Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
am Leben zu sein. Vielleicht. Ich stand noch immer am Rande des Schocks. Ganz gleich, wie gut ich mich beieinander fühlte, mein Gesicht sagte etwas ganz anderes. Erst wenn der Schock nachließ, würde ich fähig sein zu schlafen. Bis dahin würde ich Gaynors Akte lesen.
Das Zimmer hatte zwei Doppelbetten. Mehr Platz, als ich brauchte, aber was soll's. Ich packte die sauberen Sachen aus, legte die Firestar in die Nachttischschublade und nahm die Browning mit ins Bad. Wenn ich Acht gab und die Brause nicht zu weit aufdrehte, könnte ich das Schulterholster an die Handtuchstange hängen. Es würde nicht einmal nass werden. Obwohl die meisten modernen Schusswaffen ehrlich gesagt Nässe vertragen können. Solange man sie hinterher reinigt. Die meisten schießen sogar unter Wasser.
Mit nichts als einem Handtuch um den Leib rief ich den Zimmerservice an. Fast hätte ich es vergessen. Ich bestellte eine Kanne Kaffee, Zucker und Sahne. Sie fragten, ob ich koffeinfreien wollte. Ich sagte, nein danke. Penetrant. Wie wenn Kellner fragen, ob ich Diätcola möchte, obwohl ich sie nicht bestellt habe. Männer fragen sie das nie, nicht einmal wohlbeleibte Männer.
Ich könnte eine Tasse reines Koffein trinken und würde schlafen wie ein Säugling. Es hält mich nicht wach und macht mich nicht nervös. Es schmeckt mir einfach besser. Ja, sie würden den Wagen vor dem Zimmer stehen lassen. Nein, sie würden nicht klopfen. Sie würden den Kaffee auf die Rechnung setzen. Das sei schön, sagte ich. Sie hatten meine Kreditkartennummer. Sobald die Leute Plastik in den Fingern haben, sind sie darauf aus, etwas auf die Rechnung zu setzen. So lange, wie es das Limit hergibt.
Ich schob einen Stuhl mit der Lehne unter den Türknauf. Wenn jemand gewaltsam die Tür öffnete, würde ich es hören. Vielleicht. Ich schloss die Badezimmertür ab und hatte eine Schusswaffe in der Dusche. Ich war so sicher, wie ich nur sein konnte. Die Nacktheit hat etwas an sich, das mir ein Gefühl der Verletzlichkeit gibt. Ich möchte mich den bösen Buben lieber bekleidet als unbekleidet entgegenstellen. Ich nehme an, das geht jedem so.
Die Bisswunde an der Schulter mit dem dicken Verband erwies sich als Problem. Ich wollte mir das Blut aus den Haaren waschen, Verband hin oder her.
Ich benutzte die kleinen Hotelflaschen mit Shampoo und Spülung. Sie rochen, wie Blüten riechen sollten, es aber nie tun. Ich hatte am ganzen Körper Blutflecke. Ich sah scheckig aus. Das Wasser, das im Abfluss verschwand, war rosa.
Es brauchte die ganze Flasche Shampoo, bis meine Haare quietschsauber waren. Das letzte Spülwasser nässte den Verband. Der Schmerz war stechend und nachhaltig. Ich durfte nicht vergessen, mir die Tetanusauffrischung geben zu lassen.
Ich schrubbte mich mit einem Waschlappen und dem Knirps von Hotelseife ab. Als ich jede Stelle meines Körpers eingeweicht hatte und so sauber war, wie es nur irgend ging, stellte ich mich unter den heißen scharfen Duschstrahl. Ich ließ mir das Wasser über den Rücken laufen. Der Verband war längst durchnässt.
Was, wenn wir Dominga nicht mit den Zombies in Verbindung bringen konnten? Wenn wir keine Beweise fanden? Sie würde es wieder versuchen. Ihr Stolz stand auf dem Spiel. Sie hatte zwei Zombies auf mich angesetzt, und ich hatte sie beide vernichtet. Mit ein wenig Hilfe seitens der Polizei. Dominga Salvador würde das als persönliche Herausforderung ansehen.
Sie hatte einen Zombie erweckt, und er war ihrer Gewalt entkommen. Sie würde lieber zusehen, wie er unschuldige Leute abschlachtete, als ihren Fehler zuzugeben. Und sie würde mich lieber umbringen, als mich Beweise finden lassen. Rachsüchtiges Miststück.
Das musste verhindert werden. Wenn der Durchsuchungsbefehl nichts nützte, würde ich pragmatischer vorgehen müssen. Sie hatte eines klar gemacht: Es hieß, sie oder ich. Sie war mir lieber. Und nötigenfalls würde ich es erzwingen.
Ich öffnete die Augen und drehte das Wasser ab. Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken. Ich erwog gerade einen Mord. Allerdings sah ich es als Selbstverteidigung an, wenn ich auch bezweifelte, dass eine Jury das so sehen würde. Es wäre verdammt schwer zu beweisen. Ich wollte mehreres. Dominga von der Bildfläche verschwinden lassen, also tot oder im Gefängnis. Selbst am Leben bleiben. Nicht mit einer Mordanklage vor Gericht kommen. Den Killerzombie fangen, bevor er wieder tötete. Was ein dicker
Zufall wäre.
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