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Anita Blake 02 - Bllutroter Mond

Anita Blake 02 - Bllutroter Mond

Titel: Anita Blake 02 - Bllutroter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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an. »Das würden Sie glatt machen, wie?« »Ja.«
     
    Er schüttelte nur den Kopf und führte mich zwischen den kleinen runden Tischen durch. Jeder Einzelne war dicht besetzt. Man lachte, keuchte, trank und hielt Händchen. Das Gefühl, von sattem, schwitzendem Leben umgeben zu sein, war überwältigend.
     
    Ich warf einen Blick auf Willie. Spürte er das auch? Bewirkte das warme menschliche Gedränge, dass sein Magen sich vor Hunger verspannte? Ging er morgens nach Hause und träumte davon, in der lauten brüllenden Menge ein Opfer zu reißen? Ich hätte ihn fast gefragt, aber ich konnte Willie gut leiden, was mir bei keinem anderen Vampir möglich war. Ich wollte nicht wissen, ob die Antwort ja lautete.
     
    Ein Tisch in der zweiten Reihe vor der Bühne war frei. Da stand ein großes weißes Faltding aus Pappe und sagte: »Reserviert«. Willie wollte mir den Stuhl bereithalten, ich winkte ab. Nicht wegen der Emanzipation. Ich verstand nur einfach nie, was ich tun soll, während ein Kerl mir den Stuhl unterschiebt. Soll ich mich draufsetzen und zusehen, wie er mich mühsam samt Stuhl an den Tisch bugsiert? Wie peinlich. Meistens blieb ich in der Hocke über dem Stuhl schweben und bekam ihn dann in die Kniekehlen gedrückt. Vielen Dank.
     
    »Möchten Sie etwas trinken, solange Sie warten?«, fragte Willie. »Könnte ich eine Cola bekommen?« »Nichts Stärkeres?« Ich schüttelte den Kopf.
     
    Willie entfernte sich. Auf der Bühne stand ein schlanker Mann mit kurzen, dunklen Haaren. Er wirkte knochig, das Gesicht fast leichenhaft, aber er war eindeutig ein Mensch. Seine Erscheinung war komischer als alles andere, wie ein Clown mit langen Schlenkerbeinen. Neben ihm stand ein Zombie mit ausdruckslosem Gesicht zum Publikum gerichtet.
     
    Seine hellen Augen waren noch klar und menschlich, aber er blinzelte nicht. Mit dem gewohnten starren Blick schaute er über die Köpfe hinweg. Die Leute hörten nur halb auf die Witze, die meisten Augen waren auf den toten Mann gerichtet. Die Verwesung war gerade so weit fortgeschritten, dass er gruselig aussah, aber schon eine Tischreihe von ihm entfernt war kein Geruch mehr zu bemerken. Netter Trick, wenn man ihn beherrscht.
     
    »Ernie hier ist der beste Zimmergenosse, den ich je hatte«, sagte der Witzbold. »Er isst nicht viel, redet mir keinen Knopf an die Backe, bringt keine süßen Miezen mit nach Hause, um mich dann rauszuwerfen, während sie sich einen schönen Abend machen.« Nervöses Gelächter aus dem Publikum. Die Blicke klebten an dem guten Ernie.
     
    »Aber da war die Sache mit dem Kotelett im Kühlschrank, das schlecht geworden war. Ernie schien es ungeheuer zu mögen.«
     
    Der Zombie drehte sich langsam, geradezu schmerzhaft langsam um und stierte den Komiker an. Der Komiker warf einen schnellen Blick zur Seite, dann schaute er ins Publikum, das alte Lächeln wieder am Platz. Der Zombie fuhr fort, ihn anzustarren. Ihm schien das alles nicht sonderlich zu gefallen. Ich machte ihm keinen Vorwurf. Nicht einmal die Toten mögen es, Zielscheibe von Witzen zu sein. Die Witze waren sowieso nicht lustig. Die ganze Masche war eine Neuheit. Der Zombie war die eigentliche Nummer dabei. Leidlich originell, dafür ziemlich krank.
     
    Willie kam mit meiner Cola. Bedienung vom Geschäftsführer persönlich. Oh, lä, lä! Natürlich war auch schon der reservierte Tisch ziemlich gut. Willie stellte das Glas auf eines dieser nutzlosen Papierdeckchen. »Viel Spaß«, sagte er. Er wandte sich zum Gehen, aber ich berührte ihn am Arm. Ich wünschte, ich hätte es nicht getan.
     
    Der Arm fühlte sich fest und reichlich echt an. Aber auch wie Holz. Wie tot eben. Ich kann es nicht anders beschreiben. Es war keine Regung darin zu spüren. Nichts. Ich ließ ihn los, langsam, und sah ihm ins Gesicht. In die Augen, dank Jean-Claudes Zeichen. Darin lag so etwas wie Gram.
     
    Plötzlich hörte ich mein eigenes Herz schlagen, und ich musste schlucken, um mich zu beruhigen. Scheiße. Ich wollte, dass Willie jetzt ging. Ich wandte mich ab und konzentrierte mich auf mein Getränk. Er ging. Vielleicht lag es am Gelächter der Leute, aber ich konnte Willies Schritte nicht hören.
     
    Willie McCoy war der einzige Vampir, den ich zu seinen Lebzeiten gekannt hatte. Ich erinnerte mich daran, wie er als Mensch gewesen war. Er war ein Schmalspurganove gewesen. Ein Botenjunge für die dickeren Fische. Vielleicht dachte Willie, Vampir zu sein machte ihn zu einem dickeren Fisch. Da irrte er

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