Angstpartie - Thriller
Falkner. »Ist wohl nicht schwer zu erraten, warum.«
Liz gab sich Mühe, den Adler anerkennend zu betrachten. Der Vogel war etwa dreimal so groß wie die anderen Raubvögel. Er war braunschwarz und hatte weiße Streifen an den Schultern, dazu einen gefährlich aussehenden, gebogenen gelben Schnabel. Wie ein kleiner dicker Panzer hockte er auf McCashs ledernem Handschuh.
Liz und McCash standen etwa dreißig Meter vom Gebäude der Falknerei entfernt, wo die Vögel in ihren Käfigen saßen und Fatty mit undurchdringlichen Blicken fixierten. Neben Liz befand sich ein etwa brusthoher Pfahl mit einer hölzernen Plattform in der Größe eines Schuhabtreters. In etwa fünfzig Metern Entfernung entdeckte sie ein zweites Gestell dieser Art. McCash setzte den reglosen Fatty vorsichtig auf der ersten Plattform ab.
»Kommen Sie mit«, sagte er dann. Sie gingen zur zweiten Plattform. Liz warf nervös den einen oder anderen Blick über die Schulter. Sie wollte nicht unbedingt Bekanntschaft mit Fattys scharfem Schnabel machen. Doch der Vogel saß wie zur Salzsäule erstarrt auf seinem Platz.
Mit der ungeschützten Hand griff McCash in eine Tasche seiner Barbour-Jacke und zog ein Stück mageres Fleisch heraus. Er legte es auf die Plattform. »Moorhuhn«, erklärte er. »Das Fleisch muss roh sein. Greifvögel können Gekochtes und Gebratenes nicht verdauen. Dasselbe gilt für pflanzliche Materialien. Gibt man ihnen eine Taube, die noch Körner im Kropf hat, würgen sie die Körner wieder aus.«
Er trat beiseite und Liz stellte sich neben ihn. McCash drehte sich zu Fatty und klatschte kräftig in die Hände. Zunächst zeigte der Vogel keine Reaktion. Dann beugte er sich wie in Zeitlupe nach vorn, richtete sich auf den krallenbewehrten Füßen auf, machte zögernd einen Schritt und schien dann mehr von der Plattform zu kippen als abzuheben. Einen Moment lang dachte Liz, er würde auf dem Boden aufschlagen. Doch Fatty hielt sich mit einem Schlag seiner gigantischen Schwingen in der Luft und trudelte auf die zweite Plattform zu, wobei er nicht höher als unbedingt nötig flog. Der Vogel erinnerte Liz an das schwerfällige Flugzeug, von dem sie einmal gelesen hatte, die Spruce Goose . Howard Hughes hatte die Maschine in den 1940ern gebaut. Sie war nur ein einziges Mal geflogen - und dabei nur knapp zweihundert Meter weit. Diejenigen, die den Jungfernflug und damit zugleich das Ende der Spruce Goose miterlebt hatten, waren anfangs sogar alles andere als überzeugt gewesen, dass das Flugzeug überhaupt abheben würde.
Doch es war geflogen - genau wie Fatty. Kurz vor der zweiten Plattform hievte er sich mit einem einzigen mächtigen Schwingenschlag noch einmal ein Stück höher in die
Luft und landete mit einem uneleganten Platschen. Sofort verschlang der Raubvogel das Fleischstück und sah sich hungrig nach weiteren Leckerbissen um.
McCash lachte. Liz war bereits zwanzig Minuten hier und wurde langsam ungeduldig. Sie hatte McCash nach der geplanten Vorführung gefragt und als Antwort die kleine Flugschau mit Fatty zu sehen bekommen. Anscheinend war sie ein Teil des Programms. Danach durften die Gäste auf Wunsch selbst einen Falken fliegen lassen. Ein wirklich schwerer Zwischenfall war dabei kaum vorstellbar.
»Haben Sie mit den Israelis persönlich gesprochen?«, fragte Liz. Wenn sie ihn in seiner Vogelleidenschaft nicht bremste, würde aus ihrem kurzen Besuch in der Falknerei ein Tagespraktikum werden. Die Zeit zerrann ihr zwischen den Fingern und sie musste sich noch die Jagdhunde ansehen.
»Seltsame Leute«, erwiderte McCash. »Die Frau interessierte sich kein bisschen für die Vögel. Ich weiß gar nicht, warum sie überhaupt mitkam. Und dann die beiden Männer … Einer war nur eine halbe Portion und hatte die ganze Zeit Angst. Wieso auch immer.«
Liz fand das durchaus verständlich. Sie betrachtete Fattys scharfen Schnabel und die spitzen Krallen. »Und der andere Mann?«
»Der zeigte tatsächlich Interesse. Allerdings weniger für die Vögel als für die Technik. Wollte wissen, wie wir sicher sein können, dass die Greife zurückkommen, wenn wir sie fliegen lassen. Ich sagte ihm, ganz sicher seien wir nie. Deshalb trägt jeder Vogel einen kleinen Sender.«
Liz spitzte die Ohren. »Das müssen Sie mir näher erklären.«
McCash seufzte. »Sie sind ja genauso schlimm wie er. Im Grunde ist das System simpel. Wenn sie nicht wiederkommen, suchen wir nach ihnen. Sie tragen eine einfache Ortungsvorrichtung
in der Art, wie
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