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Angstblüte (German Edition)

Angstblüte (German Edition)

Titel: Angstblüte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser
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Gegensatz zu Dr.   Herzig, der wie immer in seinem ebenso einwandfreien wie unauffälligen Mausgrau-Anzug auftrat – wahrscheinlich hat er den fünfmal im Schrank –, Nadelstreifen! Aber nicht schlicht schwarzweiß, sondern das dunkelste Dunkelblau mit Streifen in Orange. Die dünnstmöglichen Linien im blassestmöglichen Orange. Und das zweireihig. Er stand einem nicht so groß und gerade gegenüber wie Dr.   Dirk, sondern fast schon nicht ganz zugewandt, die linke Hälfte war weiter weg als die rechte. Das wirkte entspannt, lässig, unaufgeregt: unwichtigtuerisch. Schweizerisch, dachte Karl.
    Karl von Kahn dachte tatsächlich: Beat, ich liebe dich. Das heißt nichts, aber es ist wahr.
    Er würde also, sagte Dr.   Pestalozzi, die von Dr.   Dirk eröffneten und gut gedeihenden Fonds pflegen. Falls er neue Fonds vorschlagen werde, seien die sicher nicht technologisch orientiert. Das habe er hinter sich. Er würde gern, wenn das, bitte, nicht falsch verstanden werde, vom weltumspannenden Merrill Lynch zur Fünf-Zimmer-Firma in München wechseln, weil er Fonds entwickeln wolle, in denen die sogenannte Nachhaltigkeit maßgebend sei. Werte, die man lächerlicherweise ethisch nenne, sollten in seinen Fonds gefördert werden. Einfach gesunde Industrien. Inzwischen habe das Anlegen zum Glück das Sparen so gut wie abgelöst. Und daß gesund und damit Gesundes produziert werden soll, ist inzwischen anerkannt wie nichts sonst. Was liegt also näher, als die wachgewordene Lust, statt zu sparen anzulegen, auf die natürlichste Bahn zu lenken. Er sehe da, im Berufsjargon gesprochen, ein gewaltiges Potential. In fünf Jahren werde er bei von Kahn und Partner , wenn er denn genehm sei, mehr als eine weitere Etage beanspruchen. Übrigens falle es ihm schwer, so einen Werbesermon von sich zu geben. Er sei ein Macher, kein Redner. Und bedanke sich fürs Zuhören.
    Karl von Kahn bedankte sich mühelos. Ihn würde doch noch interessieren, was Dr.   Pestalozzi von dem DWS- Wappenspruch halte. Er glaube ja nicht, daß Dr.   Herzig nur wegen des Wechsels von Millionen zu Milliarden zu DWS wechsle, sondern auch der dort entwickelten Anlage-Philosophie zuliebe.
    Dr.   Pestalozzi sagte: Ihm sei die prozyklische Philosophie, mit der das geschafft werden solle, noch nicht vorstellbar.
    Ich werde dafür sorgen, daß es dir vorstellbar wird, sagte Dr.   Herzig, der neben Dr.   Beat wirkte wie ein Sachbuch neben einem Märchenbuch. Dem Anleger wird am Ende der höchste Wert ausbezahlt, den sein Anteil während der Laufzeit erreicht hat, sagte Dr.   Dirk, das ist das Ziel.
    Daß er mit Dr.   Pestalozzi befreundet war, sprach jetzt für Dr.   Herzig. Nicht ungerecht werden, dachte Karl von Kahn. Du kannst froh sein, daß Amadeus Stengl und Konsorten deine Agentur, seit die Herzig-Fonds florieren, nicht mehr altmodisch nennen können.
    Dr.   Herzig teilte noch mit, Beat habe promoviert über die Finanzierung des Schwabenkriegs.
    Das sei er seiner Herkunft schuldig gewesen, da ein Vorfahr von ihm sich in diesem Krieg ausgezeichnet habe, sagte Dr.   Beat Pestalozzi. Eidgenossen gegen Landsknechte, lokales Geld gegen internationales Geld. Obwohl schon sein Vorfahr habe dichten müssen:
    Sin narung ist er suchen
    In tutsch und welschem Land
    Deo gracias.
    Karl von Kahn sagte, wenn er noch etwas über Kriege lesen wolle, dann, wie sie und von wem sie bezahlt worden seien. Also bitte.
    Ein Exemplar wurde versprochen.
    Weil sie den Einstand ohne Alkohol geschafft hätten, würden sie auch den Abschied in bewegter Nüchternheit schaffen. Sagte am Schluß Karl von Kahn. Und konnte es nicht lassen, zu Dr.   Herzig hin zu bemerken, daß Puma die Zweihundertfünfundzwanzig nicht nur erreicht, sondern geradezu übersprungen habe, augenblicklicher Stand bei zweihundertundvierzig.
    Nicht ohne Zerknirschung, sagte Dr.   Herzig, denke er daran. Besonders, weil auch der Film bei der Berlinale zwar kein Krawallerfolg geworden sei, aber eindeutig Sieger unter den Seriösen. Das könnte in Mitteleuropa zum Kassenschlager reichen.
    Karl von Kahn sagte, er müsse die Presseberichte noch lesen, aber daß Das Othello-Projekt alles andere als ein Reinfall sei, habe er läuten hören.
    Bevor er die Firma verließ, und er verließ sie so früh, daß Frau Lenneweit ihn besorgt betrachten mußte, verständigte er sich noch mit Berthold Brauch über Dr.   Pestalozzi. Als er hörte, daß der viel zurückhaltendere Berthold Brauch sich auch habe zwingen müssen,

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