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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sich kunstvoll an einen abzweigenden Ast schmiegte. Ich blickte fragend auf ein mit einem Vorhang bedecktes Einschlupfloch.
    »Da geht's rein«, bestätigte Mellis. »Ein Imbiss steht auch bereit. Schlaf gut.« Sie winkte mir zu und führte dann die anderen weiter den Ast entlang. Ich krabbelte in das kleine Nest hinein und sah mich angenehm überrascht darin um. Ein Glühstein sorgte für angenehmes warmes Licht und zeigte mir eine weich ausgepolsterte Bettkuhle und einen kniehohen Tisch mit einem zugedeckten Tablett. Mehr an Einrichtung gab es nicht, aber mir genügte es.
    Erst, als ich den zweiten Bissen Brot kaute, bemerkte ich, wie müde ich war. Ich schluckte, spülte mit einer ordentlichen Mundvoll außerordentlich wohlschmeckenden Wassers nach und machte es mir in der Bettkuhle bequem. Chloe, die das Innere des kleinen Nestes gründlich inspiziert hatte, krabbelte zu mir unter die weiche Decke und schniefte befriedigt. Ihr schien es hier zu gefallen. Ich streichelte gedankenverloren ihren weichen Bauch und wickelte den kühlen, langen Schwanz um meine Finger. Niemand hatte es für nötig gehalten, mir zu zeigen, wie man einen Glühstein löschte, aber das sanfte Licht war mir nicht unangenehm. Ich streckte mich aus und betrachtete die rundgezogene Decke meines Quartiers. Sie bestand vollständig aus dünnen Zweigen, die auf höchst kunstvolle Weise miteinander verflochten worden waren. Der Wald rauschte leise und beruhigend, und ich fühlte, wie mein Nest sich sanft wiegte.
    »Ich bin nicht mehr auf Cairon, ich bin zu Hause«, sagte ich halblaut. Und mit dieser plötzlichen Erkenntnis versank ich in den ersten erholsamen Schlaf seit meiner Ankunft hier, der nicht von schweren Träumen begleitet war.

    Mellis holte mich am anderen Morgen ab. Ich hatte schon eine Weile wachgelegen und die kleinen Lichtpfeile beobachtet, die sich den Weg durch das Geflecht meiner Behausung in ihr dämmriges Inneres bahnten. Das sanfte Schwanken des Nestes, das meinen Schlaf so leicht und schwerelos gemacht hatte, war stärker geworden, und auch das lautere Rauschen des Laubes und ein beständiges, leises Knarren der kleineren Äste deuteten auf auffrischenden Wind hin.
    Mellis brachte mich zu einer baumelnden Strickleiter, die weiter hinauf in die Baumkrone führte. Ich betrachtete zweifelnd die filigran wirkenden Seilstränge und die kunstvollen, allerdings wenig Vertrauen erweckend aussehenden Knoten. Mellis gluckste. »Keine Sorge, sie wird dich tragen. Das Seil ist erheblich fester, als es auf den ersten Blick wirkt.«
    Ich hatte keine andere Wahl, ich musste ihr glauben, wenn ich nicht auf diesem Ast verhungern wollte. Zähneknirschend vertraute ich mich der zierlichen, schaukelnden Leiter an und kletterte an ihr empor zu dem nächsten straßenbreiten Ast, wo Mellis mich bereits erwartete. Sie war so schnell an der Leiter emporgeturnt, dass ihre Hände und Füße sie kaum zu berühren schienen.
    Auf diese Weise bewältigten wir eine Unzahl von Etagen. Nach einer Weile musste ich beschämt um eine kleine Rast bitten. Mellis hockte sich bequem neben mich auf den Ast, der schon merklich dünner war als der, auf dem ich die Nacht verbracht hatte. Sie ließ eins ihrer Beine über den schwindelnden Abgrund baumeln, und ich schloss für einen Moment die Augen.
    »Geht es?«, fragte sie besorgt und griff nach meinem Arm. Ich nickte und öffnete wieder die Augen.
    »Ich muss mich wohl erst noch daran gewöhnen.« Es fiel mir schwer, dieser halben Portion gegenüber, die mir gerade mal bis zum Nabel reichte, meine Schwäche einzugestehen.
    Sie sah mich mit ihren grünen Augen verständnisvoll an und klopfte mir kurz und fest auf die Hand. »Du hältst dich wacker. Ich habe schon Riesinnen erlebt, die sich auf halber Strecke weigerten, auch nur einen einzigen weiteren Schritt zu tun.« Sie lachte mit blitzenden Zähnen, und ich fühlte mich an Tallis erinnert. »Wir haben sie dann fesseln und hinaufziehen müssen«, fuhr sie glucksend fort.
    Ich stand eilig auf. »Bitte nicht, ich gehe freiwillig weiter!« Mellis lachte laut auf und schob mich auf die nächste Strickleiter zu.
    Die Äste, auf denen wir uns inzwischen bewegten, waren für mein Gefühl viel zu dünn, um mich noch tragen zu können, aber Mellis bewegte sich so sicher und gelassen auf ihnen, als seien sie breit wie ein Boulevard. Sie führte mich zu einem weiteren geflochtenen, annähernd kugelförmigen Raum ähnlich dem Nest, in dem ich die Nacht verbracht hatte, nur

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