Anita Blake 06 - Tanz der Toten
ausziehen.
»Warum hast du das gestern Abend nicht getragen?«, fragte Richard. »Der Hosenanzug schien mir geeigneter.«
Er starrte mich an, während seine Augen mehr über meinen Körper als über mein Gesicht wanderten. Dann schüttelte er den Kopf. »Ein ziemlich aufreizender Aufzug, um jemanden zu treffen, mit dem du gar nicht ins Bett willst.«
Es war nicht meine Absicht gewesen, dass Richard das Kleid zu Gesicht bekam, zumindest nicht, wenn ich es für Jean-Claude anzog. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, aber ich machte einen Versuch. »Bei Jean-Claude traue ich mir mehr als bei dir, darum kriegt er das kurze Kleid und du nicht.« Das war die Wahrheit.
»Du meinst, ich kriege die sexy Aufmachung nicht zu sehen, weil ich so unwiderstehlich bin?«
»So ähnlich.«
»Wenn ich dir über die Beine streiche, finde ich dann eine Strumpfhose oder Strümpfe?« Er sah so ernst aus, so verletzt. Wenn schon alles andere so schwierig war, sollte ich mir nicht auch noch über die verletzten Gefühle meines Freundes Gedanken machen müssen, aber so war es nun einmal. Das Leben geht weiter, auch wenn man bis zum Hals im Alligatortümpel steht.
»Strumpfhose«, antwortete ich. »Wird Jean-Claude feststellen, was du anhast?« »Er könnte fragen, genau wie du.« »Du weißt, dass ich das nicht gemeint habe«, sagte er.
Ich seufzte. »Ich weiß nicht, wie ich dir die Sache erleichtern kann, Richard. Wenn es etwas gibt, wodurch du dich sicherer fühlen würdest, sag es mir.«
Zu seiner Ehrenrettung: Er bat mich nicht, abzusagen. Ich glaube, er wusste, dass ihm meine Antwort nicht gefallen würde. »Komm her«, bat er und streckte die Hand aus.
Ich ging zu ihm und nahm seine Hand. Er zog mich auf seinen Schoß, mit den Beinen nach einer Seite, wie man beim Nikolaus sitzt. Er legte einen Arm um mich, die andere Hand auf meinen Oberschenkel. »Versprich mir, dass du heute Nacht nicht mit ihm schläfst.«
»Wenn jeden Moment ein Killer aus dem Gebüsch springen kann, ist das, glaube ich, eine sichere Wette«, sagte ich. »Mach dich bitte nicht lustig, Anita.«
Ich strich ihm durch die Haare. Er sah so ernst aus, so verletzt. »Ich habe schon so lange Nein gesagt, Richard. Warum solltest du dir ausgerechnet heute Sorgen machen müssen?«
»Wegen des Kleides«, erklärte er. »Ich gebe zu, es ist kurz, aber ...«
Er strich mir den Oberschenkel hinauf, bis seine Hand unter dem Rock verschwand. Am Spitzensaum des Teddy s machte er Halt. »Du trägst Spitzenwäsche, um Gottes willen, das tust du sonst nie.«
Ich hätte ihm erklären können, dass alles zusammenzupassen hatte, aber aus irgendeinem Grund glaubte ich nicht, dass ihn das beruhigen würde. »Na gut, ich werde nicht mit ihm schlafen. Und um es gleich zu sagen: Ich habe es auch nicht vorgehabt.«
»Versprich mir, dass du hinterher zurückkommst und mit mir schläfst.« Er lächelte.
Ich lächelte zurück und stand auf. »Du müsstest dich zuerst verwandeln. Ich muss vorher deine Bestie sehen, das sagst du mir doch immer.«
»Das könnte ich tun, wenn du wieder hier bist.« »Kannst du denn schnell genug wieder menschliche Gestalt annehmen, damit es heute Nacht noch etwas mit uns wird?« Er lächelte. »Ich bin stark genug, um Ulfric zu sein, Anita. Dazu gehört, dass ich mich fast jederzeit zurückverwandeln kann. Ich verliere nicht das Bewusstsein wie die meisten anderen.«
»Wie praktisch«, sagte ich.
Er lächelte. »Komm heute Nacht zurück, und ich werde mich für dich verwandeln. Sylvie hat recht. Ich muss akzeptieren, was ich bin.«
»Dazu gehört wohl auch, es an mir auszuprobieren, hm?« Er nickte. »Ich glaube, ja.«
Ein Blick in seine ernsten Augen, und ich wusste, wenn er sich heute Nacht vor mir verwandelte und ich nicht damit zurechtkam, würde das etwas in ihm zerstören. Ich hoffte, dass ich dem gewachsen war. »Wenn ich heute Nacht zurückkomme, werde ich dir dabei zusehen.«
Er machte ein düsteres Gesicht, als rechnete er damit, dass ich schreiend davonlaufe. »Küss mich und dann geh«, bat er.
Ich küsste ihn, und er leckte sich über die Lippen. »Lippenstift.« Er küsste mich noch einmal. »Aber ich kann dich trotzdem noch schmecken.«
»Hmmm«, machte ich. Ich sah auf ihn hinunter und wollte eigentlich gar nicht mehr gehen. Eigentlich. Es klingelte an der Tür, und ich fuhr zusammen. Richard nicht, so als hätte er längst
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