Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
Laken waren ein Stück weggerutscht, entblößten eine lange nackte Linie seines Körpers bis zur Mitte der Oberschenkel. Und drohten, ganz herabzufallen. »Ihr Arm«, sagte er.
Ich besah meinen rechten Arm. Er blutete noch immer ein bisschen. Er tat so viel weniger weh als die Brandwunde, dass ich ihn ganz vergessen hatte. Ich nahm die Tücher und fragte mich, was er hier tat. Hatte er mit der Gestaltwandlerin Sex gehabt? Ich hatte sie in dem Bett nicht bemerkt. Hatte sie sich darunter versteckt?
Ich wischte mir, so gut es ging, das Blut ab; es sollte so wenig wie möglich auf die Lederjacke kommen. Dann streifte ich mir die Jacke über und steckte das noch glühende Kreuz in die linke Tasche. Sobald es weggesteckt war, würde das Glühen aufhören. Der einzige Grund, weshalb Yasmeen und ich diesen Ärger bekommen hatten, war der, dass mein Pullover locker gestrickt war und ihr Oberteil viel nackte Haut frei gelassen hatte. Vampirhaut verdampft unter der Berührung eines gesegneten Kreuzes.
Jean-Claude sah mich an, nun da das Kreuz sicher verborgen war. »Es tut mir Leid, ma petite. Es war nicht meine Absicht, Ihnen heute Nacht Angst einzujagen.« Er streckte mir eine Hand entgegen. Die Haut war bleicher als die Spitze.
Ich ignorierte sie und stützte mich beim Aufstehen auf das Bett. Langsam ließ er die Hand sinken. Seine dunkelblauen Augen waren sehr ruhig, als er mich ansah. »Es läuft mit Ihnen nie so, wie ich möchte, Anita Blake. Woran liegt das?«
»Vielleicht sollten Sie den Wink ernst nehmen und mich in Ruhe lassen.« Er lächelte, ein bloßes Verziehen der Lippen. »Ich fürchte, dafür ist es zu spät.« »Was soll das heißen?«
Die Tür schwang auf, knallte gegen die Wand und prallte ab. Ein Mann kam herein, die Augen schreckgeweitet, das Gesicht schweißüberströmt. »Jean-Claude ... die Schlange.« Er war außer Atem, als wäre er die ganze Treppe hinaufgerannt.
»Was ist mit der Schlange?« Der Mann schluckte, atmete langsamer. »Sie ist verrückt geworden.« »Was ist passiert?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Sie hat Shahar angegriffen. Sie ist tot.« »Ist sie im Zuschauerraum?« »Noch nicht.« »Wir müssen unsere Unterhaltung später zu Ende führen, ma petite.« Er ging zur Tür, und die anderen Vampire folgten ihm auf den Fersen. Stephen ging mit ihnen. Gut abgerichtet.
Die schwarzhaarige Frau streifte sich ein Kleid über, ein schwarzes mit roten Blumen, stieg in rote Pumps und war durch die Tür.
Der Mann war aus dem Bett gestiegen, nackt. Es blieb keine Zeit für Verlegenheit. Er mühte sich in einen Trainingsanzug.
Das war nicht mein Problem, aber was, wenn die Kobra in die Menge geriet? Nicht mein Problem. Ich zog die Jacke so weit zu, bis nicht mehr zu sehen war, dass ich kein Oberteil trug, aber auch nicht so weit, dass ich die Pistole nicht mehr ziehen konnte.
Ich stand schon unter dem Zeltdach, bevor der namenlose Mann seine Hose anhatte. Die Vampire und die Gestaltwandlerin standen am Manegenrand und zogen einen Kreis um die Schlange. Sie füllte den kleinen Ring mit schwarzweißen Windungen. Die untere Hälfte eines Mannes mit glitzerndem Lendenschurz verschwand gerade in ihrem Schlund. Das war es, was sie bisher von der Menge fern gehalten hatte. Sie nahm sich die Zeit zu fressen.
Gütiger Himmel.
Die Beine des Mannes zuckten und traten krampfhaft aus. Er konnte nicht mehr am Leben sein. Unmöglich. Aber die Beine zuckten weiter, während sie verschwanden. Bitte, lieber Gott, lass es nur einen Reflex sein. Lass ihn nicht mehr am Leben sein. Der Gedanke war mir schlimmer als jeder Albtraum, den ich je gehabt hatte. Und ich hatte viel Stoff für Albträume.
Das Ungeheuer in der Manege war nicht mein Problem. Ich brauchte diesmal nicht der verdammte Held zu sein. Die Leute kreischten, rannten, die Arme voller Kinder. Popcorntüten und Zuckerwatte wurden am Boden zertreten. Ich schob mich in die Menge und begann mich nach unten
durchzuschlagen. Eine Frau mit einem Kleinkind im Arm stürzte direkt vor mir. Ein Mann stieg über sie hinweg. Ich zog die Frau auf die Beine, während ich ihr den Kleinen abnahm. Menschen drängten sich an uns vorbei. Wir schwankten, obwohl wir stehen geblieben waren. Ich kam mir vor wie ein Fels in der Mitte eines reißenden Flusses.
Die Frau sah mich an, ihre Augen waren zu groß für ihr Gesicht. Ich drückte ihr das Kind in die Arme und drängte
Weitere Kostenlose Bücher