Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
Hand legte sich auf einen Körper. Er war kühl und bewegte sich nicht. Obwohl Streng es nicht wollte, tastete er unweigerlich die Brust entlang bis zum Hals … Dann die Schultern hoch … Bis er an der Stelle ins Leere griff, wo Sals Kopf hätte sein sollen. Stattdessen ertastete er kurz darauf ein schlüpfriges, scharfes Etwas - die Halswirbel.
Ein grauenvoller Ekel ergriff ihn und ließ ihn erstarren. Sein Herz schlug so heftig, dass ihm die Brust zu zerspringen drohte. Er hörte in der Ferne, dass jemand hinter ihm den Raum betrat, jemand, der ihn töten oder Schlimmeres mit ihm anstellen wollte … Streng kroch um den Leichnam seines Cousins herum und stieß mit dem Knie gegen etwas, das fortrollte - es konnte nur Sals abgetrennter Kopf sein -, um sich dann zum kaputten Fenster hochzuziehen. Dann packte Ajax ihn an der Schulter.
Streng versuchte, sich unter der gewaltigen Hand wegzuducken. Aber sie fasste ihn unter der Achselhöhle und riss ihn
hoch, so dass er durchs Zimmer flog und gegen etwas prallte - vielleicht eine Kommode oder einen Schrank. Der Stoß ließ ihn regenbogenfarbene Sternchen sehen, ehe er mit dem Gesicht zuerst auf den Boden schlug.
»Bring ihn her«, befahl Santiago - oder zumindest glaubte Streng, diese Worte zu hören. Ajax ergriff ihn am Fuß und zog ihn weg. Streng blickte sich verzweifelt nach etwas um, das er packen könnte. Er berührte etwas. Es war kalt und klebrig und fühlte sich wie Wackelpudding an.
Aber es war kein Wackelpudding.
Es war Maggie.
Der Wackelpudding waren das entblößte Fett und die Muskeln, denn ihre Haut war fein säuberlich abgepellt worden.
Streng schloss die Finger um ihr Handgelenk, und einen Augenblick lang streckte sich sein Körper, ehe Ajax ihm einen solchen Ruck gab, dass Streng loslassen musste. Seine Wange rutschte über den Teppich, wo sie sich aufrieb. Dann wurde er durch den Flur gezerrt, vorbei an der Treppe - die Freiheit, so nah und doch so fern -, bis er sich wieder in Sals Schlafzimmer befand, wo Ajax ihn wie eine Puppe am Bein hochhielt.
Santiago hatte sich die Taschenlampe unter den Arm geklemmt. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er eine dieser Kapseln. Aber anstatt sie zu essen, brach Santiago sie entzwei und schnüffelte daran. Streng sah, wie der Killer erbebte, als ob er die Finger in eine Steckdose gesteckt hätte, ehe ein freudloses Lächeln sein Gesicht erhellte.
Ajax gab daraufhin einen grässlichen Laut von sich. Es war ein unartikuliertes Dröhnen von Vokalen, die völlig unmenschlich klangen.
»Du bekommst auch gleich einen«, sagte Santiago und zeigte auf Streng. »Aber zuerst her mit ihm.«
Ajax rührte sich nicht vom Fleck. Er grunzte erneut, wobei
es diesmal eher nach einer Kuh klang. Strengs Kopf war übervoll von Blut und schien jeden Augenblick zu platzen.
»Sofort, Ajax. Dann bekommst du deinen Wachmacher«, fuhr Santiago ihn an.
Ajax trat einen Schritt vor, und Strengs Fingerknöchel stießen gegen etwas Hartes und Scharfes.
Das Ka-Bar.
Er nahm vorsichtig das Messer und hätte beinahe vor Erleichterung laut aufgelacht.
»Diesmal keine Spielchen, Sheriff«, ermahnte ihn Santiago. »Sie werden mir jetzt verraten, wo ich Ihren Bruder finde. Ajax, brich ihm die Knie. Die braucht er sowieso nicht mehr.«
Die Klinge des Ka-Bar-Warthog-Messers war dick und schwer, und Streng hackte damit auf Ajax’ Fersen ein, als ob er einen jungen Baum fällen wollte. Hack, hack, hack. Die riesige Hand ließ ihn los.
Streng landete auf seiner Schulter, rollte sich ab, sprang hoch und rannte zur Treppe. Mit jedem Schritt nahm er drei Stufen auf einmal. Er war schneller als je zuvor in den letzten zwanzig Jahren. Wie durch ein Wunder stand er auf einmal vor der Haustür, ohne dass man ihn erneut gepackt oder getötet hätte.
Sein Jeep stand keine fünfzig Meter von ihm entfernt. Streng rannte los. Er ignorierte die Schmerzen, die seine Beine, seine Niere und seine ganze Seite bei jeder Bewegung seinem Gehirn meldeten. Hastig warf er einen Blick über die Schulter und sah Ajax durch die Tür kommen. Er war schnell genug, um durch eine Mauer zu brechen.
Streng konzentrierte sich auf seinen Jeep. Nur noch fünfzehn Meter.
Zehn.
Acht.
Verdammt, er ist dicht hinter mir.
Sechs.
Zwei.
Er prallte gegen die Fahrertür, fasste nach dem Türgriff und riss sie auf.
»Wachmacher«, sagte Bernie auf der Rückbank.
Streng warf das Ka-Bar auf den Beifahrersitz, holte die Autoschlüssel aus der Tasche und verschwendete zwei
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