Animus
den Geheimdiensten und dem Militär gleichzeitig anlegen kann!«
»Da bin ich mir inzwischen leider nicht mehr so sicher. Conrad hat angedeutet, dass diverse Terrorgruppen unter seinem Kommando vereint sind. Vermutlich ist er jetzt komplett durchgedreht. Das sehen wir ja gerade deutlich genug, oder?«
Ich runzelte die Stirn und griff zu meinem Handy. Doch ich bekam keine Verbindung.
»Was habt ihr nun vor?«, fragte ich.
»Wieso ihr ? Was ist mit dir ?«, fragte Katya zurück. »Du kannst nicht wieder nach Washington. Die machen kurzen Prozess mit dir. Wegen Hochverrats. Keiner wird dir glauben, dass du nichts gewusst hast. Deine Affäre mit Lucy ist längst nicht so geheim, wie ihr denkt. Du hast Evs Akten gefälscht, um sie ins Programm zu nehmen. Auf deine Verbindung zu Marc werden sie auch kommen, wenn sie lange genug suchen. Und dann auf dessen Verbindung zur Guerilla. Du bist dran, Pete, und ich kann für uns alle sprechen, dass uns das am meisten leidtut. Wahrscheinlich ist es das Einzige, was uns leidtut. Vor allem Lucy. Aber sie hatte keine andere Wahl, als dich zum Mitkommen zu zwingen.«
»Scheiße. Du redest nur Scheiße.« Ich stand auf und ging hinaus. Die Nacht war undurchdringlich, die Wolkendecke hatte sich geschlossen.
»Lucy?«, rief ich.
»Hier.«
Ich sah sie erst, als ich dicht vor ihr stand, fast wäre ich über sie gestolpert. Lucy saß im nassen Gras auf dem Boden und stierte vor sich hin.
»Du holst dir eine Erkältung.«
Lucy lachte bitter auf. Ihre Schultern begannen zu zucken, ihr ganzer Körper bebte. Ich sah, dass sie mit Mühe ihren inneren Aufruhr zu unterdrücken suchte. Es gelang ihr nicht. Qualvoll brachen sich Schmerz und Verzweiflung Bahn, ein Stöhnen kam über ihre Lippen. Ich zog sie hoch und brachte sie zum Auto, setzte sie nach vorne auf den Beifahrersitz, kletterte daneben und schloss die Türen. Sie ließ alles einfach so geschehen. Ich zündete zwei Zigaretten an und gab ihr eine davon. Erst jetzt wagte sie, mich anzuschauen.
»Erschieß mich. Tu mir den Gefallen, erschieß mich.« Im Licht der aufglimmenden Zigarette wirkten ihre Augen wie glühende Kohlen.
»Warum? Weil du Scheiße gebaut hast? Weil du schuld bist am Tod einer Menge Unschuldiger? Am sicheren Tod von Franks bestem Freund Paul zum Beispiel, den wir vor dem Saal haben stehen lassen. Deshalb? Oder weil du schuld daran bist, dass mein Leben von einer Sekunde auf die andere nicht mehr existiert? Erschieß dich doch selbst.«
Sie schaute mich nur an. Ich betrachtete sie eine Weile und spürte zu meiner Überraschung, wie meine Wut verflog und einer überbordenden Zärtlichkeit für diese Frau wich. Zuerst ärgerte ich mich darüber, ich wollte wütend sein, ich wollte sie am Boden sehen. Stattdessen schloss ich sie in die Arme und küsste wieder und wieder ihr Haar, ihre tränenüberströmten Wangen, die kalten Ohren, alles, wohin mein Mund nur fand. Ich hörte mich, wie ich ihr Worte zuflüsterte, die das Gegenteil von dem sagten, was ich ihr an den Kopf werfen wollte oder sollte. Tröstliche, liebevolle Worte und dann erst mit leisem Vorwurf die Frage: »Warum hast du mir nicht vertraut? Wie konntest du denken, dass ich für dieses Programm arbeite?«
Sie schälte sich überrascht aus meinen Armen. »Hast du das denn nicht?«
Ich erzählte ihr von den Maßnahmen, die ich mit Snyder und March ergriffen hatte, um den Präsidenten genau an diesem Abend zu stürzen. Als Lucy klar wurde, dass die von ihnen initiierte Gewaltaktion eine unblutige Lösung des Problems verhindert hatte, brach eine neue Woge der Verzweiflung über sie herein.
»Jetzt reiß dich mal zusammen, Lucy. Wir können es nicht mehr ändern. Lass uns sehen, dass wir heil da rauskommen. Nur dann hat dieser Wahnsinn einen Hauch von Sinn, okay?«
»Du hast recht.« Sie warf den Kopf in den Nacken, öffnete das Fenster und atmete ein paarmal tief durch. Dann strich sie mit einer festen Bewegung ihre Haare nach hinten.
»Lass uns wieder in die Scheune gehen«, sagte sie energisch.
Die anderen atmeten erleichtert auf, als wir Hand in Hand eintraten.
»Es ist noch Kaffee da, wollt ihr?«, fragte Katya und bot uns die Thermoskanne an. Lucy nahm sie dankbar. Ich rief March an und informierte ihn, dass Conrad viel mehr Leute unter seinem Kommando hatte, als wir dachten. Sie würden einiges aufbieten müssen, um den Angriff zurückzuschlagen.
Als ich auflegte, sahen mich die anderen fragend an.
»In Washington herrscht Krieg. Auch das
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