Animal Tropical
praller Sonne. Ich gebräunt wie ein Araber. Sie rot wie ein Krebs. Ich lasse sie beim Wein und gehe in den Wald zum Jogging. Halbe Stunde. Ich komme zurück, dusche, wir essen Klöße, Salat und Obst. Sie geht, um für die Europäischen Parlamentswahlen 1999 ihre Stimme abzugeben. Ich halte ein Schläfchen und lese etwas in Reichweite. Hippopotamus, glaube ich, oder so. Wieder ein Schläfchen. Ich wache auf und rauche eine Zigarre, trinke ein Glas Whisky mit Eis. Um sieben fängt es an zu regnen, und die Temperatur sinkt innerhalb weniger Minuten. Ich bekomme kalte Hände und Füße.
Wir sehen uns einen Dokumentarfilm über irische Bauern an, die Korbmöbel aus Weiden- und Haselzweigen flechten. Um neun trinken wir Bier, essen ein Omelett mit Champignons zu Abend, hören Lou Reed. Und wir unterhalten uns über die riesigen Ratten in der Stockholmer Altstadt und an den Piers, wo sie mit ihrem ersten Ehemann in einem sehr alten, kalten Haus gewohnt hatte und ständig gegen die Ratten ankämpfen musste. Danach erzähle ich ihr von Haifischsteaks und Froschschenkeln und wie diese Tierchen in den Sümpfen südlich von Havanna gejagt werden. Die Temperatur fiel immer weiter. Ich musste mir meine Wollsocken anziehen. Sie nahm ein heißes Bad, sagte, sie rieche nach Tabakrauch. Dann trank sie ein Glas warme Milch und legte sich um halb elf ins Bett. Ich las weiter bis spät in die Nacht. Gelegentlich hielt ich inne und hatte Erinnerungsflashs: Gloria, die Konsultationen der Santeras in Havanna und anderes. Leute, Orte, Momente. Das Durcheinander und der Wirrwarr, das Chaos und die Seelenqual liegen ständig auf der Lauer. Sie schlafen nicht. Geben nie Ruhe. Wenn sie über einen hereinbrechen, muss man einen klaren Kopf behalten. Der Wahnsinn macht ständig die Runde. Der Verlust der Vernunft. Das Beste ist, den Kopf auszuschalten und nicht zu kämpfen. Die Ferne vom Ursprung schafft manchmal Verwirrung. Kopf ausschalten. Als ich mein Gleichgewicht wiederhabe, lege ich mich schlafen. Das Bett ist warm. Agneta schläft splitternackt. Sie tut alles, was ich will. Es ist Mitternacht oder etwas später. Meine Hände und Füße sind kalt. Ich presste mich eng an Agneta, um mich zu wärmen. Berührte ihr winziges Bäuchlein. Sie kuschelte sich an. Hustete ein paarmal, wachte aber nicht auf. Und wieder über meinem Herzflattern das Gefühl von Wahnsinn. Manchmal umflattert es mich überraschend. Könnte ich eines Tages verrückt werden? Der Gedanke allein entsetzt mich. Aber so ist es. Die Vorstellung macht mir schreckliche Angst und wirft mich aus der Bahn. Alles in meinem Innern gerät aus dem Lot. Ich habe dann das kaum bezähmbare Bedürfnis, schreiend davonzulaufen.
Diesmal war es nur eine kurze Gefühlsanwandlung, die sich rasch wieder legte. Ich hatte mich wieder im Griff und schlief in wenigen Minuten ein.
Als ich aufwachte, war es halb sieben. Wie immer hatte ich eine perfekte Erektion, und wie immer konnte ich der Versuchung, Agneta zu küssen, nicht widerstehen. Sie immer wieder zu küssen, bis sie erwachte. Da lag ich mit dem Mund nach oben im Bett, die Beine in X-Stellung gespreizt, und masturbierte sachte.
»Oh, aber was machst du denn da?«
»Gefällt es dir?«
»Ja.«
»Besorg es dir auch.«
»Was?«
»Du sollst es dir auch besorgen. Lass deine Titten sehen. Verdammt, sind die pornografisch. Lass die Titten sehen. Ahhh, gut so, wie schön.«
Agneta gefallen diese privaten Pornoshows. Nach einer Weile stecke ich ihn ihr rein und murmele ganz leise: »Da, Gloria, nimm ihn dir. Dieser Schwanz gehört dir, du geiles Luder, du bringst mich um den Verstand.« Und ich mache langsam, um nicht zu kommen. Agneta kommt ein ums andere Mal und wieder und wieder. Wie eine junge Stute. Super, toll, so mag ich’s! Ein Strahl nach dem anderen, und ich denke mit geschlossenen Augen an Gloria, denke an diese Mulattin und murmele: »Da, nimm meinen Saft, Schätzchen, du geiles Stück. Nimm ihn dir, denn ich gehöre dir.«
Danach frühstücken wir Cornflakes mit Sauermilch, eine Tasse Tee. Sie ist spät dran. Schluckt ein paar von den Flocken, wirft einen Blick auf die Zeitung und sagt zu mir:
»Nur achtunddreißig Prozent haben das Europaparlament gewählt. In Schweden. In Europa nur neunundvierzig Prozent.«
»Niemanden interessiert Politik.«
»Das glaube ich. Noch weniger als 1995.«
»Im Jahr 2003 werden sie kaum auf dreißig Prozent kommen. Du wirst schon sehen.«
»Was interessiert die Leute denn?«
»Geld,
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