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Animus

Animus

Titel: Animus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Heib
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davon –«
    »Hören Sie zu, March.« Der Präsident sprach langsam und deutlich, als rede er zu einem ungezogenen Kind. »Früher, als wir keine Ratten hatten, musste das FBI solche Aufträge ohne Kindermädchen erledigen. Die sollen sich nicht in die Hosen machen wegen dieser Kleinigkeit! Ich wünsche, dass General Walcott eine aus dem Lager für diesen Job auswählt. Oder das FBI geht ohne Ratte. Ist das klar genug?«
    »Ja, Herr Präsident.«
    »Außerdem wünsche ich, dass der Einsatz erfolgreich verläuft. Ich will den Anführer dieser Bande lebend. Hier vor meinen Augen. Den Rest können sie abknallen.«
    »Ja, Herr Präsident.«
    Widerspruch war zwecklos. Ich erhob mich und ging. Warum sollte ich mich für Snyder zu weit aus dem Fenster lehnen?

15. Kein Dinner
    Lucy, 43, Sensor Stufe 10
    Um acht Uhr abends betrat ich mit Katya das ›Amazonas‹, unser Lieblingsrestaurant im Stadtteil Georgetown. Elisa, die Besitzerin und stadtbekannte Lesbe, begrüßte uns mit einer Umarmung und geleitete uns flirtend zum Tisch.
    Am Tag davor waren wir zur Kontrolluntersuchung beim Professor gewesen. Wir hatten Bluttests, EKGs, EEGs, Hormonstatus und alles andere über uns ergehen lassen und ihn dann eindringlich um ein privates Gespräch gebeten. Er hatte sofort zugestimmt.
    Ich war nervös. Wenn Schmelzer, ohne nachzufragen, auf unsere Bitte einging, war irgendetwas im Busch. Zwar verstanden wir uns gut mit dem Professor, aber auf privater Ebene trafen wir uns normalerweise ein- oder zweimal im Jahr. Das letzte gemeinsame Essen war erst drei Monate her. Es blieb mir nicht viel Zeit, darüber nachzugrübeln. Kaum hatte ich meinen Campari und Katya ihren Wodka bestellt, traf Schmelzer ein. Er gab seinen Mantel ab, küsste uns rechts und links auf die Wangen und setzte sich.
    »Ihr seht hinreißend aus. Fast noch besser als gestern im Laborkittel«, schmunzelte er.
    Katya lachte. »Oder ganz ohne Kittel!«
    Schmelzer grinste, doch als er mich ansah, wurde er ernst. »Was ist los, Lucy?«
    »Euer blödes Geschwätz geht mir jetzt schon auf die Nerven. Lassen Sie uns das Essen bestellen und dann reden«, meinte ich schroff.
    Katya trat mir unter dem Tisch ans Bein. Sie wollte strategisch vorgehen, freundlich sein, charmant, den Professor einwickeln und ihm die Wahrheit abschmeicheln. Ich hielt nichts von dieser Schlangentaktik. Ich hielt von keiner Taktik irgendetwas, schon gar nicht bei Schmelzer. Wenn er nichts sagen wollte, würde er es auch nicht tun.
    Der Professor schaute mich an und verstand. Er verstand mich manchmal besser als ich mich selbst, schien es mir. Vielleicht war ich deswegen sein Liebling. Er mochte Katya zwar auch sehr gerne, aber auf eine andere Art. Katya war sein Kätzchen. In seinen Augen war sie mal verschmust und anschmiegsam, schutzbedürftig und lieb, mal kratzbürstig und egomanisch. Damit traf er Katyas wandelbaren Charakter recht gut. Heute Abend hatte sie sich zum Schnurren entschlossen.
    Schmelzer öffnete die Speisekarte und wählte. Als wir bestellt hatten, fixierte er mich mit forschendem Blick. »Okay, Lucy. Raus mit der Sprache.«
    Katya spielte mit ihrer Serviette herum und blickte auf den leeren Teller vor sich.
    Ich ging in die Offensive: »Vielleicht sollten Sie anfangen, Professor. Sie haben doch auch etwas auf dem Herzen.«
    Schmelzer seufzte. »In Ordnung. Aber um erst einmal den Standard zu erledigen –eure Testergebnisse sind so weit okay. Nur eine leicht erhöhte Konzentration von C15. Nicht bemerkenswert, kein Grund zur Besorgnis, aber etwas höher als der Normalwert. Hattet ihr viele Jobs in der letzten Zeit?«
    »Wieso?« Katya wurde sofort misstrauisch.
    »Je mehr Aufträge ihr habt, desto mehr von dem Hormon wird ausgeschüttet. Ihr baut es zwar zwischenzeitlich wieder ab, aber wenn ihr mehr Jobs macht als gewöhnlich, lagert sich einiges an. Wenn das nicht der Fall war, muss es einen anderen Grund für die erhöhten Werte geben.«
    Schmelzer wollte ins Grübeln versinken. Ich hielt ihn davon ab: »Dafür kann es zweierlei Ursachen geben. Zum einen, Professor, sind in unseren Dateien immer nur die offiziellen Jobs erfasst. Dass wir auch in unserem Privatleben reagieren, scheint Ihnen nicht klar zu sein.«
    Katya stimmte mir zu: »Wir haben nie mit Ihnen darüber gesprochen, weil es sehr private Gefühle berührt. Es ist schmerzhaft und peinlich, ungewollt und ohne es steuern zu können, in die Intimsphäre anderer Menschen einzudringen. Menschen, die man nicht kennt,

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