Angst
wie die Naht eines Fußballs. Seine Schultern waren verkrampft. Er lehnte sich zurück und massierte seinen Nacken. Dabei schaute er den Rauchmelder an, so wie er es schon tausendmal getan hatte, wenn er sich auf etwas konzentrieren wollte. Er betrachtete das winzige rote Lämpchen, das genauso aussah wie das unter der Decke ihres Schlafzimmers in Cologny, das ihn beim Einschlafen immer an den Mars erinnerte. Langsam hörte er auf, seinen Nacken zu massieren. »Scheiße«, flüsterte er.
Er setzte sich wieder auf und betrachtete den Bildschirmschoner des Laptops, eine Aufnahme von ihm, wie er mit leerem, ziellosem Blick nach oben schaute. Dann kletterte er auf seinen Sessel, der heimtückisch wackelte, als er weiter hoch auf den Tisch stieg. Der Rauchmelder war quadratisch, aus weißem Plastik, mit einem Kohlenmonoxid-Sensor und einem Lämpchen, das anzeigte, das er mit Strom versorgt wurde, einer Prüftaste und einem Gitter, hinter dem sich vermutlich der Kern der Alarmvorrichtung befand. Hoffmann tastete mit den Fingern an den Kanten entlang. Anscheinend war der Rauchmelder an die Deckenverkleidung geklebt worden. Er zog an dem Kästchen, drehte es vor und zurück und riss es schließlich vor lauter Angst und Wut einfach herunter.
Das kreischende Geräusch, mit dem es sich von der Decke löste, war von fast physischer Intensität. Das Kästchen lag zitternd in seiner Hand, die es umgebende Luft pulsierte. Eine Nabelschnur aus Draht verband es noch mit der Decke, und als Hoffmann den Finger ins Hintere des Kästchens steckte, um den Mechanismus auszuschalten, bekam er einen elektrischen Schlag versetzt, der sich anfühlte, als hätte ihn ein bösartiges Tier gebissen. Der Strom schoss ihm bis ins Herz. Hoffmann stieß einen Schrei aus und ließ das Kästchen fallen, sodass es an seinem Draht hin und her baumelte, während er heftig die Hände schüttelte, als wollte er sie trocken wedeln. Das Heulen der Sirene war eine physische Attacke: Ihm schien es, als würden seine Ohren bluten, bis er den Lärm mit einem Ruck von seiner Quelle abschnitt. Er packte das Kästchen und riss es mit seinem ganzen Gewicht nach unten, bis es zusammen mit ein paar Brocken aus der Decke herausbrach. Die plötzliche Stille war genauso schockierend wie zuvor der Lärm.
Viel später, als Quarry die darauffolgenden Stunden noch einmal rekapitulierte und gefragt wurde, wann er die größte Angst gehabt habe, beschrieb er merkwürdigerweise folgendes Bild: Als er den Alarm gehört habe, sei er auf der Suche nach Hoffmann von einer Seite des Handelsraums zur anderen gelaufen. Und dann habe er den einzigen Menschen, der einen Algorithmus verstehe, der sogar jetzt noch eine ungesicherte 30-Milliarden-Dollar-Wette abschließe, blutverschmiert und mit Staub bedeckt vorgefunden, wie er unter einem Loch in der Decke auf seinem Schreibtisch stehe und etwas davon brabbele, dass jeder seiner Schritte überwacht werde.
Quarry erreichte nicht als Erster Hoffmanns Büro. Die Tür stand offen, Marie-Claude und ein paar Quants waren schon da. Quarry drängelte sich an ihnen vorbei und schickte sie alle zurück an ihre Arbeit. Er verrenkte den Hals und schaute zu Hoffmann hoch. Ihm fiel sofort auf, dass Hoffmann irgendein Trauma durchgemacht hatte. Hoffmanns Augen flatterten, die Kleidung war verschmutzt und unordentlich, getrocknetes Blut klebte in seinen Haaren. Die Hände sahen aus, als hätte er damit auf Beton eingeschlagen.
So ruhig, wie er konnte, sagte er: »Okay, Alexi, was gibt’s da oben zu sehen?«
»Da, schau selbst«, schrie Hoffmann aufgeregt. Er sprang vom Tisch und streckte Quarry seine Hand hin, auf der die Einzelteile des Rauchmelders lagen. Er stocherte mit dem Zeigefinger in den Plastikteilen herum, als wäre er ein Naturforscher, der die Innereien irgendeiner toten Kreatur inspizierte. Dann hielt er ein kleines Objektiv hoch, aus dem hinten ein Stück Draht herausragte. »Weißt du, was das ist?«
»Nicht genau. Was denn?«
»Das ist eine Webcam.« Er ließ die Einzelteile zwischen seinen Fingern auf den Schreibtisch kullern, wobei einige auf den Boden fielen. »Komm mit, ich zeig dir was«, sagte er. Er schob Quarry den Laptop hin und deutete auf den Bildschirm. »Wo wurde dieses Foto aufgenommen, was glaubst du?«
Er setzte sich wieder in seinen Sessel und lehnte sich zurück. Quarry sah erst Hoffmann an, dann den Bildschirm, dann wieder Hoffmann. »Verdammt. Wo hast du den Laptop her?«
»Der gehörte dem Burschen, der
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