Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
schwach wie ein Windhauch.
Ich antwortete flüsternd, ob er es hören konnte, war ungewiss. »Bleiben Sie endlich aus meinem Kopf draußen.«
Die Kobra beobachtete mich. Ich hielt die Browning mit beiden Händen und zielte auf ihren Kopf. Ich meinte, mich außerhalb ihrer Reichweite zu befinden, aber sicher war ich mir nicht. Wo beginnt die sichere Entfernung bei einer Schlange, die größer ist als ein Sattelschlepper? Zwei Meilen? Oder drei? Ich stand nah genug. Die blanken schwarzen Augen blickten starr wie Puppenaugen.
Jean-Claudes Worte wehten durch meine Gedanken wie Blütenblätter. Ich hätte schwören können, dass es nach Blumen roch. Seine Stimme war noch nie von einem Duft begleitet gewesen. »Zwingen Sie sie, Ihnen zu folgen, sodass sie uns im Rücken hat, wenn Sie schießen.«
Das Herz klopfte mir im Hals, so sehr, dass das Atmen schmerzte. Mein Mund war trocken, ich konnte kaum schlucken. Ich begann mich zu bewegen, sehr, sehr langsam, weg von den Vampiren und Gestaltwandlern. Der Schlangenkopf folgte mir wie zuvor der Schlangenbeschwörerin. Falls sie angriff, würde ich schießen, aber solange sie sich mit mir bewegte, konnte ich Jean-Claude eine Chance verschaffen.
Natürlich war es möglich, dass ihr Silberkugeln nichts ausmachten. Tatsächlich war das Biest so groß, dass die Munition, die in der Browning steckte, sie vielleicht sogar nur reizen würde. Ich kam mir vor wie in einem dieser Monsterfilme, wo das schleimige Ungetüm immer näher rückt, egal wie viele Kugeln es schon im Leib hat. Ich hoffte, dass das nur eine Hollywood-Erfindung war.
Wenn die Kugeln sie nicht verletzen konnten, würde ich sterben. Mir schoss das Bild durch den Kopf, wie der Mann um sich trat, als er in ihren Schlund rutschte. Noch jetzt er in dem Schlangenkörper als Schwellung zu sehen. Die Zunge schnellte hervor, und ich keuchte erschrocken und verschluckte einen Aufschrei. Oh Gott, Anita, fasse dich.
Es ist nur eine Schlange. Eine riesige, menschenfressend, Schlange, aber nur eine Schlange. Ja, genau. Jedes Haar an mir stand aufrecht. Die Kräfte, die die Schlangenbändigerin beschworen hatte, waren noch zu spüren. Nicht genug, dass das Biest giftig war und Zähne wie Speere hatte. Nein, sie musste auch noch Zauberkräfte haben. Prima, wirklich prima.
Der Blumenduft wurde stärker, kam näher. Er stammte gar nicht von Jean-Claude. Die Kobra verströmte ihn. Schlangen riechen nicht nach Blumen. Sie riechen staubig. Wer das einmal gerochen hat, vergisst es nie mehr. Kein Tier mit Fell würde je so riechen. Ein Vampirsarg riecht ein bisschen nach Schlangen.
Die Kobra wandte mir ihren Kopf zu. »Komm nur her, nur ein kleines bisschen weiter zu mir«, redete ich ihr zu. Was ziemlich albern ist, da Schlangen taub sind. Der Blumenduft war durchdringend und süß. Ich schob mich langsam zum Rand hin, und sie folgte mir wie ein Schatten. Vielleicht aus Gewohnheit. Ich war klein und hatte lange dunkle Haare, wenn auch nicht so lange wie die Schlangenbeschwörerin. Vielleicht wollte das Tierchen jemandem folgen?
»Komm, mein Mädchen, komm zu Mama«, flüsterte ich leise, bewegte kaum die Lippen. Es gab nur mich und die Schlange und meine Stimme. Ich wagte es nicht, zu Jean-Claude hinüberzublicken. Nichts war wichtiger als das Schlurfen meiner Füße, die Bewegungen der Schlange und die Pistole in meinen Händen. Es war wie eine Art Tanz.
Die Kobra öffnete das Maul, die Zunge schoss heraus, kurz sah ich die sensenartigen Zähne. Kobras haben fest
sitzende Zähne, sie können sie nicht zurückziehen wie die Klapperschlangen. Schön, dass ich von meiner Herpetologievorlesung noch etwas wusste. Obwohl ich wetten mochte, dass Dr. Greenburg nichts dergleichen erwähnt hatte.
Ich verspürte den schrecklichen Drang zu kichern. Stattdessen zielte ich an meinem Arm entlang auf das Maul. Der Blumengeruch war zum Greifen stark. Ich drückte ab.
Der Kopf der Schlange ruckte, Blut spritzte auf den Boden. Ich feuerte wieder und wieder. Die Kiefer flogen in Fetzen auseinander. Die Kobra riss das zerstörte Maul auf und fauchte, ich glaube, sie schrie.
Der Telefonmastkörper schlug auf den Boden, peitschte hin und her. Konnte ich sie töten? Nur mit Pistolenkugeln? Ich gab drei weitere Schüsse auf den Kopf ab. Der Schlangenleib wand sich in einem großen, wundersamen Knoten. Die schwarzen und weißen Schuppen waren blutbespritzt, schoben sich wie zum Sieden
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