Anita Blake 03 - Zirkus der Versammten
und schmeckte Blut. Er hatte mich kaum berührt, aber gewonnen. Wenn ich mit ihm Schläge tauschen wollte, würde er mir die Knochen aus dem Leib prügeln.
Ich schoss ihn durch die Gurgel. Er würgte und schaute verblüfft. Zu Brei geschlagen zu werden war immer noch besser, als sich beißen zu lassen. Ich wäre wirklich lieber tot, als spitze Zähne zu haben.
Er fing meine rechte Faust und quetschte gerade so viel, dass ich seine Kraft ahnen konnte. Er wollte mich noch immer warnen, anstatt mich zu verletzen. Bravo, junge.
Er hob die Arme und zog mich zu sich heran. Ich wollte nicht, aber da schien es mächtig wenig zu geben, was ich dagegen tun konnte. Es sei denn natürlich, Vampire hätten Hoden. Der Schuss hatte wehgetan. Ich warf einen Blick auf sein Gesicht, es war fast in Kussentfernung. Ich gab nach, um so viel Platz wie möglich zu kriegen. Er zog mich nur noch näher heran. Das kam mir entgegen.
Mein Knie erwischte ihn heftig, ich bohrte es aufwärts in ihn hinein. Es war kein flüchtiger Treffer. Er klappte nach vorn, ließ meine Hand aber nicht los. Ich war noch nicht frei, aber der Anfang war gemacht, und ich hatte die Antwort auf eine jahrhundertealte Frage. Vampire hatten Eier.
Er riss meine Hände hinter seinen Rücken und klemmte meine Arme ein. Sein Körper fühlte sich an wie Holz, steif und unnachgiebig. Vor nur einer Sekunde hatte er sich warm und weich und verletzlich angefühlt. Wie war das passiert?
»Nehmt ihr die Dinger vom Handgelenk«, befahl er. Er sprach nicht mit mir.
Ich versuchte den Kopf zu drehen, um zu sehen, wer da auf mich zukam. Ich konnte niemanden sehen. Die beiden Blonden kuschten nach wie vor wegen der blanken Kreuze. Jemand berührte mich am Handgelenk. Ich zuckte zusammen, wurde aber festgehalten. »Wenn Sie sich wehren, wird er Sie schneiden.«
Ich drehte den Kopf, soweit ich konnte, und blickte in die Kulleraugen des Vampirjungen. Er hatte sein Messer wieder an sich genommen und stocherte damit an meinem Armband herum.
Der Meister quetschte mir die Arme, bis ich glaubte, sie müssten zwischen seinen Fingern hervorquellen wie geschüttelte Limo. Ich muss einen Laut von mir gegeben haben, denn er sagte: »Ich wollte Ihnen heute Nacht nicht wehtun.« Er drückte den Mund an mein Ohr, sein Gesicht verschwand in meinen Haaren. »Sie haben sich so entschieden.«
Das Armband zerbrach mit einem leisen Knacken. Es fiel ins Gras. Der Meister atmete tief durch, als ginge das Atmen jetzt leichter. Er war nur ein oder zwei Zentimeter größer als ich, aber er hielt meine beiden Handgelenke mit einer Hand in festem Griff. Es tat weh, und ich musste mich anstrengen, um nicht kleine jammervolle Laute auszustoßen.
Mit der freien Hand strich er mir durch die Haare, dann packte er eine Hand voll und zog meinen Kopf zurück, sodass er meine Augen sehen konnte. Seine waren hart und vollkommen schwarz, das Weiße war verschwunden. »Ich werde seinen Namen bekommen, Anita, so oder so.«
Ich spuckte ihm ins Gesicht.
Er schrie auf, quetschte meine Handgelenke, bis ich aufheulte. »Ich hätte es angenehm gestalten können, aber jetzt will ich dir Schmerz zufügen. Sieh mir in die Augen, Sterbliche, und verzweifle. Koste meinen Blick, und es wird kein Geheimnis mehr zwischen uns geben.« Er senkte die Stimme, bis er kaum noch zu hören war. »Vielleicht werde ich deinen Geist trinken, wie andere Blut trinken, und nichts von dir übrig lassen als eine geistlose Hülle.«
Ich starrte in die Finsternis, die seine Augen waren, und fiel nach vorn, auf ganz unmögliche Weise, und hinein, hinein in eine Schwärze, die rein und umfassend war und das Licht nicht kannte.
24
Ich starrte in ein Gesicht, das ich nicht kannte. Das Gesicht drückte sich ein blutiges Taschentuch an die Stirn. Kurze Haare, helle Augen, Sommersprossen. »Tag, Larry«, sagte ich. Meine Stimme kam von ferne und klang fremd. Ich konnte mich nicht entsinnen, warum.
Es war noch dunkel. Larrys Gesicht war ein bisschen gesäubert worden, aber er blutete noch. Ich konnte nicht so lange weg gewesen sein. Weg? Wo denn? Nur an zwei Augen konnte ich mich erinnern, schwarze Augen. Ich setzte mich zu hastig auf. Larry fing meinen Arm, sonst wäre ich gefallen.
»Wo sind die ...« »Vampire«, ergänzte er an meiner Stelle. Ich stützte mich auf seinen Arm und flüsterte: »Genau.«
Wir waren von Leuten umgeben, sie drängten sich flüsternd zu
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