Angst über London
anderen werden vernichtet. Doch diejenigen, die es schaffen, werden das Vergnügen haben, in Asmodinas Dienerschaft einzugehen. Begreifst du jetzt, John Sinclair?«
Und ob ich begriff. Nun sah ich auch die Attacke der plündernden Rocker in einem ganz anderen Licht. Je mehr Tote sie auf ihrem schrecklichen Weg zurückließen, um so höher war ihr Ansehen bei der Teufelstochter.
Asmodina hatte das Chaos gewollt und es erreicht.
Sie war die Siegerin in diesem tödlichen Spiel.
Ich fing Myxins Blick auf. Der Magier lächelte nicht mehr. Er hatte seine Stirn in Falten gelegt und murmelte: »Ich kann mir vorstellen, was du jetzt denkst.«
»Ja, optimistische Gedanken sind es nicht«, gab ich zu.
»Asmodina hat es geschafft.«
»Vielleicht nicht ganz«, meinte der Magier.
»Wie kommst du darauf?«
»Finde es selbst heraus, John. Ich kann dir nicht zur Seite stehen. Asmodinas Dunstkreis ist mir zu nah.«
Wieder sprach Myxin in Rätseln. Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm und hatte das Gefühl, dass er mehr wusste, als er in Wirklichkeit zugeben wollte.
Das sagte ich ihm auch.
»Nein, John, ich weiß nicht viel. Kaum etwas, wenn du es genau wissen willst. Ich war einmal mächtig, jetzt nicht mehr. Asmodina hat nicht nur dich besiegt, sondern auch mich.«
»Trotzdem hast du dich nach London getraut.«
»Das stimmt.«
Ich wartete auf eine Erklärung, er gab sie mir nicht. Myxin wirkte noch verschlossener als sonst. Ich sollte es selbst herausfinden, hatte er gesagt.
Was, zum Henker, sollte ich finden? Nein, fragen wollte ich ihn nicht danach, da hatte ich auch meinen stolz.
»Gehen wir gemeinsam gegen Asmodina?« machte ich einen letzten Versuch, ihn umzustimmen.
Hastig hob er beide Hände und schüttelte den Kopf. »Nie! Niemals. Das schaffe ich gar nicht.«
Ich dachte anders darüber. Meiner Meinung nach stellte Myxin sein Licht unter den Scheffel. Er stapelte bewusst tief und schien sogar Freude daran zu haben.
Ich fragte in der Richtung nicht weiter, sondern wechselte das Thema.
»Wie hast du mich eigentlich gefunden?«
Myxin hob die schmalen Schultern.
»Zufall, Glück, Intuition?« Er lächelte.
»Du kannst dir eines von den dreien aussuchen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich stimmt nichts. Du hast genau gewusst, wo man mich festhält.«
»Nein, nein, aber ich wusste, dass du dich hier irgendwo befinden würdest.«
»Soho ist groß.«
»Ich habe alles abgesucht«, erklärte mir Myxin.
»Dann sah ich die drei plündernden Rocker. Sie unterhielten sich laut. Prahlten, gaben an, was sie alles erreicht hatten. Einer sprach von einem Bullen, der jetzt im Schauhaus verrecken würde. So fand ich dich.«
»Enorm, wirklich. Was hast du jetzt vor?«
Myxin deutete in Richtung Treppe. »Ich verschwinde, denn ich werde nicht mehr gebraucht.«
»Kneifst du etwa?«
»Nein.«
»Lüg nicht. Ich nahm an, dass wir zusammen…«
»Ich habe Angst vor Asmodina« Die Antwort kam schnell, er ließ mich nicht erst ausreden.
»Dann rechnest du damit, dass sie sich hier aufhält?«
»Das ist durchaus möglich.«
So ganz schmeckte mir das alles nicht. Myxin, Asmodina, die Trümmerlandschaft hier, der Tod meiner Freunde - alles Teile eines gewaltigen Puzzles. Ich musste sie nur zusammenlegen. Doch wie Puzzles das mal so an sich haben, ist es gar nicht einfach. Zuviel stand noch offen. Myxin hatte in Rätseln geredet, das gefiel mir nicht. »Bleibst du in der Nähe?« versuchte ich ihn weiter auszuhorchen.
»Wenn ich es kann.«
»Die Antwort hätte ich mir auch selbst geben können«, erwiderte ich sarkastisch.
Myxin drehte sich herum und ging. An der Treppe winkte er noch einmal, dann verschluckte ihn die Düsternis.
Allein blieb ich zurück. In meinen Taschen fand ich die Zigarettenschachtel und holte einen Glimmstängel hervor. Langsam rauchte ich und ließ den Qualm durch die Nase fließen. Dabei überlegte ich mein weiteres Vorgehen.
Zielstrebig konnte ich den Fall überhaupt nicht in Angriff nehmen. Dazu waren mir einfach zu wenige Fakten bekannt. Ich musste, wie schon zuvor, durch die zerstörte Stadt laufen und eine Auflösung des Falles dem Zufall überlassen.
Das passte mir gar nicht.
Unbewußt warf ich einen Blick zur Uhr.
Da fiel mir ein, dass ich sie in der Firma vergessen hatte. Ich war also ohne Zeitmesser. Die Uhr war auf fünf stehengeblieben.
Auch sehr seltsam…
Ob das etwas mit dem Fall zu tun hatte. War ich in ein Zeitloch geraten?
Eine Frage, die mich sehr
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