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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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Stephanie zu hysterisch. Nur die dicke Monica aus Arkansas mochte ich ganz gerne. Doch die hatte sich schnell mit Ann und Karen zusammengetan, den beiden Punk-Vierern aus New York. Die gingen mir höllisch auf den Wecker mit ihrem postpubertären Scheiß. Die andere Vier, Becky, war zwar nett, aber so in mich verliebt, dass ich ihr vorsichtshalber aus dem Weg ging. Von den beiden Fünfern fand ich Jessica mit ihrem hirnverbrannten Astronomiegebrabbel entsetzlich nervig, während mich Sarah mit ihrer sexuellen Freizügigkeit und den rapiden Stimmungsschwankungen einschüchterte. Tina, eine der Sechsen, kümmerte sich fürsorglich um mich. Sie hatte die meiste Erfahrung hier und war in einem erträglichen Rahmen gesprächig. Ich saugte alle Informationen über die Ausbildung, den Job und die Leute hier begierig in mich auf. Dann gab es noch Isabel. Sie war still, spröde und zynisch. Ich sah keine Chance, mich mit ihr anzufreunden, so interessant und geheimnisvoll ich sie auch fand.
    Also versuchte ich, mich möglichst aus allem rauszuhalten, und vertrieb mir die freie Zeit mit Lesen. Die Lagerbibliothek bestand aus einem halben Meter Regal und war ziemlich mies ausgestattet. Zwei Dickens, ein paar Edgar Allen Poe und ein Philip Roth. Kannte ich alles schon. Die anderen Frauen hier und auch die Schatten hielten wenig von Büchern. Aber der Professor, der an diesem Tag nach Albuquerque gefahren worden war, um von dort nach Washington zu fliegen, hatte versprochen, am Flughafen Bücher zu kaufen und sie mir von seinem Fahrer bringen zu lassen.
    Es war früher Abend, als Gustafsson auf meinem Zimmer anrief und mich über die Ankunft eines Pakets vom Professor informierte. Erfreut rannte ich zur Verwaltung. Ich bedankte mich bei Gustafsson, nahm das Paket und riss es neugierig an Ort und Stelle auf. Während ich glücklich die Bücher betrachtete, betrat Sarah die Zentrale. In der Hand hielt sie einen USB-Stick, dessen Inhalt Gustafsson auf Geheiß eines der Schatten jemandem mailen sollte. Die Schatten machten sich einen sadistischen Spaß daraus, Sarah nach der handgreiflichen Auseinandersetzung, die sie mit Gustafsson gehabt hatte, ständig aus nichtigen Gründen zu dem Dänen zu schicken. Beide bemühten sich dann krampfhaft, den Auftrag schnell, ohne Blickkontakt und ohne Zwischenfälle abzuwickeln. Sarah unterdrückte ihren Hass und er seine Angst. Nun aber fühlte sich Gustafsson offenbar sicher, er war nicht allein mit Sarah. Als sie nämlich mit verkniffener Miene den Raum betrat, sah er ihr ins Gesicht und sagte spöttisch: »Na, du kleine Schlampe? Was willst du? Ich bin in Gesellschaft, wie du siehst. Und dir werd ich’s bestimmt nicht mehr besorgen, du Stinkmorchel!«
    Ich hob empört den Kopf, sah im Augenwinkel, wie Gustafsson selbstgefällig in meine Richtung grinste, als gäbe es zwischen uns eine Art obszöner Absprache. Kopfschüttelnd blickte ich zu Sarah. Ihr Gesicht war bleich und steinern. Sie drehte sich um und ging hinaus.
    Ich ignorierte den Arsch Gustafsson, packte meine Bücher zusammen, um zu verschwinden, bevor der fette Däne mich angraben würde. Doch als ich hinausgehen wollte, kam Sarah zurück. In der rechten Hand hielt sie ein großes Fleischermesser aus der Casinoküche.
    Der Däne sah das Messer nicht gleich. Er sah nur den Ausdruck in Sarahs Augen, und er begriff. Er begriff, dass er zu weit gegangen war. Bevor Gustafsson etwas sagen oder tun konnte, war es schon zu spät. Sarah ging ohne Zögern auf ihn zu und versenkte den Stahl in seinen Hals. Das Blut schoss in einer Fontäne aus dem weißen, weichen Fleisch heraus. Einiges davon traf mein Gesicht. Ich schrie auf, ließ meine Bücher fallen. Gustafsson griff mit beiden Händen an seinen klaffenden Hals. Sarah stach erneut zu, diesmal in die Brust. Gustafsson ging röchelnd in die Knie. Sarah bückte sich, folgte mit ihrem Arm dem zusammenbrechenden Körper. Stach zu. Wieder und wieder. Mehrere Schatten kamen herbeigerannt. Zu zweit rissen sie Sarah zurück. Ein Dritter schlug ihr mit seinem Pistolenknauf auf die Schläfe. Sarah ging ohnmächtig zu Boden. Sie lag in Gustafssons Blut. Der Däne lehnte an der Wand. Er hatte noch Kraft für zwei verzweifelte Versuche, Luft in seine Lungen zu ziehen. Dann war er tot.
    Inzwischen waren einige der anderen Frauen herbeigestürmt. Ich schrie hysterisch. Tina packte mich mit festem Griff und schleppte mich über den Hof zur Wohnbaracke. In meinem Badezimmer füllte sie ein Zahnputzglas mit

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