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Angst

Angst

Titel: Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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sagte Klein. »Mit wie viel, kann ich nicht genau sagen. Für eine Summe in Bills Größenordnung muss ich erst Rücksprache halten. Aber es wird sich um einen substanziellen Betrag handeln.«
    »Das Gleiche gilt für mich«, sagte Ł ukas i ´ nski.
    »Ich werde mit meinem Vater sprechen«, sagte Elmira. »Aber er wird meinem Rat folgen.«
    »Darf ich die Stimmung in der Runde so deuten, dass Sie alle ein weiteres Engagement planen?«, fragte Quarry. Zustimmendes Gemurmel rund um den Tisch. »Nun, das klingt ja vielversprechend. Darf ich die Frage andersherum stellen: Möchte jemand von Ihnen sein Investment nicht erhöhen?« Die Anwesenden schauten sich an. Einige zuckten mit den Achseln. »Was ist mit Ihnen, Etienne?«
    Mussard schaute griesgrämig von seinem Hamburger auf. »Ja, doch, ich denke schon. Warum nicht. Aber wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich das lieber nicht in der Öffentlichkeit besprechen. Ich ziehe die traditionelle Schweizer Art vor.«
    »Sie meinen, bei Dunkelheit und vollständig angezogen?« Unter lautem Gelächter erhob sich Quarry. »Meine Freunde, ich weiß, wir essen noch, aber wenn es jemals einen passenden Zeitpunkt für einen spontanen Trinkspruch auf die – verzeih mir, Mieczys ł aw – russische Art gegeben hat, dann wohl diesen.« Er räusperte sich. Er schien den Tränen nahe zu sein. »Meine lieben Gäste, wir fühlen uns geehrt durch Ihre Anwesenheit, Ihre Freundschaft und Ihr Vertrauen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir heute Zeugen der Geburt einer vollkommen neuen Kraft im Global Asset Management sind, des Resultats der Vereini gung von innovativer Wissenschaft und aggressivem Investment oder, wenn Ihnen das lieber ist, von Gott und Mammon.« Weiteres Gelächter. »Anlässlich dieses erhebenden Augenblicks erscheint es mir nur angemessen, dass wir alle unser Glas erheben, und zwar auf den Genius, der das alles ermöglicht hat – nein, nein, nicht auf mich.« Er wandte sein Gesicht Hoffmann zu und strahlte ihn an. »Auf den Vater von VIXAL -4, auf Alex!«
    Alle standen auf, riefen im Chor »Auf Alex!« und stießen mit klingenden Kristallgläsern an. Aller Augen waren liebevoll auf Hoffmann gerichtet, und selbst Mussard rang sich ein Kräuseln der Lippen ab. Als sich alle wieder gesetzt hatten, schauten sie ihn weiter an, nickten und lächelten, bis er zu seinem Schrecken begriff, dass sie eine Rede von ihm erwarteten.
    »Nein, nein«, sagte er.
    »Nun komm schon, Alexi«, sagte Quarry leise. »Nur ein paar Worte, dann hast du für die nächsten acht Jahre wieder Ruhe.«
    »Ich kann wirklich nicht.«
    Da seine Weigerung von allen Seiten mit wohlwollenden Ausrufen des Protests aufgenommen wurde, gab Hoffmann seinen Widerstand auf und erhob sich. Die Serviette rutschte ihm vom Schoß und fiel auf den Boden. Er stützte sich mit einer Hand auf den Tisch und suchte nach passenden Worten. Wie geistesabwesend schaute er aus dem Fenster – wobei er nun nicht nur das gegenüberliegende Ufer, die hoch aufragende Fontäne und den tintenschwarzen See sah, sondern wegen seines erweiterten Blickfelds auch die Promenade vor dem Hotel, wo man die Kaiserin erstochen hatte. Der Quai du Mont-Blanc war in diesem Abschnitt besonders breit. Hoffmann sah den kleinen Park mit den Linden und den Bänken, den kleinen, akkurat gemähten Rasenflächen, den verschnörkelten Belle-Époque-Straßenlaternen und den kunstvoll beschnittenen, dunkelgrünen Hecken. Er sah den in den See hineinragenden, halbkreisförmigen Uferdamm mit seiner Steinbalustrade, von der aus man zur Anlegestelle für die Fährschiffe hinuntergelangte. An diesem Nachmittag wartete etwa ein Dutzend Menschen vor dem weiß gestrichenen eisernen Kiosk, um sich Karten für die Fähre zu kaufen. Auf Rollschuhen glitt eine junge Frau mit roter Baseballkappe vorbei. Zwei Männer in Jeans führten einen großen schwarzen Pudel aus. Schließlich blieb Hoffmanns Blick an einem skelettartigen Gespenst hängen, das einen braunen Ledermantel trug und unter einer der blassgrünen Linden stand. Sein knochiger Schädel sah sehr weiß aus, so als ob er sich gerade übergeben hätte oder aus einer Ohnmacht erwacht wäre. Die Augenhöhlen lagen tief im Schatten der stark vorstehenden Stirn, das Haar war zu einem grauen Pferdeschwanz zusammengebunden. Er starrte zu dem Fenster herauf, durch das Hoffmann hinunterschaute.
    Hoffmann versteifte sich. Ein paar Sekunden lang war er unfähig, sich zu bewegen. Dann trat er unwillkürlich einen

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