Angst
Anblicks, den der Präsident von Hoffmann Investment Technologies inzwischen bot – blut- und ölverschmiert, staubbedeckt, in der Hand das einen halben Meter lange Stemmeisen –, war es kein Wunder, dass der Fahrer nichts Eiligeres zu tun hatte, als schleunigst seinen Platz hinter dem Steuer zu räumen. Hoffmann warf das Stemmeisen auf den Beifahrersitz, schob den Hebel des Automatikgetriebes auf Drive und gab Gas. Der große Wagen schoss die Rampe hinauf. Da das Stahltor sich aber gerade erst zu öffnen begann, musste Hoffmann scharf abbremsen. Im Rückspiegel sah er den Besitzer des Wagens, dessen Angst sich inzwischen in Wut verwandelt hatte. Der Überrumpelte kam die Rampe hinaufgelaufen und fing an, mit der Faust gegen das Seitenfenster zu schlagen. Durch die dicke, getönte Scheibe nahm Hoffmann sein Brüllen nur gedämpft wahr. Als das Tor sich ganz geöffnet hatte, nahm Hoffmann den Fuß von der Bremse und trat vor lauter Angst, nicht schnell genug verschwinden zu können, so heftig aufs Gas, dass der Wagen einen Satz nach vorn machte. Dann kurbelte er am Lenkrad, und der Wagen bog, auf zwei Rädern schleudernd, in die leere Einbahnstraße ein.
Leclerc und sein Einsatzteam traten im fünften Stock aus dem funktionierenden Fahrstuhl. Der Inspektor drückte auf den Klingelknopf, hob den Kopf und schaute in die Überwachungskamera. Die tagsüber am Empfang sitzende Dame hatte schon Feierabend gemacht. Es war Marie-Claude, die sie hineinließ. Bestürzt legte sie die Hand auf den Mund, als die bewaffneten Männer sich an ihr vorbeidrückten.
»Ich möchte zu Doktor Hoffmann«, sagte Leclerc. »Ist er da?«
»Ja, natürlich.«
»Würden Sie uns bitte zu ihm führen?«
Sie führte die Polizisten in den Handelsraum. Quarry bemerkte die Unruhe und drehte sich um. Er hatte sich schon gefragt, wo Hoffmann so lange blieb. Er hatte angenommen, dass er noch mit Rajamani sprach, und das als gutes Zeichen gewertet. Nach genauerer Überlegung war auch er der Meinung, dass es günstiger war, den ehemaligen Leiter des Risikomanagements dazu zu überreden, ihren Laden nicht ausgerechnet in dieser kritischen Phase dichtmachen zu lassen. Als er jedoch Leclerc und die Gendarmen sah, wusste er sofort, dass sie erledigt waren. Trotzdem war er fest entschlossen, mit Würde unterzugehen.
»Wie kann ich Ihnen behilflich sein, meine Herren?«, sagte er mit ruhiger Stimme.
»Wir müssen mit Doktor Hoffmann sprechen«, sagte Leclerc. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, bewegte seinen Oberkörper nach links und rechts und hielt Ausschau nach Hoffmann. Zu den erstaunten Quants, die sich von ihren Bildschirmen abgewandt hatten, sagte er: »Bitte, bleiben Sie alle, wo Sie sind.«
»Sie müssen ihn knapp verpasst haben«, sagte Quarry. »Er ist gerade rausgegangen, er hatte mit einem unserer Mitarbeiter noch etwas zu besprechen.«
»Rausgegangen? Wohin raus?«
»Na ja, ich nehme an, einfach raus in den Gang …«
Leclerc fluchte. Zu den neben ihm stehenden Gendarmen sagte er: »Sie drei durchsuchen das Gebäude.« Und zu den nächsten: »Sie drei kommen mit mir.« Und schließlich zu allen Übrigen im Raum: »Niemand verlässt das Gebäude ohne meine Erlaubnis. Niemand rührt ein Telefon an. Wir bemühen uns, die Angelegenheit so schnell wie möglich zu klären. Ich danke Ihnen für Ihre Mitarbeit.«
Er ging mit schnellen Schritten zurück in den Emp fangsbereich. Quarry lief hinter ihm her. »Entschuldi gung, Inspektor, aber was genau soll Alex getan haben?«
»Wir haben eine Leiche gefunden. Darüber müssen wir mit ihm reden. Entschuldigen Sie mich jetzt …«
Er verließ den Empfang und ging hinaus in den Gang. Der Gang war leer. Irgendetwas an diesem Gebäude kam ihm merkwürdig vor. Er blickte sich suchend um. »Welche Firmen haben noch Büros auf diesem Stockwerk?«
Quarry blieb ihm auf den Fersen. Sein Gesicht war aschfahl. »Keine. Wir haben die ganze Etage gemietet. Was für eine Leiche?«
Leclerc wandte sich an seine Leute. »Wir fangen unten an und arbeiten uns bis nach oben durch.«
Einer der Gendarmen drückte auf den Liftknopf. Die Tür öffnete sich. Es war Leclerc, dessen unruhige Augen überall waren, der die Gefahr erkannte. Er schrie den Gendarmen an, sich nicht vom Fleck zu rühren.
»Mein Gott«, sagte Quarry und schaute in das klaffende Loch. »Alex …«
Die Tür begann sich zu schließen. Der Gendarm drückte auf den Knopf, und die Türblätter glitten wieder auseinander. Leclerc kniete sich
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