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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Tauben im Park geschossen.«
    Philipp kommt rein. Den letzten Teil des Satzes hat er wohl gehört.
    »Ihr wollt auf Tauben schießen? Mit einer Fletsche? Ich dachte, dass machen nur kleine Jungs?«
    »Und Psychos«, sagt Julchen.
    Philipp zieht eine Augenbraue hoch. »Ihr kennt Psychos?«
    »Ich nicht. Aber Linda. Zumindest einen.«
    Sein Blick wandert zu mir. »Und wie ist dein Psycho so?«
    Auf dieses Gespräch habe ich jetzt überhaupt keine Lust.
    »Ich wollte ja eigentlich lieber ein Haustier. Haben meine Eltern aber verboten. Wegen der Haare und so. Deswegen halte ich mir jetzt einen Irren«, weiche ich aus.
    Er grinst. »Klingt doch ganz witzig.«
    Wenn der wüsste.
    Er lehnt sich leicht nach vorne: »Erzähl doch mal. Ist es ein gestörter Verehrer?«
    Ich spüre, wie ich rote Flecken in Handtellergröße im Gesicht bekomme. Julchen springt ein.
    »Einer? Linda hat gleich zwei! Einen heimlichen und einen unheimlichen«, sagt sie und lacht. Dann stutzt sie und guckt mich an.
    »Dabei ist der heimliche Verehrer ja jetzt gar nicht mehr heimlich. Dafür ist der unheimliche immer noch heimlich«, doziert sie.
    Als ob Philipp damit was anfangen könnte.

    Weil Philipp es sich bei Julchen so richtig bequem gemacht hat, gehe ich. In seinem Beisein können wir ja schlecht weiter über Arne und das Monster reden. In mir schleicht ein Gedanke wie eine Katze durch meinen Kopf.
    Will ich mich mit Arne treffen? Möchte ich ihn selber sehen? Er war mir mal so nah. So wichtig. Dann hat er mich so enttäuscht. Und getäuscht - dachte ich. Jetzt die Vorstellung, wie ich vor ihm stehe und sein Kopf ist genau auf der Höhe meiner Brust. In manchen Momenten möchte ich die Katze in mir mit Wasser bespritzen und vertreiben. Mit Arne schließlich fing alles an. Ob er jetzt der Grund ist oder nicht, ist ja scheißegal. Das Ganze steht einfach unter keinem guten Stern.
    Bei manchen Erinnerungen fängt die Katze an zu schnurren. Ich habe seine Mails aufgesogen. Er konnte Stimmungen mit Worten benennen, die ich nur diffus umschreiben konnte. Er war mir so ähnlich. So ganz anders als alle anderen Typen, die ich bis jetzt kennengelernt habe. Da war nie ein blöder zweideutiger Spruch. Keine billige Anmache. Keine Angabe. Kein Gelaber. Er war einfach richtig echt gewesen.
    Oder eben auch nicht.
    Ich liege auf dem Bett, lasse mich von meinen Erinnerungen wieder in die Zeit ziehen, in der ich so aufgeregt auf jede Mail von ihm gewartet habe. Ich weiß noch genau, wie warm und wohlig sich diese Zeit angefühlt hat. Alles war hell. Damals. Dann wurde es dunkel. Wie schwere Gewitterwolken, die plötzlich den Himmel verstecken. Seitdem sitze ich in diesem trüben Zimmer, halb unter der Erde. Habe mich vergraben. Wie in einem Bau. Ich habe nicht den Kopf in den Sand gesteckt, ich habe mich fast ganz eingegraben. Ich springe auf, reiße beide Fenster auf. Ich will hier nicht mehr lebendig begraben hocken. Ich gucke direkt vor zwei Beine. Irgendjemand steht im
Garten. Ich beiße mir in die Hand, um nicht laut zu schreien, gehe rückwärts zur Tür und schleiche mich in den Flur.
    Ist er das?
    Lungert er gerade wieder vor meinem Fenster rum? In meinem Kopf brennt eine Sicherung durch, verbrennt die Angst. Ich renne die Treppe hoch, spurte auf Socken in den Garten und stehe direkt vor - Paul.
    »Was machst du hier? Was willst du von mir?«, brülle ich ihn an.
    Seine Lider flattern. »Ich wollte mit dir reden.« Er klingt fast schüchtern.
    »Und warum klingelst du dann nicht?«
    »Ich hatte Angst, dass Luise aufmacht.«
    »Über was willst du mit mir reden?« Ich fühle mich erstaunlich stark.
    »Ob du nicht mal mit Luise sprechen kannst.«
    »Ich spreche andauernd mit Luise.«
    »Vielleicht könntest du mit ihr noch mal kurz über mich sprechen.« Seine Stimme ist leise und unterwürfig.
    »Paul, du bist Vergangenheit. Ich glaube, selbst in den schwächsten Momenten vergeudet Luise keinen Gedanken mehr an dich. Dabei sollte es bleiben, finde ich.«
    »Ich dachte eher, dass du noch mal mit ihr über den Anhänger sprechen könntest. Ich glaube einfach nicht, dass sie ihn wirklich ins Klo geworfen hat.«
    Mir bleibt die Luft weg. Deswegen schleicht er hier durch den Garten?
    »Verschwinde«, brülle ich nur.
    Er geht sofort.
    Fast ein bisschen zu schnell.
    Wieso hatte er eigentlich nicht an mein Fenster geklopft, wenn er doch mit mir hatte sprechen wollen?

    Ich habe die Rollos wieder runtergelassen, liege auf dem Bett.
    Es klopft leise.
    Danach

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