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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Ihre Augen waren mit einer Mischung aus Schlaf und altem Make-up verschmiert.
    Rose sah zu Simon hinüber, der prompt rot wurde. Er war ein hellhäutiger Typ und errötete leicht. »Polly, Simon. Simon, Polly.« Sie freute sich, dass Polly die Kraft gefunden hatte, aufzustehen, war aber zugleich ein wenig verstimmt, weil sie ihren morgendlichen Kaffeeklatsch mit Simon störte.
    Polly hörte auf, den Kater zu streicheln, und hielt Simon die Hand hin, die dieser mit einer kleinen Verbeugung ergriff, um sie – sehr zu Roses Erstaunen – zu küssen. Schon wieder wurde Polly behandelt wie eine Königin. Rose ging ans andere Ende der Küche, wickelte Flossie aus ihrem Tuch und legte sie auf das Lammfell in die Sonne.
    »Wie ich sehe, hast du deine Bekanntschaft mit Manky aufgefrischt«, meinte sie zu Polly.
    »Was?«, fragte Polly.
    »Manky. Sag bloß, du kennst Manky nicht mehr. Er hat doch ursprünglich dir gehört.«
    »Die Katze? Gott, daran hab ich gar nicht … Wie alt ist er denn jetzt?«
    »Ungefähr dreizehn. Er kommt langsam in die Jahre. Christos hat ihn dir geschenkt, erinnerst du dich noch? Als du aus dem Krankenhaus kamst. Der arme alte Manky. Ich muss nachher noch mit ihm zum Tierarzt, er hat irgendwas an den Zähnen.«
    Polly sah auf den Kater herab, der von ihrem Schoß sprang und ihr dabei die Krallen in die Beine grub, weil er Trooper erspäht hatte.
    »Ach, du meine Güte«, sagte Polly leise.
    »Ich habe ihn übernommen, als ihr nach Griechenland gegangen seid, weißt du noch?«
    »Ja.« Polly verbarg das Gesicht in den Händen. Die drei verharrten ein paar Sekunden lang in unbehaglichem Schweigen. Simon wurde mit jeder Sekunde röter.
    »Tut mir leid«, meinte Polly unvermittelt, legte die Hände auf den Oberschenkeln ab, hob die Schultern und lächelte zu den beiden empor. Dann stand sie auf. »Wie ich aussehe«, sagte sie und hielt die Hände hoch wie Shirley Bassey. »Ich hab gar nicht mit Besuch gerechnet. Will irgendjemand einen?« Sie ging zur Kaffeemaschine.
    »Sehr gern«, sagte Simon.
    »Ich mache mir einen Tee, danke, Polly. Setz dich doch, Simon«, forderte Rose ihn auf und machte sich am Wasserkessel zu schaffen. »Möchtest du einen Brownie dazu?«
    »Gern.« Simon machte es sich am Küchentisch bequem. »Ich bin übrigens ein großer Fan von Ihnen, Polly«, sagte er.
    »Danke schön«, antwortete sie und stellte die Kaffeekanne in die Maschine.
    »Sie waren der Soundtrack meiner Zwanziger.«
    »Ich arbeite gerade an ein paar neuen Sachen. Vielleicht spiele ich Ihnen mal was vor – ein kleines Pre-Listening.«
    »Es wäre mir eine Ehre«, sagte er und sah sie an.
    »Simons Kinder sind in derselben Klasse wie Yannis«, warf Rose ein und stellte einen Brownie vor Simon hin. »Er ist Schriftsteller und mit Miranda verheiratet, einer brillanten und phänomenal erfolgreichen Anwältin.«
    »Ich glaube nicht, dass sie sich so beschreiben würde«, wehrte Simon ab.
    »Was schreiben Sie denn so?«, wollte Polly wissen, stellte eine Tasse mit Kaffee vor ihn auf den Tisch und setzte sich ihm gegenüber.
    »Romane größtenteils. Hin und wieder auch mal eine Reportage.«
    »Er ist bescheiden«, meinte Rose. »Simon ist ein ganz hervorragender Krimiautor.«
    »Na ja, eigentlich –«
    »Ich würde gern mal eins Ihrer Bücher lesen«, erklärte Polly. Sie beugte sich vor und drückte dabei ihre Brüste zusammen, so dass dazwischen die Andeutung eines Spalts zustande kam.
    »Ich kann bei Gelegenheit eins vorbeibringen«, bot er an.
    »Oder ihr gründet eine Gesellschaft für gegenseitige Wertschätzung.« Rose biss von einem Brownie ab, den sie gar nicht hatte essen wollen. »Wie geht’s denn der unvergleichlichen Miranda?«, fragte sie und schluckte den Bissen herunter. »Ich habe sie seit Ewigkeiten nicht gesehen. Wir müssen euch unbedingt mal wieder zum Abendessen einladen.«
    »Ihr geht’s super. Sie hat gerade mit einem ziemlich komplizierten Fall zu tun, in London. Wirtschaftsbetrug. Unglaublich trocken, aber ihr macht es Spaß.«
    »Sie kann wirklich dankbar sein, dass sie dich hat«, sagte Rose. »Weil du hier so tapfer die Stellung hältst, meine ich.«
    Genau in diesem Moment kam Gareth in die Küche. Er hatte sich schon kurz nach Sonnenaufgang ins Atelier zurückgezogen – seine beste Zeit, wie er sagte. Langsam kamen die Dinge wieder in Gang. Wie üblich wusste Rose nichts Konkretes, aber er hatte ihr erzählt, dass er mit einer Serie von Zeichnungen – oder Grafiken, wie er

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