Angsthauch
meinte, er finde seinen neuen Fleecepullover langweilig, und sich in einem halbherzigen Versuch, zu schmollen, in der Küche in einer Ecke verkroch.
»Wollt ihr mitkommen und die Hühner füttern?«, fragte Anna. Die Hühner zu versorgen war ihre Aufgabe, die sie jeden Tag gewissenhaft erledigte. Sie liebte die Tiere und betrachtete sie als ihre eigenen.
»Wir können gucken, ob sie was gelegt haben«, fuhr sie fort. »Aber Peck wird uns wahrscheinlich nicht ranlassen. Sie gluckt im Moment ziemlich stark.«
»Okay.« Yannis war mit einem Satz auf den Beinen. Nico schlurfte hinter den beiden her – wieder einmal zu alt, um offen seine Begeisterung zu zeigen, aber gleichzeitig auch zu neugierig, als dass er sich die Sache hätte entgehen lassen wollen.
Während die Kinder das Geflügel fütterten, nahm Rose ihre kleine Schaufel und ging in den Kräutergarten vor dem Haus. So hatte sie das Nebengebäude im Blick und konnte sofort sehen, falls es ein Lebenszeichen von Polly gab.
Diesen Teil des Gartens anzulegen hatte Rose vor eine große Herausforderung gestellt. Vor der Renovierung war an der Stelle ein steiler Abhang gewesen, und Rose, Gareth und Andy hatten ein ganzes Wochenende damit zugebracht, Terrassen zu graben, über die ein Weg aus Steinstufen von der Straße zum Haupthaus hinunterführte. Wenn man mit dem Auto ankam – was so gut wie immer der Fall war, da alle Wege mit Ausnahme des Schulwegs zu weit waren, als dass man sie zu Fuß hätte zurücklegen können –, parkte man oben beim Nebengebäude und ging dann die Stufen bis zum großen Haus hinunter.
Gareth war von ihrem Plan alles andere als begeistert gewesen. Es sei viel zu mühsam, jedes Mal die Einkäufe all die Stufen hinunterzuschleppen, hatte er, unterstützt von Andy, eingewandt. Einen ganzen Abend lang hatten die beiden beim Biertrinken Pläne geschmiedet, wie man die vielen Tonnen Erde wegschaffen könne, um eine ebene Einfahrt bis zum Haus anzulegen. Am Ende hatten sie ein ganzes von Gareths Skizzenbüchern bis zur letzten Seite mit Diagrammen und Schemazeichnungen vollgekritzelt.
Wenn die beiden so zusammenarbeiteten, fiel es Rose nicht schwer, in ihnen die Brüder zu sehen, die meilenweit von jeder Zivilisation entfernt in enger Verbundenheit aufgewachsen waren. Sie waren sich erstaunlich ähnlich. Zur Selbstgenügsamkeit erzogen, waren sie mit einem überdurchschnittlich entwickelten Sinn fürs Praktische ausgestattet, der sie alle Herausforderungen des Lebens meistern ließ. Andy hatte ihr erzählt, dass er und Gareth am Rande von Johns und Pams Grundstück einmal eine Partyhütte – ein kleines Blockhaus mit zwei Zimmern – gebaut hatten. Sie hatten einen Teil des Waldes gerodet und das Haus aus dem Holz der Bäume errichtet, die sie gefällt hatten. Sie hatten einen ganzen Sommer dafür gebraucht. Wie anders war ihre Jugend gewesen als Roses und Pollys alkoholvernebelte, faule Teenagerzeit in Brighton, die sie damit verbracht hatten, am Strand Drogen zu nehmen und mit Jungs auf Sofas herumzuhängen.
Doch obwohl sie die beiden für ihre Einmütigkeit bei der Arbeit bewunderte, hatte Rose leidenschaftlich gegen ihre praktische Idee mit der Einfahrt argumentiert. Sie war der Ansicht gewesen, dass es eine Trennung zwischen Haus und Auto geben müsse. Wenn sie an der Spüle stehe und aus dem Fenster schaue, wolle sie einen Garten sehen, keinen Parkplatz. Weiter oben stehe das Nebengebäude, dahinter könne sich das Auto verstecken. Wäre es ein schöner alter Saab oder ein Maserati oder Ähnliches, würde sie vielleicht mit sich reden lassen, hatte sie gemeint, aber ständig auf ihren praktischen, hässlichen alten Galaxy zu starren sei einfach nur deprimierend.
Dagegen hatten die Männer nichts einzuwenden gewusst, und Rose hatte ihren Willen bekommen. Im Gegenzug hütete sie sich nun davor, um Hilfe zu bitten oder sich zu beklagen, wenn sie die Wocheneinkäufe vom Wagen ins Haus tragen musste.
Sie liebte den Kräutergarten, der anstelle der Einfahrt entstanden war, und fand es wundervoll, genügend Platz zu haben, um verschiedenste Varianten von Thymian und Lavendel anpflanzen zu können. Während die Kinder bei den Hühnern waren, nutzte sie die Gelegenheit, ein bisschen in der Erde zu wühlen und die winzigen Unkräuter auszuzupfen, die trotz der frühen Jahreszeit bereits ihre Köpfe aus der Erde reckten. Flossie lag neben ihr in ihrer Babyschale in der Sonne und brabbelte vor sich hin.
Rose hörte, wie die Kinder, aus
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