Anita Blake 02 - Bllutroter Mond
Herausfinden, wie John Burke in die ganze Schweinerei hineinpasste. Ach, und Harold Gaynor davon abbringen, mich zu einem Menschenopfer zwingen zu wollen. Ja, das hätte ich fast vergessen. Es war eine ereignisreiche Woche gewesen. Der Kaffee stand draußen vor der Tür auf einem kleinen Tablett. Ich holte es herein, schloss wieder ab und klemmte den Stuhl unter den Türknauf. Erst dann setzte ich das Tablett auf den Tisch am Fenster. Die Browning hatte bereits einen Platz auf dem Tisch, nackt. Das Schulterholster lag auf dem Bett.
Ich zog die Vorhänge auf. Normalerweise hielt ich sie lieber geschlossen, aber heute wollte ich das Tageslicht sehen. Wie feiner heller Dunst war der Morgen aufgestiegen. Der Hitze war es noch nicht gelungen, heranzukriechen und den ersten Morgenhauch zu erdrücken.
Der Kaffee war nicht schlecht, aber auch nicht berühmt. Natürlich wäre jetzt auch der schlechteste Kaffee noch wunderbar. Na, vielleicht nicht der Kaffee aus dem Polizeipräsidium. Aber auch der war besser als keiner. Kaffee war mein Trostgetränk. Besser als Alkohol, nehme ich an.
Ich breitete Gaynors Akte auf dem Tisch aus und fing an zu lesen. Bis um acht, lange bevor ich gewöhnlich aufstand, hatte ich jede hingekritzelte Notiz gelesen und jedes verschwommene Foto betrachtet. Ich wusste mehr über Mr Harold Gaynor, als ich wollte, und nichts von alledem war besonders hilfreich.
Gaynor hatte Kontakte zur Mafia, aber es war nicht zu beweisen. Er war aus eigener Kraft mehrfacher Millionär geworden. Schön für ihn. Er konnte sich die anderthalb Millionen leisten, die Tommy mir angeboten hatte. Schön, wenn ein Mann seine Rechnungen bezahlen kann.
Seine einzige Familie war seine Mutter gewesen. Sie war vor zehn Jahren gestorben. Der Vater war angeblich vor seiner Geburt gestorben. Darüber gab es keine Unterlagen. Vielmehr schien es den Vater gar nicht zu geben.
Eine uneheliche Geburt, die sorgfältig vertuscht worden war? Möglich. Demnach war Gaynor ein Bastard im eigentlichen Wortsinn. Na und? Dass die andere Bedeutung auf ihn zutraf, war mir längst klar gewesen.
Ich lehnte das Foto von Rollstuhl-Wanda gegen die Kaffeekanne. Sie lächelte, fast als hätte sie gewusst, dass sie aufgenommen wurde. Vielleicht war sie aber einfach nur fotogen. Es gab zwei Aufnahmen von ihr mit Gaynor. Auf der einen hielten sie sich lächelnd bei der Hand, während Tommy Gaynors Rollstuhl und Bruno den von Wanda schob. Sie blickte Gaynor dabei auf eine Weise an, die ich schon bei anderen Frauen gesehen hatte. Das war Verehrung, Liebe. Ich hatte das sogar selbst einmal für kurze Zeit empfunden, auf dem College. Man kommt darüber hinweg.
Das zweite Bild war fast identisch. Bruno und Tommy schoben die beiden. Aber sie hielten sich nicht bei der Hand. Gaynor lächelte, Wanda nicht. Sie sah zornig aus. Cicely mit den blonden Haaren und leeren Augen ging neben Gaynor her. Sie waren es, die Händchen hielten. Aha.
Also hatte Gaynor für eine Weile beide um sich gehabt. Warum war Wanda gegangen? Aus Eifersucht? Hatte Cicely es arrangiert? War Gaynor ihrer überdrüssig gewesen? Der einzige Weg, das zu erfahren, war, danach zu fragen.
Ich betrachtete das Foto mit Cicely. Ich stellte es neben die Nahaufnahme der gut gelaunten Wanda. Eine unglückliche junge Frau, eine verschmähte Geliebte. Wenn ihr Hass auf Gaynor größer war als ihre Furcht, würde sie mit mir sprechen. Sie wäre dumm, wenn sie mit den Zeitungen spräche, ich dagegen wollte ihre Geheimnisse nicht verbreiten. Mir war an Gaynors Geheimnissen gelegen, um ihn davon abzubringen, mir etwas antun zu wollen. Abgesehen davon wollte ich etwas, das ich der Polizei geben konnte.
Wenn ich Mr Gaynor ins Gefängnis brächte, hätte er andere Probleme, als sich um einen widerspenstigen Animator zu kümmern. Es sei denn natürlich, er fände heraus, dass ich mit seiner Inhaftierung etwas zu tun hatte. Das wäre schlecht. Gaynor kam mir rachsüchtig vor. Ich hatte schon Dominga Salvador gegen mich. Noch jemand war nicht nötig.
Ich zog die Vorhänge wieder zu und erteilte einen Weckauftrag für zwölf Uhr. Irving würde auf seine Akte eben warten müssen. Ich hatte ihm ungewollt ein Interview mit dem neuen Meister der Stadt verschafft. Das brachte mir bestimmt ein bisschen Spielraum ein. Und wenn nicht, so sei's drum. Ich würde mich jedenfalls schlafen legen.
Das Einzige, was ich vor dem Zubettgehen noch tat, war, bei den Burkes
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