Angstschrei: Thriller
Entfernung und die ungefähre Richtung ab, zielte und schoss. Der Mann lief weiter. McCabe ging in die Knie. Er stützte sich auf dem Verandageländer ab und spähte in die Dunkelheit. Dann gab er auf. Er konnte sein Ziel gar nicht mehr erkennen und wollte keine unschuldigen Zivilisten gefährden. Irgendwelche Leute, die im Bett lagen und schliefen. Die die Straße entlanggingen. Wie leicht konnte eine verirrte Kugel so jemanden treffen. Das durfte er nicht riskieren. Auch wenn es bedeutete, dass er das Schwein davonkommen lassen musste.
Er steckte seine Waffe in das Halfter und rannte die Treppe hinunter. Maggie lag im Schnee. Er sah, dass sich rechts unten auf ihrem Sweatshirt, direkt oberhalb des Halfters, ein kleiner roter Fleck ausbreitete. Die Fünfundvierziger hielt sie immer noch mit beiden Händen gepackt. Sie versuchte sich aufzusetzen. Während McCabe mit der einen Hand vorsichtig ihren Hinterkopf stützte, nahm er ihr die Waffe aus den Händen, sicherte sie und steckte sie in seine Manteltasche. Dann ließ er Maggie vorsichtig auf den Rücken sinken, sodass ihr Kopf im Schnee lag. Er zielte mit seiner eigenen Waffe weiterhin in die Richtung, in die der Schütze verschwunden war, holte sein Handy heraus und wählte PPD 911. Damit landete er direkt in der Zentrale. Maggie schaute ihn an. Sie war bei vollem Bewusstsein, hatte aber ganz offensichtlich Schmerzen. Sie versuchte zu lächeln. » Hier McCabe.« Er sprach schnell. » Zwei Verletzte, eine Beamtin, eine Zivilistin. Beides Schusswunden. Summer Street 131. Ich wiederhole: Summer Street eins-drei-eins. Verletzung der Zivilistin unter Umständen tödlich. Schickt zwei Notarztwagen und alarmiert sämtliche Einheiten. Männlicher Verdächtiger flüchtet zu Fuß nach Süden, Richtung Commercial Street. Groß. Dunkler Mantel mit Kapuze.«
» Und Brille«, krächzte Maggie.
» Sonst noch was?«, fragte McCabe.
Sie schüttelte den Kopf. » Es war dunkel. Er hat die Kapuze aufgehabt. Ich hab bloß seine Brille gesehen. Schwarzes Gestell.«
» Der Verdächtige trägt eine Brille mit einem schwarzen Gestell«, wiederholte McCabe. » Er ist bewaffnet und extrem gefährlich.«
Er schob ihr Sweatshirt hoch, um die Wunde zu untersuchen. In ihrer rechten Leiste befand sich ein kleines, schwarzrotes Loch. Das war ungefähr das, was man von einer Zweiundzwanziger erwarten konnte. Nicht besonders viel Blut. Sah auch nicht gerade lebensgefährlich aus, aber man konnte nie wissen. Falls die Kugel ein Organ verletzt hatte, dann wurde es vielleicht kritisch. Er fragte sich, ob es wohl auch eine Austrittswunde gab, aber er wollte sie lieber nicht umdrehen und nachsehen.
» Ich muss los«, sagte er. » Bin gleich zurück.« Dann rannte er die Hintertreppe hinauf.
Die Zentrale meldete sich wieder. » Notarztwagen sind unterwegs. Alle Streifen verständigt. Wir sind gleich da.«
Der Wohnzimmerboden war voller Blut. Ellie, falls das ihr Name gewesen war, war tot. Ihre Augen waren offen, aber leer. Er kniete sich neben sie und tastete mit zwei Fingern an ihrem Handgelenk nach dem Puls. Nichts. Er nahm ihr das blutige, zusammengeknüllte Nachthemd vom Hals und bedeckte ihre Blöße. Ein Verband war jetzt nicht mehr nötig.
Er musste unbedingt Abby Quinn finden, falls sie noch hier und am Leben war. Die Wohnung war nicht groß. Wohnzimmer. Küche. Ein Schlafzimmer. Ein kleines Bad. » Abby!«, rief er. » Hier spricht die Polizei. Wir sind hier, um Ihnen zu helfen.«
Er lauschte. Keine Reaktion. Die Fünfundvierziger im Anschlag, betrat er das Schlafzimmer. Fahles Licht drang zu den Vorhängen herein. Ein ungemachtes Doppelbett. Ein Stuhl. Eine Lampe. Keine Abby. Er trat zum Schrank, stellte sich seitlich an die Tür, riss sie auf. Da war sie auch nicht. Er rief noch einmal: » Abby Quinn! Hier spricht die Polizei. Kommen Sie raus!« Immer noch keine Antwort. Entweder war sie im Bad, oder sie war schon wieder verschwunden. Er ging auf die Badezimmertür zu. Draußen ertönten Sirenen. Rufe. Der Klang rascher Schritte. Rote, blinkende Lichter tanzten auf den Wohnzimmerwänden.
Er riss die Badezimmertür auf und trat ein. Hörte ein Wimmern hinter dem vorgezogenen Duschvorhang. Er zog ihn auf. In der Wanne stand Abby. Sie trug genau das gleiche Flanellnachthemd wie Ellie. Mindestens zwei Nummern zu groß. Sie hatte die Augen fest zusammengekniffen und ihre Hände umeinandergelegt, die eine über der anderen, so als würde sie irgendetwas festhalten.
» Alles in Ordnung,
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