeden Kinderpsychologen. Er lachte oder weinte aus heiterem Himmel, schoss sich Heftklammern durch die Haut oder kaute auf den Fingernägeln, bis sie bluteten. Er aß Filzstifte, Kreide und Klebstoff. Selbst Schulbücher waren vor ihm nicht sicher. Er stopfte sich eine ausgerissene Seite nach der anderen in den Mund, wenn der Lehrer nicht aufpasste.
Jessie Lee saß in der Schule neben ihm. Sie beobachtete ihn und war fasziniert und angewidert zugleich, wenn er sich so seltsam benahm. Sie unterbrach ihn nie, bis Lester eines Tages seinen Tisch hochklappte und Mr. Smiley, den Klassenhamster, herausnahm. Er hatte den Mund geöffnet, Mr. Smiley hineingesteckt und zu kauen begonnen, ehe Jessie Lee schreien konnte.
Das war für Lester der Anfang vom Ende. Er wurde der Schule verwiesen, und die Gerüchteküche brodelte, als es hieß,
dass man ihn angeblich in eine Nervenheilanstalt gesteckt hatte. Doch nach wenigen Wochen war er wieder da. Als er sich wieder auf seinen Platz setzte und Jessie Lee anstarrte, sah er kälter aus als alles, was Jessie Lee jemals gesehen hatte.
Es geschah während der Pause. Jessie Lee spielte gerade Himmel und Hölle mit ihren Freundinnen, als Lester zu ihr rannte, sich vor sie hinkniete, ihr ins Bein biss und nicht mehr von ihr abließ.
Sie trat um sich. Sie brüllte. Ihre Freundinnen, zwei Lehrer und der Rektor versuchten, ihn von ihr zu reißen, aber Lester hatte einen Kiefer wie ein Bullterrier und arbeitete sich immer tiefer in ihre Wade vor. Ihr Blut füllte seine Backen und rann an ihrem Bein hinunter.
Letztlich hielten sie ihm die Nase zu, bis er bewusstlos wurde.
Das war sein letzter Schultag gewesen.
Jessie Lees Wunde musste genäht werden, und es brauchte zwei Operationen, um die Narben zu beseitigen. Man konnte die Stelle an ihrer Wade noch immer erkennen - ein unebener Fleck, der nie bräunte.
Sie erlitt keine psychischen Folgen - abgesehen davon, dass sie sich danach nie mehr Vampirfilme ansehen wollte. Hin und wieder hatte sie Alpträume und war vielleicht vorsichtiger als andere gleichaltrige Kinder, wenn es um Hunde ging. Aber alles in allem hatte sie diese traumatische Erfahrung gut bewältigt. Danach fühlte sie sich so, als ob sie mit allem fertigwerden würde. Was konnte jetzt noch Schlimmes passieren?
Als sie nun jedoch kopfüber über einem Haufen Leichen im Umkleideraum der Jungen hing, wusste sie, dass es Schlimmeres gab. Das Gleiche schoss ihr noch einmal durch den Kopf, als sie Taylors Biss an ihrem Knie spürte.
Jessie Lee konnte nicht schreien, weil sie hyperventilierte.
Dann konnte sie nicht mehr atmen. Der Psychopath knetete ihre nackten Oberschenkel mit den Händen, und sie spürte seine Zunge und Lippen hart an ihrem Fleisch saugen. Jessie Lee versuchte sich freizukämpfen, aber ihr Fuß war weiterhin durch ihr Kettchen gefangen.
Heißer Atem auf ihrer Wade.
Dann ein kleiner Biss, wie der eines Liebhabers.
Jede Synapse in ihrem Kopf schien gleichzeitig zu schießen, und Jessie Lee glaubte, vor Panik verrückt zu werden.
Aber das war noch nicht alles. Der Mund fuhr weiter nach oben, Zähne und Bartstoppel kratzten über ihre Haut. Der Mund verweilte ein wenig an ihrem Knie und öffnete sich so weit, dass die gesamte Kniescheibe in ihm verschwand.
Sie wusste, was es bedeutete, gebissen zu werden. Wie die Haut durchbrochen und abgerissen wurde. Wie die
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