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AnidA - Trilogie (komplett)

AnidA - Trilogie (komplett)

Titel: AnidA - Trilogie (komplett) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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ich gleich feststellen.
    Ich drückte mich eng an die Hafenmauer und versuchte, weniger zu stinken. Über mir kreisten einige verdutzte Möwen, die sich wahrscheinlich fragten, was da so appetitanregend roch. Langsam schob ich mich um die Ecke und beobachtete aufmerksam die Mündung des Alten Kanals. Das Glück schien mir noch immer hold zu sein, ich konnte nichts ausmachen, das auch nur entfernt nach einer Patrouille aussah. Dumm von den Jungs, immerhin konnte ihnen auf diesem Weg einiges von ihrer Beute durch die Lappen gehen. Andererseits waren die bisherigen Razzien immer so schnell und ohne Vorwarnung vor sich gegangen, dass die Bewohner der Clouds für gewöhnlich vollständig davon überrumpelt worden waren. Man nahm es inzwischen hin wie den frühjährlichen Orkan, der so nach und nach die baufälligen Häuser und schäbigen Hütten des Viertels einriss. Die Razzien der Roten erschienen dagegen auch nicht viel schlimmer. Zumindest pflegten sie für gewöhnlich wenigstens die Dächer auf den Häusern zu lassen.
    Ich zog mich aus und rollte meine Sachen eng zusammen. Es ließ sich nicht vermeiden, dass sie nass wurden, aber wenigstens wollte ich nichts verlieren. Dann nahm ich die ungnädig fiepende Chloe in die Hand und sah ihr sehr ernst in die Augen.
    »Du hältst dich schön an mir fest, hörst du? Sonst kannst du hinter mir herschwimmen.« Sie blinzelte und bleckte die scharfen gelben Zähne. Ich küsste sie schmatzend zwischen die rosigen Ohren, was sie überaus verabscheute, und setzte sie auf meine Schulter. Ihre spitzen Krallen bohrten sich schmerzhaft in meine Haut. Ich ließ mich in das kalte, trübe Wasser gleiten und versuchte, nicht allzu laut mit den Zähnen zu klappern. Herrschaftszeiten, warum war mir das alles nicht im Sommer passiert? So lautlos wie möglich schwamm ich in den Kanal hinein. Bloß nicht darüber nachdenken, was sich unter der ölig schimmernden Wasseroberfläche alles verbergen mochte! Chloe hielt sich wacker auf meinem glatten, nassen Rücken. Normalerweise schwamm sie auch durchaus gerne mal, aber sie war klüger als ich und beschränkte sich bei dieser Art der sportlichen Betätigung auf heißere Tage.
    Ich schwamm etliche hundert Meter in den Kanal hinein, bevor ich mich an der Böschung emporzog und durch all den Müll hindurch zur Straße hochkraxelte. Ich war beinahe blau vor Kälte und beeilte mich, in meine nassen Kleider zu kommen. Chloe pfiff empört und kletterte auf meinen Kopf. Sie grub ihre Krallen in meine Kopfhaut und weigerte sich, wieder herunterzukommen, bevor ich nicht dafür gesorgt hatte, wieder trocken und warm zu werden, wie es sich für ihren Lieblingsschlafplatz gehörte.
    Anscheinend waren die Roten nicht von ihrer Routine abgewichen und von außen nach innen durch das Viertel gewalzt. Sie schienen sogar den überall herumliegenden Müll durchsucht zu haben. Ich stakste zwischen grünlichen Lachen irgendwelcher schimmligen Flüssigkeiten, zerbrochenem Glas, geplatzten Plastiktüten, aus denen undefinierbare faulende Massen quollen, und Myriaden von unvollständig geleerten Verpackungen von Fertigimbissen herum, über denen Wolken von Herbstfliegen standen, und wünschte mich ernstlich ins Fischviertel zurück. Meinen Schuhen war das Bad überhaupt nicht bekommen, sie begannen sich in ihre chemischen Bestandteile aufzulösen. Ich schlüpfte in einen Hauseingang, dessen Tür zerbrochen in den rostigen Angeln hing, und streifte sie mir von den Füßen.
    Hinter mir kreischte eine Stimme: »Sieh zu, dass du Land gewinnst, dreckige NonHab!« Eine angefaulte Kartoffel flog haarscharf an meinem Ohr vorbei und klatschte mitten in einen riesigen Haufen menschlicher Scheiße neben der Tür.
    Ich knurrte nur: »Keine Aufregung, Lady. Ich hab nicht vor, hier einzuziehen«, und ließ als Dank für den warmen Empfang meine alten Latschen im Eingang zurück. Etwas vorsichtiger als vorher suchte ich mir meinen weiteren Weg. Ich hatte keine Lust, in irgendwelche Scherben zu treten und mir zu allem Überfluss auch noch eine Blutvergiftung zu holen. Das heruntergekommene Haus, in dem Tallis wohnte, befand sich glücklicherweise am südwestlichen Rand der Clouds, deshalb konnte ich davon ausgehen, dass die Suchtrupps hier ebenfalls schon durchgekommen waren.
    Ich klopfte an die ordentlich grün gestrichene Haustür. Wenig später hörte ich die leichten Schritte der Zwergin die Treppe herabeilen. »Komm rein, Kind.« Tallis warf einen misstrauischen Blick an mir vorbei

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