AnidA - Trilogie (komplett)
mit einem kühlen Umschlag auf der Stirn ein wenig hinzulegen. Wo hatte ich nur diesen verfluchten Brummschädel her? Ich hatte in den letzten Tagen weder zu viel getrunken noch irgendwelche Drogen genommen, aber einen Kopf, als wäre die ganze Nacht lang ein übler Syncocktail durch meine Ganglien getrampelt. Erst gegen Nachmittag lichtete sich mein seltsamer Kater.
Tallis hatte es gewagt, durch das Viertel zu gehen, vorgeblich, um einzukaufen. »Die Roten sind anscheinend fort«, berichtete sie, während ich auf ihrem Sofa lag. »Aber es schleichen einige Kerle dort draußen herum, die ich hier noch nie zu sehen bekommen habe.«
»Sicherheitsleute?«, spekulierte ich. Sie hob die Schultern.
»Mag sein. An deiner Stelle würde ich noch ein wenig hier bleiben. Dein Freund ist doch in guter Obhut dort, wo er sich befindet, oder?«
Ich grinste und dachte an Mutter Gans und ihre Mädchen. »Ich denke, mehr oder weniger schon. Also meinetwegen, ich kann ohnehin nichts tun.« Sie brummte zufrieden und machte Anstalten, sich zu erheben.
»Tallis, meinst du nicht, wir sollten die Leute warnen?« Diese verdammte Datenrolle nagte an mir wie Chloe, wenn sie schlechte Laune hatte. Tallis sah mich nur an. Sie brauchte nicht zu antworten, ich erkannte die Dummheit meiner Frage selbst. Wovor warnen? Und was dann? Letztlich konnten die Bewohner der Clouds, gewarnt oder nicht gewarnt, ohnehin nicht viel anderes tun, als alles auf sich zukommen zu lassen. Schlechtes Wetter, Razzien, Wirbelstürme, rationiertes Wasser, die Versuche des Administrators, die Häuser und Hütten zu räumen – das alles ging seit Jahren über die Clouds und ihre Bewohner hinweg. Man duckte sich und versuchte davonzukommen.
Kleine Füße kratzten über meine Schulter, und eine rosafarbene Nase schnüffelte zur Begrüßung zart an meinen Lippen. »Oh, hallo, Chloe. Ich dachte schon, du hättest mich verlassen«, murmelte ich abgelenkt und erwiderte den Kuss.
»Ich habe ihr zu fressen gegeben«, sagte Tallis beinahe entschuldigend. »Das war doch in Ordnung, oder?«
Ich setzte mich auf und umarmte die winzige Frau. »Du bist viel zu lieb zu einer Streunerin wie mir. Warum tust du das alles bloß?«
Sie streichelte mir sacht über den Rücken. »Du wirst deiner Großmutter immer ähnlicher«, sagte sie gedankenverloren. »Wir haben uns sehr geliebt ...« Sie unterbrach sich und strich mit einer fahrigen Handbewegung ihr Haar zurück.
»Aber«, stotterte ich konsterniert. »Du willst doch nicht behaupten, dass du meine Großmutter gekannt hast!«
»Das ist eine sehr lange Geschichte. Wenn wir das hier hinter uns haben, werde ich sie dir erzählen.« Ich bedrängte sie, aber sie blieb unnachgiebig. »Nicht jetzt, Kind, ich bitte dich«, sagte sie nur, selbst als ich darauf hinwies, dass ich nicht mehr lange auf Cairon sein würde, falls alles so verlief, wie ich es geplant hatte.
Ich gab auf. Tallis hatte den härtesten Dickkopf, den ich je an einer Frau bewundert hatte, und ich wusste aus Erfahrung, dass ich nicht in der Lage sein würde, sie von ihrem Standpunkt abzubringen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, und Tallis würde selbst entscheiden, wann es soweit sein würde. »Jedes Ding hat seine richtige Zeit«, wie sie immer sagte.
In den nächsten Tagen gammelte ich im Haus herum. Ich schlief lange und genoss den Luxus, das in einem richtigen Bett tun zu können. Ich badete so oft, dass Tallis mich bat, sie sofort zu informieren, wenn mir Kiemen und Schwimmhäute wachsen sollten, und ich ließ zu, dass sie mir pausenlos etwas Leckeres zum Essen hinstellte.
»Tallis, hör auf«, stöhnte ich am dritten oder vierten so verbrachten Tag, als sie mich mit einem Teller voller geschälter Pfirsiche lockte. »Wenn ich so weiterfresse, wird kein Shuttlepilot mich noch mitnehmen, ohne mich wegen Übergewicht ordentlich draufzahlen zu lassen.«
Tallis kicherte und schob mir einen Pfirsichschnitz in den Mund. »Du bist so mager, dass man sich blaue Flecken an dir holt, Eddy. Komm Kind, es macht mir doch Spaß, dich ein wenig aufzupäppeln.« Sie hockte sich neben mich auf das durchgesessene Sofa und fütterte mich wie einen Säugling. Chloe wurde wach und kam aus meinem Hemdausschnitt gekrabbelt, um sich ebenfalls verwöhnen zu lassen. Es würde ein ordentliches Stück Arbeit werden, die Kleine wieder an das Leben auf der Straße zu gewöhnen, das war sicher.
»Hast du wieder Alpträume gehabt?«, fragte Tallis behutsam zwischen zwei Bissen, die
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