Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
immer gewusst, dass sie gefährlich war.
Dominga saß unter den wachsamen Augen der Polizisten still da. Ich hatte mich von ihrer kleinen Vorstellung ablenken lassen. Es kamen noch immer keine Schreie von unten. Nichts. Stille.
Hatte es sie alle erwischt? So schnell, dass nicht einmal ein Schuss fiel? Eher nicht. Trotzdem zog sich mein Magen zusammen, der Schweiß lief mir den Rücken hinunter. Geht es dir gut, Dolph?, dachte ich. »Haben Sie etwas gesagt?«, fragte John. Ich schüttelte den Kopf. »Denke nur intensiv nach.«
Er nickte, als fände er das nur vernünftig. Dolph kam wieder ins Wohnzimmer. Seiner Miene konnte ich nicht das Geringste entnehmen. Der geborene Stoiker.
»Also, was haben Sie?«, fragte ich. »Nichts«, sagte er. »Was heißt das, nichts?« »Sie hat das Haus komplett gesäubert. Wir haben die Räume gefunden, von denen Sie berichtet haben. Eine Tür war von innen aufgebrochen, aber der Raum dahinter war geschrubbt und frisch gestrichen.« Er hielt eine Hand hoch. Die Handfläche war weiß. »Mann, die Farbe ist noch nass.«
»Es kann nicht alles weg sein. Was ist mit den zugemauerten Türen?« »Sieht aus, als hätte jemand einen Presslufthammer angesetzt. Da sind nur frisch gestrichene Räume, Anita. Alles stinkt nach Tannenduftbleichmittel und Wandfarbe. Keine Leichen, keine Zombies. Nichts.«
Ich sah ihn groß an. »Das kann nicht Ihr Ernst sein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich lache nicht.« Ich pflanzte mich vor Dominga auf. »Wer hat Sie gewarnt?« Sie blickte lächelnd zu mir au£ Ich verspürte einen heftigen Drang, ihr das Lächeln aus dem Gesicht zu schlagen. Sie nur einmal zu schlagen wäre ein gutes Gefühl. Das wusste ich genau.
»Zurück, Anita«, sagte Dolph. Vielleicht war mir die Wut anzusehen, vielleicht weil ich die Fäuste ballte und scheinbar zitterte. Vor Wut zitterte. Aber noch etwas anderes stieg in mir auf. Wenn sie nicht ins Gefängnis ging, hieß das, sie wäre frei und könnte in dieser Nacht noch einmal versuchen, mich umzubringen. Und in jeder weiteren Nacht.
Sie lächelte, als könne sie meine Gedanken lesen. »Sie haben nichts in der Hand, chica. Sie haben alles auf eine wertlose Karte gesetzt.« Sie hatte Recht. »Bleiben Sie mir vom Leib, Dominga.« »Ich werde nicht in Ihre Nähe kommen, chica. Das wird nicht nötig sein.« »Ihre letzte kleine Überraschung hat nicht besonders gut funktioniert. Ich bin noch da.«
»Ich habe nichts getan. Aber ich bin sicher, es gibt Schlimmeres, das an Ihre Tür klopfen kann, chica.« Ich drehte mich zu Dolph um. »Verdammt noch mal, gibt es denn gar nichts, was wir tun können?« »Wir haben den Talisman, aber das ist auch schon alles.«
In meinem Gesicht musste sich etwas abgezeichnet haben, denn er fasste meinen Arm und fragte: »Was ist?« »Sie hat mit dem Talisman etwas angestellt. Er ist verschwunden.« Er atmete tief ein und ging ein paar Schritte, dann kehrte er um. »Verfluchter Mist, wie?«
Ich zuckte die Achseln. »Lassen Sie es sich von John erklären. Ich verstehe es noch immer nicht.«
Ich hasse es zuzugeben, wenn ich etwas nicht weiß. Es hat mir schon immer etwas ausgemacht, Unwissenheit einzugestehen. Aber, Mensch, eine Frau kann nicht in allen Fragen Experte sein. Ich hatte mir bisher alle Mühe gegeben, mich von Voodoo fern zu halten. Wirklich alle Mühe, und was hatte es mir eingebracht? Jetzt blickte ich in die schwarzen Augen einer Voodoopriesterin, die meinen Tod plante. Einen höchst unschönen Tod, wie es aussah.
Nun, wer A sagt, muss auch B sagen. Ich stellte mich wieder vor sie hin, schaute in ihr finsteres Gesicht und lächelte. Ihr Lächeln fiel in sich zusammen, worauf das meine breiter wurde.
»Sie haben von irgendjemandem einen Tipp bekommen und den Sündenpfuhl zwei Tage lang sauber gemacht.« Ich beugte mich über sie, die Hände auf die Sessellehnen gestützt. Das brachte unsere Gesichter dicht voreinander.
»Sie haben Wände einreißen müssen. Sie haben ihre Kreaturen freilassen oder vernichten müssen. Das innere Heiligtum ist gesäubert und übertüncht. Das ganze Verve weg. Alle Tieropfer weg. Die ganze langsam aufgebaute Macht werden Sie Linie um Linie, Tropfen um Tropfen erneuern müssen, Sie Miststück. Sie müssen ganz von vorn anfangen.« '
Der Blick dieser schwarzen Augen machte mich schaudern, aber es war mir egal. »Sie werden darüber alt werden. Mussten Sie viele von Ihren Spielzeugen
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