Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
Ferne hinter der Absperrung. Etwa fünfzig Meter vor ihnen standen vier Polizeiautos, eine ganze Reihe bewaffneter Armeefahrzeuge und - er traute seinen Augen kaum - ein Panzer.
»STEIGEN SIE NICHT AUS! DREHEN SIE UM UND FAHREN SIE DAHIN ZURÜCK, WO SIE HERGEKOMMEN SIND!«
»Warum wollen sie, dass wir umkehren?«, fragte Duncan und drängte sich noch enger an Josh.
»Das kann ich dir auch nicht sagen, Duncan.«
Josh streckte die Hand aus, um die Tür zu öffnen. Fran fasste nach seinem Arm.
»Vielleicht solltest du dir das nochmal überlegen, Josh.«
»Was sollten sie schon tun? Mich erschießen?«
Er öffnete die Tür, und drei Schüsse zerschmetterten das Fensterglas an seiner Tür. Erneut dröhnte es aus dem Megaphon: »BLEIBEN SIE IN IHREM FAHRZEUG UND DREHEN SIE UM!«
Joshs Hose war voller Glassplitter, und er merkte, wie seine Finger zitterten. Neben ihm hatten sich Duncan und Fran längst geduckt und hielten die Hände über die Köpfe. Mathison war auf die Rückbank gesprungen, wo er und Woof sich aneinanderschmiegten.
Was taten diese Leute? Wussten sie nicht, dass sie auf Zivilisten schossen?
»Ich habe eine Frau und ein Kind als Passagiere!«, brüllte Josh durch die offene Tür, entschied sich aber, den Kopf lieber nicht aus dem zerschmetterten Fenster zu stecken. »Sie müssen unbedingt ins Krankenhaus!«
»WENDEN SIE!«
»Verdammt, wir brauchen Hilfe! Wir sind angegriffen worden. Wir müssen unbedingt ins Krankenhaus!«
»SIE HABEN ZEHN SEKUNDEN ZEIT, UM ZU WENDEN. DANACH ERÖFFNEN WIR DAS FEUER!«
Josh starrte Fran fassungslos an. Er wusste nicht, was sie als Nächstes tun sollten.
»Wir müssen woandershin«, meinte Fran.
»Wohin?«
»Vielleicht können wir in der Nähe parken und uns zu Fuß durchschlagen.«
»Da draußen stehen mindestens dreißig Soldaten. Und ein Panzer.«
»Ich dachte, die Armee ist da, um uns zu helfen«, warf Duncan ein.
»FÜNF SEKUNDEN!«
Josh blieb keine andere Wahl. Er legte den Rückwärtsgang ein und fuhr so lange, bis er glaubte, seine Tür sicher schließen und den Wagen wenden zu können.
»Und jetzt?«, fragte er Fran. »Das ist die einzige Straße, die aus Safe Haven rausführt.«
»Wir könnten wieder zurück zu unseren Nachbarn. Irgendwas geht hier vor sich, das ist klar. Und es sieht aus, als ob die da oben Bescheid wüssten. Vielleicht sollten wir einfach nichts tun, uns verstecken und warten, bis der Sturm sich gelegt hat.«
Das fand Josh wenig überzeugend. Er versuchte sich eine Situation
auszumalen, in der die Armee die Straßen blockiert. Vielleicht eine Quarantäne? Wollten Bernie, Taylor, Santiago und Ajax etwa Bakterien oder irgendein Gift auf die Bevölkerung loslassen? Oder sollte das einen Nachrichtenstopp bezwecken? Das würde auch die unmögliche Situation mit den Handys erklären. Jemand blockierte die mobilen Signale und das Festnetz.
»Du brauchst einen Arzt.« Josh sah Fran finster an, damit sie verstand, wie ernst er es meinte. »Und zwar so schnell wie möglich. Dasselbe gilt für Duncan. Ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, nach Safe Haven zurückzukehren.«
»Und was ist mit Doc Wainwright?«, fragte Duncan. »Der gibt mir jedes Jahr meine Spritzen.«
Doc Wainwright führte in Safe Haven eine Praxis. Sie war dienstags und donnerstags geöffnet. Die restliche Zeit verbrachte er in Shell Lake und Eau Claire.
»Der hat zu dieser Zeit geschlossen, Duncan«, meinte Fran.
»Können wir nicht zu ihm? Er hat mir gesagt, dass er am See wohnt.«
Josh überlegte. Wainwright besaß in der Tat ein großes Haus am Big Lake McDonald, und zwar am gegenüberliegenden Ufer der Mortons. Allerdings benötigte Fran etwas mehr als nur ein bisschen Nähen und ein paar Antibiotika. Sie musste operiert werden.
Andererseits hatte der Junge Recht: Doc Wainwright war besser als nichts.
»Also, dann fahren wir zu Doc Wainwright«, erklärte Josh. Er trat aufs Gas, musste aber gleich wieder auf die Bremse steigen, um den Mann nicht über den Haufen zu fahren, der direkt vor ihnen auf der Straße stand.
Streng und Erwin begleiteten den noch immer fügsamen Bernie zum Jeep des Sheriffs. Streng schloss ihn hinten ein und warf die Tüte mit seinen Sachen auf den Boden vor den Beifahrersitz. Dann wandte er sich Sal Mortons Haus zu.
Er hat Sals Kopf einfach abgedreht, Sheriff. Wie einen Flaschenverschluss.
Streng hatte keinen Grund, an Joshs Aussage zu zweifeln. Und er hatte auch keine Lust, zurück in das Haus zu gehen und zu sehen,
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