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Angsthauch

Angsthauch

Titel: Angsthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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ihre Gespräche und fragte sich immer wieder, was zwischen ihm und Polly gelaufen sein mochte. Was auch immer es war, auf Polly schien es jedenfalls eine positive Wirkung gehabt zu haben. Sie wirkte entspannter, weniger bissig. Und sie arbeitete, wenn sie im Nebengebäude allein war. Hin und wieder hörte Rose auf dem Weg zum Wagen einen Gitarrenakkord oder Pollys unverwechselbare Stimme, wenn sie gerade an einem neuen Song bastelte.
    Die Kleider von Tesco waren bereits nach wenigen Tagen schlammverkrustet, und Rose konnte sie gar nicht schnell genug waschen und trocknen. Daher hatte sie beschlossen, mit den Kindern nach Bath zu fahren, um ihre England-taugliche Garderobe zu erweitern.
    Sie holte sie mit dem Galaxy von der Schule ab. Abgesehen von der Fahrt vom Flughafen, war es das erste Mal, dass die Jungs Auto fuhren, und dementsprechend langwierig gestalteten sich die Verhandlungen, wer wo sitzen durfte. Beide wollten neben Anna sitzen, allerdings gab es in der hinteren Reihe nur zwei Plätze. Dann folgte eine lange Diskussion darüber, wieso sie ihren Sicherheitsgurt anlegen mussten. Irgendwann war alles geklärt, und es konnte losgehen. Sie holperten über die schmalen, von hohen Böschungen gesäumten Landstraßen durch den Nieselregen. Ein Monat, und der Wiesenkerbel würde sie überragen, aber noch hatten sie freie Sicht auf die Felder und die dahinterliegenden Hügel.
    »So viel Grün – da tun einem ja die Augen weh«, sagte Yannis.
    »Es wird noch schlimmer, glaub mir.« Rose lächelte ihn an. Er hatte im Streit um den Platz auf der Rückbank den Kürzeren gezogen, aber sein Trostpreis bestand darin, dass er vorn neben Rose sitzen durfte. Flossie saß in der rückwärtsgerichteten Babyschale als Einzige in der mittleren Reihe und wurde von Anna bei Laune gehalten, die hinten mit Nico die Köpfe zusammensteckte, tuschelte und kicherte.
    »Ich will auch hinten sitzen«, maulte Yannis und drehte sich zu den beiden um.
    »Auf der Rückfahrt«, tröstete ihn Rose.
    Dadurch nur teilweise besänftigt, drehte sich Yannis wieder nach vorn und stierte aus dem Fenster. »Bei uns zu Hause ist alles braun, blau und grau«, sagte er. »Im Frühling gibt es Blumen, aber dann kommt die Sonne und vertrocknet alles.«
    »Hier blühen die Blumen bis zum Ende des Sommers.«
    »Echt?« Er wägte diese Information ab, während er sich eine lange Haarsträhne um den Zeigefinger wickelte.
    »Vielleicht könntest du jetzt ja auch England als dein Zuhause betrachten, was meinst du, Yannis?« Rose legte ihm die Hand aufs Knie.
    »Dafür ist es viel zu kalt hier.« Er zog die Brauen zusammen und sah wieder aus dem Fenster auf die vorbeiziehenden Felder.
    Rose stellte den Wagen im Parkhaus ab und führte die Kinderschar im Gänsemarsch auf die Straße. In der Stadt gab es einen hübschen kleinen Laden namens Jabberwocky, der hochwertige, robuste Kindersachen verkaufte. Sie waren ein bisschen teurer als bei Tesco, aber dafür, fand Rose, saßen sie besser und waren langlebiger.
    Unterwegs fiel ihr auf, wie wenig Yannis und Nico auf den Verkehr achteten. Immer wieder musste sie sie davon abhalten, einfach auf die Straße zu laufen, bis sie ihnen schließlich befahl, sich am Kinderwagen festzuhalten, einer rechts und einer links. Es war allemal besser, andere Passanten vom Gehweg zu drängen, als zu riskieren, dass ihre Schützlinge unter ein Auto gerieten. Es lag nicht einmal daran, dass sie zur falschen Seite schauten, wenn sie die Straße überqueren wollten. Sie hatten einfach keinerlei Gespür für Gefahr. Sie verfügten auch nicht, wie sich rasch herausstellte, über die Fähigkeit, Roses Anweisungen Folge zu leisten.
    Sie drängelten sich durch die Ladentür. Die Kinder setzten sich mit Flossie in die Spielecke, während Rose im Laden herumging und ihnen Sachen zum Anprobieren heraussuchte. Das Personal war sehr kinderfreundlich, trotzdem musste Rose zweimal einschreiten: einmal, um Yannis und Nico zu trennen, die sich prügelten, und das zweite Mal, um Nico wegen seiner Ausdrucksweise zu ermahnen. Sie war erstaunt, wie anstrengend Einkaufen sein konnte. Insbesondere Yannis, normalerweise der Umgänglichere der beiden, war an diesem Tag kaum zu bändigen.
    Als Nächstes quetschten sie sich in die Umkleidekabine. Yannis zog sich sofort bis auf die Unterhose aus und rannte an Rose vorbei zurück in den Verkaufsraum.
    »Ich bin ein Bekloppter!«, schrie er und schlug Rad quer durch den Laden. »Ich bin ein Bekloppter!« Dann

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