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Angstspiel

Titel: Angstspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Events werden gehandelt wie Blankorezepte unter Junkies. Außerdem weiß man nie wirklich, was als Nächstes
kommt. Ein, zwei Tage vor den Partys tauchen plötzlich die Tickets auf. Und weil man nie weiß, wie viele Leute ohne Ticket vor der Tür noch um Einlass winseln, muss man auf jeden Fall mega-pünktlich sein.
    Luise wird super-neidisch werden, wenn sie hört, dass ich in die »Villa« gehe. Wir waren mal zusammen auf einer spontanen Wasserschlacht am Baggersee dabei, die von der »Villa« organisiert worden war. Irgendein Typ, der mal scharf auf Luise gewesen war, hatte sie dazu eingeladen. Hatte wohl richtig viel Kohle dafür hingelegt. Er hatte sich dann am Wochenende vorher einen Fuß gebrochen, und weil Luise sich schon so ein fettes Loch in den Bauch gefreut hatte, bekam sie beide Tickets. Die Wasserschlacht war vom Feinsten. Es ging mit geil geschmückten Tretbooten zu der kleinen Insel mitten im See. Dort gab es fett zu essen, eine Reggae-Band, Drinks aus Kokusnuss-Schalen und einen Schokoladenbrunnen! Besser ich erzähle Luise gar nicht, dass ich in die »Villa« gehe.
    Wenn das mal keine Ablenkung von meinem Problem ist: Ich habe ungefähr acht verschiedene Outfits anprobiert und kriege die Krise. Trash. Das heißt, meine Klamotten sollen irgendwie billig wirken. Aber scheiße will ich natürlich trotzdem nicht aussehen. Ich habe superfiese giftgrüne Leggins. Das ist definitiv Müll. Wahrscheinlich Sondermüll. Dafür sehe ich darin aus wie ein aufgeblasener Frosch. Ich habe auch eine absolute Billig-Jeans von C&A. Die ist definitiv zu billig. Wahrscheinlich soll es eher nach Edel-Müll aussehen. Im Keller finde ich weiße Cowboy-Stiefel von meiner Mutter. Die sind zwar ein bisschen groß, aber ansonsten genau richtig. Dazu nehme ich ein Sommerkleid und einen fetten Gürtel, den ich mir aus Versehen mal letzten Herbst gekauft habe. Ich sehe aus wie eine Mischung aus Cowgirl und einer aufgebrezelten Fleischereifachverkäuferin. Ich habe gerade die
großen Blech-Creolen in die Ohrläppchen gesteckt, als ich Philipps Hupe draußen höre. Schnell noch pinkfarbenen Lippenstift. Fertig.
    Neben Philipp sitzt eine blonde Turmfrisur.
    Ich bin ein bisschen irritiert. Julchen reißt hinten die Tür auf. Sie hat ein Leder-Kombi-Kostüm an. In Weiß! Unglaublich. Ich frage mich, wo sie so was herhat. Billig war das bestimmt nicht. Hässlich ist es trotzdem. An sich. An Julchen sieht es irgendwie scharf aus.
     
    Vor der »Villa« ist schon eine lange Schlange. Endlich habe ich mal die Chance, mir die Begleitung von Philipp genauer anzusehen. Sie hat einen sehr, sehr kurzen Rock im Tigerlook an, Glitzerstrümpfe, Glimmer im Gesicht - und sie sieht irgendwie so aus, als würde sie nicht nur heute Abend so rumlaufen.
    Ich fühle mich wie auf einer coolen Karnevalsparty. Das Motto ist Programm. Es gibt Bier aus Dosen, Billigcola aus Plastikflaschen, No-Name-Flips und die schlechteste Musik, die ich seit Jahren gehört habe. Sonnenbank-Gedudel und Altfelgen-Oldies. Julchen und ich tanzen wie blöd. Nachdem ich gesehen habe, in was die anderen hier so rumlaufen, fühle ich mich auch nicht mehr so albern. Eher ein bisschen cool. Immerhin gehöre ich zu den fünfzig Leuten, die hier chillen und clubben.
    Als es in der Jackentasche vibriert, greife ich automatisch hin. Drücke auf den Knopf unter dem Briefumschlag. Die vier Worte ziehen die Luft aus meinem Kopf.
    Kleid steht dir auch, steht da nur.
    Er ist hier.
    Er ist hier irgendwo.
    Ich halte Julchen panisch das Display hin. Sie tanzt einfach weiter. Versucht, das Handy wegzuschieben. Ich gehe einen Schritt auf sie zu, halte ihr die vier Worte direkt
vors Gesicht. Sie verdreht die Augen. Ich drehe mich um, gehe direkt zum Klo, schließe mich ein.
    Er ist hier.
    Wie kann das sein? Wie kann er wissen, dass ich hier bin? Ich weiß es doch selber erst seit vierundzwanzig Stunden. Und wie ist er an ein Ticket gekommen? Ich sitze auf dem Klodeckel und spüre ein flatterndes Zittern in mir. Als würde ein Vogel in meinem Kopf sitzen und mit den Flügeln schlagen.
    Von draußen schlägt jemand gegen die Tür.
    »Brauchst du noch lange?«, höre ich ein Mädchen.
    »Ja«, sage ich leise und lasse einfach mal die Klospülung rauschen. Draußen wird getuschelt. Dann ist da plötzlich Julchens Stimme.
    »Linda? Bist du da drin? Komm raus.«
    Ich habe die Tür noch nicht ganz geöffnet, da drückt sich ein Mädel an mir vorbei. Sie muss offenbar sehr, sehr dringend.
    Julchen zieht

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