AnidA - Trilogie (komplett)
betrachtete ich das Schmuckstück etwas genauer, das sie ständig trug und das zu ihr zu gehören schien wie ihre Nase. Es war eine uralte Arbeit, obwohl ich nicht genau sagen konnte, woher ich dieses Wissen nahm. In die verschlungenen Windungen des Silberdrahtes waren winzige geschliffene Steine eingearbeitet, die in allen möglichen Schattierungen grün aufblitzten. Mir war, als würde ich die Brosche zum ersten Mal in meinem Leben sehen, und gleichzeitig schien ich sie schon seit meiner Geburt zu kennen.
Tallis bemerkte meinen Blick und lächelte beinahe schmerzlich. Sie löste seltsam widerstrebend das Schmuckstück von ihrem Kragen und legte es mir in die Hand. Ich schloss die Finger darum. In meinem Kopf blitzte eine schnelle Folge von Bildern auf, die ich nicht einordnen konnte. Ich sah Reiter auf Pferden und lautlose, blendend helle Entladungen, die sie zu Boden schmetterten. Ich sah Frauen, die mit erhobenen Händen bläuliche Blitze zu schleudern schienen, und dunkelgewandete Gestalten, die das blaue Feuer von sich abprallen ließen, um ihrerseits rötlich glosende Feuerbälle auf die Frauen abzuschießen. Männer in altertümlichen Kleidern und mit Schwertern und kleine, tierähnliche Wesen mit langen Schwänzen und spitzen Ohren, die seltsamerweise Kleidung zu tragen schienen, lagen zwischen den feuerspeienden Fronten reglos auf dem Boden. Ich konnte nicht erkennen, ob sie tot oder am Leben waren.
»Eddy, komm zurück«, rief eine Stimme, die fremd und vertraut zugleich klang. Ich schüttelte mich und ließ die Brosche auf den Tisch fallen. In meiner Handfläche hatte sich rot und schmerzhaft brennend ihr Umriss abgedrückt.
»Tallis, was war das?« Ich hatte Mühe, mich zu orientieren. Die Küche nahm langsam wieder Gestalt an, und eine sehr beunruhigt aussehende Tallis blickte mir in die Augen.
»Es ist zu früh. Das hätte gar nicht passieren dürfen, Eddy. Es ist noch viel zu früh. Der richtige Zeitpunkt, darauf kommt es an.«
Ich schüttelte benommen meinen schmerzenden Kopf. »Was redest du da? Süßer Iovve, Tallis, hast du mir irgendwas in den Kaffee getan?«
Tallis wurde schneeweiß unter ihrer dunklen Haut. Sie schoss aus ihrem Schaukelstuhl hoch, als hätte sie etwas gebissen. Einen kurzen, verwirrten Augenblick lang glaubte ich unter dem Saum ihres langen Rockes ein drittes schwarzbestrumpftes Bein hervorblitzen zu sehen. Ich kicherte albern und deutete darauf, aber da hockte sie schon neben mir auf der Bank und hielt meine Hand.
»Tallis, ich fühle mich, als hätte ich zu viel getrunken.« Ich begann wieder zu kichern. »Du hast aber spitze Ohren, Großmutter. Und so scharfe Zähne, oje, wie fürchte ich mich ...«
Eine kühle Hand legte sich über meine überfließenden Augen. Es wurde still und dunkel um mich. »Sei ruhig, Adina. Es ist noch nicht an der Zeit«, murmelte eine beruhigende Stimme. »Schlaf, mein Kind. Es wird alles wieder gut.«
Etwas wirbelte mich herum und schleuderte mich in das dunkle Verlies, aus dem ich gerade erst entkommen war. Ich schrie vor Wut und Entsetzen, aber die grobe Hand, die mich gepackt hatte, war stärker als ich. Mein Schrei verhallte ungehört. Ich fand mich in Tallis sonnendurchfluteter Küche wieder, eine Tasse heißen Kaffees zwischen den Händen und damit beschäftigt, einen Ausweg aus der verfahrenen Situation zu suchen, in die ich mich und Dix gebracht hatte.
»Vielleicht sollte ich noch einmal den Geier aufsuchen.«
Tallis sah von der Datenrolle auf, die sie ratlos zwischen ihren Fingern drehte. Ihr zerknittertes kleines Gesicht war besorgt. »Meinst du, das wäre ratsam? Nach dem, was du mir erzählt hast, wird er sich mit dir in Verbindung setzen, sobald er etwas erreicht hat. Ich könnte mir vorstellen, dass es nicht ungefährlich für dich wäre, wenn du vorher versuchen würdest ...«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, unterbrach ich sie. Das war nicht besonders höflich, aber ich hatte plötzlich üble Kopfschmerzen, und das machte mich ungeduldig.
Tallis war nicht beleidigt. »Du siehst elend aus, Eddy. Möchtest du dich lieber wieder hinlegen? Du hast eine schlimme Zeit hinter dir.«
Einen Moment lang fand ich ihren Vorschlag verlockend. Dann schüttelte ich etwas zu energisch den Kopf. »Nein danke, Tallis. Gib mir eins deiner Wundermittelchen gegen Kopfschmerzen. Ich muss einen Weg finden, diese Säuberungsaktion zu verhindern, der Himmel weiß, wie ich das anstellen soll.«
Schließlich überredete sie mich doch, mich
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