AnidA - Trilogie (komplett)
sind zwar einst von den Grennach geschaffen worden, aber nur, weil eine starke Kraft ein Gefäß benötigte und sich ihr Werkzeug dafür wählte.« Sie seufzte schwer. »Kind, das ist kein Gesprächsstoff nach einem solchen Tag. Du solltest jetzt schlafen. Und mach dir nicht so viele Gedanken darüber, was du bist und wohin du gehst. Du bist eine Hexe, das reicht. Und du bist stark.« Sie strich sacht über Annas Stirn und ging hinaus.
Anna lag trotz dieser Worte noch eine ganze Weile da und grübelte. Dann endlich holte der Schlaf sie ein, und sie ließ sich dankbar in seine weichen Arme sinken.
Korben fand sie am anderen Morgen in luftiger Höhe an einem ihrer alten Lieblingsplätze, wo sie versonnen auf das Blätterdach des Waldes hinabblickte.
»Ich wusste, dass du hier bist«, sagte er zufrieden. »Da unten sucht man nach dir.«
Anna lächelte ihn an. »Es war ein Fehler, dir diesen Platz zu zeigen. Ich glaube nicht, dass man mich hier so schnell gefunden hätte.«
»Hat man ja auch nicht«, gab Korben zurück und klammerte sich an einem Ast fest. Er vermied es, nach unten zu blicken, und suchte lieber einen Haltepunkt für seine Blicke irgendwo in der Ferne.
Anna klopfte neben sich auf den Ast, auf dem sie saß. Ihre Beine baumelten rechts und links hinab, und unter ihren Füßen lag nicht viel mehr als die Ahnung, dass weit, weit unten der Waldboden war. Korben schluckte und ließ sich ein wenig zittrig neben ihr nieder.
»Du hast seltsame Lieblingsplätze«, sagte er nach einer Weile.
Anna legte den Kopf in den Nacken und sah zum Himmel empor. Weit oben zogen ein paar Wölkchen vorüber.
»Hier habe ich meine Ruhe«, erwiderte sie. Korben nickte voller Verständnis.
»Was erwarten sie eigentlich von dir?«, meinte er.
Anna hob die Brauen. »Gute Frage«, sagte sie leicht erstaunt. »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht genau.« Sie zog die Lippe zwischen die Zähne. »Ich weiß ja noch nicht einmal, was ich will.«
Korben musterte sie. »Du hast jetzt deine Kraft gefunden«, sagte er vorsichtig. »Du kannst endlich deine Ausbildung zur Hexe beenden.«
Anna seufzte. »Wo?«, fragte sie ironisch. »Soll ich in die Residenz zurückgehen und der Obersten Hexe erklären, dass ich zwar die Herzen gestohlen – und gleich darauf verloren – habe, aber dafür endlich Kräfte gewonnen habe, die der Weiße Orden sicherlich für fragwürdig hält? Und dass sie mich bitte weiter ausbilden sollen?«
»Du brauchst den Weißen Orden nicht.« Korben senkte die Stimme zu einem verschwörerischen Wispern. »Die Krähe hat mir gesagt, dass sie mich als Schüler annimmt. Wir beide könnten zusammen bei ihr lernen – hier bei den Grennach. Wäre das nicht großartig?«
Anna hob nachdenklich eine Hand und ließ ein winziges helles Geistfeuer auf ihrer Handfläche entstehen. Funken sprühten von ihren Fingerkuppen. »Das habe ich nie richtig gekonnt«, murmelte sie. »Jetzt ist es ganz einfach ...« Mit einem Fingerschnippen löschte sie das Feuer und sah Korben an. »Ich denke, du hast Recht. Es ist großartig. Ich muss mich an den Gedanken wohl nur erst gewöhnen.«
»Gewöhn dich ruhig dran«, gab Korben zurück. »Denk an all die dummen Bemerkungen, die du dir im Orden hast anhören müssen. Das ist jetzt vorbei – und ich sage dir was: Das, was die Krähe uns lehren wird, kann uns kein anderer beibringen!« Er strahlte förmlich vor Freude und Aufregung. Anna musterte ihn ein wenig unbehaglich, entspannte sich dann aber und gab ihm lachend einen Stoß in die Rippen, der ihn blass werden ließ.
»Nicht«, stöhnte er und suchte hastig nach Halt.
»Du bist ein Rabe, du kannst doch fliegen«, neckte Anna ihn.
Korben wurde schlagartig ernst. Anna sah ihn verdutzt an. »Was hast du?«, fragte sie.
»Das, was du gesagt hast«, murmelte er. »Dass ich ein Rabe sei. Was hat Jinqx dir erzählt?«
»Was soll sie mir denn erzählt haben?« Anna runzelte die Stirn. »Ich habe dich fliegen sehen – und du musst zugeben, du hast ausgesehen wie ein Rabe. Oder sollte das eigentlich eine Möwe sein, und du hast bloß Form und Farbe nicht richtig hinbekommen?«
Sie hatte erwartet, dass er lächeln würde, aber seine Miene blieb finster. »He, was ist los?«, fragte sie behutsam. »Was bekümmert dich?«
Er zog die Schultern hoch, als fröre ihn, und kreuzte die Arme vor der Brust. »Die Krähe hat mir im Kerker von meiner Familie erzählt«, sagte er widerwillig. »Mein Vater war der Grund dafür, warum sie sich die
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